Kinderbuch | Albert Asensio: Die blaue Bank
Sitzbänke im Freien laden zum Ausruhen ein und zum Genießen der Natur. Kleine Ruheplätze, an denen die Seele baumeln kann. Sie sind aber noch mehr. Albert Asensio lädt auf eine besondere Bank ein. Von ANDREA WANNER
Was diese eine Bank so besonders macht, ist zunächst ihre leuchtend blaue Farbe. Irgendwann hatte sie jemand angestrichen, und weil das so schön aussah, machte es sich Thabo zur Aufgabe, das Blau immer wieder zu erneuern. Einladend steht sie in einem öffentlichen Park unter einem Ahornbaum, gegenüber befindet sich ein Sandkasten. Und weil sie da schon so lange steht – Frühling, Sommer, Herbst und Winter, bei Sonne und Regen, bei Tag und in der Nacht – hat sie natürlich viele Besucher erlebt. Von denen, die immer wieder kommen, erzählt sie eine Geschichte.
Da sind die kleine, weiße Hündin Luna und der Labrador Bruno, die sich in der Nähe der Bank beschnuppern. Dort treffen sich Laura und Carlota, die sich auf der Bank in einer wunderbaren Vollmondnacht ihre Liebe gestehen. Dort beginnt auch die Liebe von Juan und Maria. Und Maria sitzt irgendwann bei Wind und Wetter alleine auf der Bank, nachdem ihr der Krieg ihren Liebsten genommen hat.
In leisen Tönen werden behutsam und zart Schicksale skizziert. Die Sätze sind knapp, präzise und zurückhaltend, beschränken sich auf das Wesentliche und werden dadurch poetisch. Querformatige Bilder nehmen beide Buchseiten ein. Es sind Momentaufnahmen von einem einzigen Ort, der aus immer neuen Perspektiven und Richtungen in den Blick rückt. Mal sehen wir die Bank frontal mit ihrem Besuchern darauf, mal von Weitem, ihre Farbe im Gegenlicht der untergehenden Herbstsonne nicht zu erkennen. Plötzlich schauen wir von oben wie ein Vogel aus seinem Nest auf die blaue Bank und das Paar, das sich dort küsst.
Die Illustrationen sind partiell kolorierte Zeichnungen, wodurch der Farbe besondere Bedeutung zukommt. Vorherrschend sind Naturtöne: gräuliches Weiß, wenn der Schnee fällt, blauviolette Schattierungen der Nacht, zartes Blattgrün, verschwenderisches Rosé für die Blüten im Frühling, Rot- und Brauntöne für die verfärbten Blätter im Herbst. Dazwischen leuchtet die Bank in ihrem strahlenden Blau und weitere kleine blaue Farbtupfer – ein Hut, ein Hundehalsband, eine Schaufel oder ein Ball – ergänzen die Szenen, kontrastiert mit weiteren roten Akzenten – einer Gummischlange zum Essen, einem Hutband oder einem Pullover.
Jedes der Bilder wirkt für sich. Zum einen die Geste, mit der ein Kleinkind im Buggy dem Obdachlosen eine ihrer Sandalen entgegenstreckt, oder die zahlreichen kleinen Tierbegegnungen am Rande. Sie könnten ein eigenes Buch füllen. Auf solche Details zu achten, lohnt sich. Sie kehren wieder, bilden neue Zusammenhänge, verweisen auf Gewesenes – und in die Zukunft.
Die Zeit ist das eigentliche Thema dieses Bilderbuchdebüts des spanischen Künstlers Albert Asensio. Hierfür darf man sich ruhig Zeit nehmen. Im Anhang gibt es noch eine kleine Anleitung für Eltern und ErzieherInnen, wie man das Buch mit Kindern anschauen kann. Das hätte es nicht gebraucht. Man muss nur hinschauen, Asensio macht es einem mit dieser kleinen Geschichte wirklich ganz leicht!
Titelangaben
Albert Asensio: Die blaue Bank
(El Banc blau 2016). Übersetzt von Natalja Dudek
àbac 2017
36 Seiten, 14,95 Euro
Bilderbuch ab 6 Jahren
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