Dünnes Eis – ein Ocean’s Film ohne »Danny Ocean«

Film | Im Kino: Ocean’s 8

Wenn keine geringere als die Schwester von Danny Ocean fünf Jahre im Knast verbringt – und das auch noch unschuldig – kann das nur eins bedeuten: Debbie Ocean nutzte die gesamte Zeit, um sich einen Racheplan auszudenken. Denn, was ihr Bruder kann, das sollte für sie doch ein Klacks sein! Der Schuldige, ein fieser Galeriebesitzer, wird büßen, soviel ist klar. Sie weiß auch genau, wie. Doch sie muss es allein schaffen, ohne ihren Bruder. Gelingt es, die beliebte Ocean’s-Reihe mit einer rein weiblichen Besetzung wiederzubeleben?
ANNA NOAH sitzt mit gemischten Gefühlen in einem ungewohnten Ocean’s Film mit Starbesetzung.

Rache ist süß

Oceans 8Dieser Film ist nichts anderes, als ein Rachefeldzug. Inszeniert von Debbie Ocean (Sandra Bullock), der Schwester von Danny Ocean. Ihr Team besteht aus Danny Oceans Partnerin Lou (Cate Blanchett), einer Designerin mit Steuerhinterziehung namens Rose Weil (Helena Bonham Carter), der Diamantenexpertin Amita (Mindy Kaling), der Hackerin »Nine Ball« (Rihanna), der Taschendiebin Constance (Awkwafina) und der gelangweilten Mutter Tammy (Sarah Paulson).

Der Plan ist es, eine Cartier-Diamant-Halskette im Wert von mehreren Millionen Dollar bei der Met Gala vom Hals der ahnungslosen Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) zu stehlen und die Schuld auf Debbies Ex, einem Kunsthändler, zu schieben.

Und die Besetzung könnte nicht hochkarätiger sein.

Da es sich um einen Neustart der Ocean’s-Reihe handelt, fragt man sich anfangs schon, ob damit nicht alte Fans nicht verprellt und das neue Publikum zu stark mit der feministischen Botschaft verprügelt wird.

Aspekte eines guten Films

Debbie und Lou haben eine gewisse Chemie, obwohl die genaue Art ihrer Beziehung den ganzen Film über im Unklaren bleibt. Was bei Nine Ball auffällt, ist, dass ihre Bildschirmzeit extrem kurz ausfällt. Die Rolle ist eher mäßig und die Starpower, die man durch ihre Anwesenheit erwartet hätte, bleibt aus.

Einige Dinge funktionieren jedoch relativ gut. Zum Beispiel die fein abgestimmten Gesichtsausdrücke von Daphne. Sie sind mit das Beste an dem Film. In ihr Repertoire zählen ein super-elastisches Lächeln sowie das Spiel mit ihren riesigen Augen, die sie oftmals heimtückisch wirken lassen.

Lou sticht modisch mehr heraus als die Designerin Rose, denn Lou besitzt Motorradlederjacken in grünem Samt, Leopardenprint und Seide. Außerdem trägt sie makellos geschnittene Hosenanzüge in Himmelblau und Pflaume.

Doch machen diese Aspekte schon einen guten Film?

Nein, es ist die Art, wie die Frauen den Coup vorbereiten. Sie streunen unauffällig durch die Hallen des New Yorker Metropolitan Museum, hacken wichtige Kameras und verströmen in fast jeder Filmminute vertrauenswürdiges Charisma. Und das, obwohl der Zuschauer genau weiß, dass dem nicht so ist.
Das Drehbuch beinhaltet leider zu wenig trockenen Witz, aber wenn, sticht der besonders hervor. Beispielsweise in Aussagen von Debbie: »Ein Mann wird bemerkt, ein Mann wird ignoriert – und einmal wollen auch wir ignoriert werden.«

Frauenpower

Und, wie man das bei den Ocean’s-Filmen gewöhnt ist, klappt fast alles reibungslos. Die weiblichen Versionen von Clooney und Pitt funktionieren ausgezeichnet. Auch wenn die Charaktere eher einzeln und nicht als Gruppe agieren, fühlt es sich trotzdem nach Triumph an, wenn die abgetrennten Juwelen zwischen den Frauen aufgeteilt und zu Geld gemacht werden. Eine mögliche Konsequenz: Frauen brauchen keine Rudelmentalität, sie funktionieren offensichtlich auch im Alleingang.

»Ocean’s 8« liefert zudem ein paar nette Überraschungen, die der Zuschauer nicht erwartet, leider aber auch einen groben Plotfehler. Doch der ist verzeihbar, denn der Film besitzt durch die talentierten Schauspielerinnen viel Flair und ist damit eine ganz passable Fortsetzung der Reihe.

Titelangaben
Ocean’s 8
Regie: Gary Ross
Drehbuch: Gary Ross & Olivia Milch
Darsteller/Cast:
Sandra Bullock: Debbie Ocean
Cate Blanchett: Lou
Anne Hathaway: Daphne Kluger
Mindy Kaling: Amita

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