Roman | Horst Eckert: Der Preis des Todes
Eine Talkshow-Moderatorin mit Biss. Ein Staatssekretär im Zwielicht. Und die ermordete Referentin einer internationalen Hilfsorganisation. In seinem neuen Thriller kümmert sich der Düsseldorfer Horst Eckert um das schmutzige Geschäft des Lobbyismus und die unmenschlichen Auswüchse einer das Profitstreben an oberste Stelle setzenden Gesundheitsindustrie. Von DIETMAR JACOBSEN
Immer wenn die Fernsehjournalistin Sarah Wolf dem parlamentarischen Staatssekretär im Gesundheitsministerium Christian Wagner begegnet, klopft ihr das Herz in der Brust. Nachdem er als Talkgast einmal in ihrer Sendung aufgetreten ist und man sich danach noch ein paarmal privat getroffen hat, gibt sie sich Träumen hin, was noch alles möglich wäre zwischen dem smarten, gutaussehenden und eloquenten Politiker und ihr, dem frischen, jungen Gesicht in der politischen Fernsehunterhaltung.
Aber Wolfs Einschaltquoten lassen langsam zu wünschen übrig. An einer Verlängerung ihres Vertrages mit der Sendeanstalt scheint keiner der dafür Verantwortlichen mehr wirklich interessiert zu sein, ja der eine oder andere der einflussreichen älteren Herren schaut gar mit düsterer Miene an ihr vorbei, wenn man sich bei offiziellen Anlässen begegnet. Also muss ein Knaller her, um zu zeigen, was in ihr steckt, soll eine Sendung über Lobbyismus und Demokratie ihr wieder zu ihrem alten Ruf als unbestechliche investigative Journalistin mit Biss verhelfen. Nur dumm, dass Christian Wagner genau zu jenen zu gehören scheint, die Wolfs Talkshow an den Pranger stellen will. Als der Mann kurz darauf tot in seiner Wohnung aufgefunden wird, ist das nicht nur eine persönliche Katastrophe für die junge Frau, sondern Sarah Wolf muss sich auch fragen, ob sie nicht selbst mit Schuld am Tod ihres Geliebten trägt.
Gefährdet Lobbyismus unsere Demokratie?
Horst Eckert hat sich – zuletzt mit seinen Romanen um den Düsseldorfer Kommissar Vincent Veih – profiliert als einer der besten deutschen Autoren von Polizeiromanen mit politischem Hintergrund. Auch Der Preis des Todes, in dem der 1959 geborene und heute in Düsseldorf lebende Autor die Hauptgestalt seiner letzten drei Bücher einmal pausieren lässt, verbindet auf geschickte Weise eine spannende Kriminalgeschichte, in der es eine Leiche weniger sicher auch getan hätte, mit einer Kritik an den Auswüchsen der über ihrer Profitsucht alle menschlichen Dimensionen verlierenden liberalen Wirtschaft.
Die Fälle des ermordeten Staatssekretärs im Gesundheitsministerium und einer Düsseldorfer Referentin der international agierenden Hilfsorganisation »Humanity First International«, die bereits vor Monaten als vermisst gemeldet und nun, nahezu zeitgleich mit den Geschehnissen in der Hauptstadt, tot an einem nahe der Ruhrmetropole gelegenen See geborgen wird, scheinen nämlich eng zusammenzuhängen. Der Politik-Shootingstar Wagner arbeitete als Lobbyist für einen Klinikkonzern, die Samax AG, die für das weltgrößte Flüchtlingslager im kenianischen Dadaab eine komplette Krankenhauseinrichtung gespendet hat. Die Entwicklungshelferin Johanna Kling besuchte eben dieses Lager als Vertreterin ihrer Hilfsorganisation und machte dabei offensichtlich eine brisante Entdeckung, die ihr, zurückgekehrt nach Deutschland, das Leben kostete.
Die Spur führt nach Afrika
Mit Sarah Wolf, der ihr Erfinder wie seinen anderen Figuren auch wieder einen interessanten persönlichen Background mitgegeben hat, präsentiert Horst Eckert seinen Lesern diesmal eine Journalistin als Heldin. Die taffe Talkshow-Moderatorin nimmt, nachdem ihr die Polizei ein bisschen zu lasch mit dem Fall ihres Geliebten umzugehen scheint, die Dinge selbst in die Hand.
Ihr Trip nach Kenia, um vor Ort in Dadaab herauszufinden, ob sowohl der Tod des prominenten Bundestagsabgeordneten als auch die Ermordung der Düsseldorfer Menschenrechtsaktivistin mit dieser Einrichtung, mit der beide in Verbindung standen, zu tun haben, entwickelt sich nicht nur zu einem Ausflug in die Hölle auf Erden, sondern kostet sie und ihr kleines Team, das mitgekommen ist, um eine Fernseh-Reportage über das Leben der hier untergekommenen Flüchtlinge zu drehen, auch fast das Leben.
Nach Deutschland zurückgekehrt, setzt Wolf dann alles daran, jene Menschen unschädlich zu machen, die das afrikanische Flüchtlingselend unter dem Deckmantel der uneigennützigen Hilfe für Bedürftige für ihre eigenen verbrecherischen Zwecke nutzen und jeden beseitigen lassen, der sich ihnen dabei in den Weg stellt. Allein die Gefahr für Sarah und die ihr Nahestehenden ist noch längst nicht vorbei. Denn diejenigen, deren Machenschaften sie im Wege sind, sind gut vernetzt und besitzen Verbindungen bis ganz nach oben.
Titelangaben
Horst Eckert: Der Preis des Todes
Reinbek bei Hamburg: Wunderlich 2018
414 Seiten. 19,95 Euro
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