Süßes oder Saures?

Film | Im Kino: Das Haus der geheimnisvollen Uhren

Ein Waisenjunge muss zu seinem nie vorher gesehenen Onkel in eine andere Stadt ziehen. Der Verwandte wirkt auf ihn äußerst gruselig. Bald stellt der Junge fest, dass das Haus anders ist, als normale Häuser. »Hier gibt es noch echte Magie«, formuliert der Onkel treffend und weist den Kleinen nach und nach in die Kunst der Hexerei ein.
ANNA NOAH fragt sich: Was wird noch alles ans Tageslicht kommen?

Die Uhr der Apokalypse

Film: Haus der geheimnisvollen UhrenLewis Barnavelt (Owen Vaccaro) wird, nachdem er seine Eltern verloren hat, zu seinem Onkel Jonathan (Jack Black) geschickt. Schnell entdeckt er, dass sein Onkel ein Hexenmeister ist – und will nun auch in die Welt voller Magie und Zauberei eintreten.

Aber es gibt nicht nur gute Mächte. Lewis erfährt von einem bösen Hexer namens Isaac Izard (Kyle MacLachlan), der die Apokalypse herbeiführen wollte. Daher konstruierte er mit Schwarzer Magie eine Uhr, die bis zum zwangsherbeigeführten ›Jüngsten Tag‹ runterzählt. Izard starb, bevor er die Uhr vollenden konnte, aber er versteckte die unfertige Uhr in seinem Haus. Darin lebt jetzt Onkel Jonathan. Zusammen mit der französischen Hexe Florence Zimmermann (Cate Blanchett) müssen Lewis und Jonathan die tickende Uhr finden, bevor es zu spät ist.

Doch es gibt einige Probleme. Lewis kommt nicht mit dem Tod seiner Eltern zurecht und hat es schwer, neue Freunde zu finden. Sein Onkel streitet lieber mit Madame Zimmermann und zu allem Überfluss nervt auch noch die Nachbarin.

»Dein Onkel und ich haben keine Knutschbeziehung«

So seltsam Onkel Jonathans Ideen sind, er begegnet ihnen stets kreativ. Am liebsten neckt er sich mit Mrs. Zimmermann. Ein Paar sind sie aber nicht.
Nach und nach entdecken die Zuschauer eine Zauberwelt, die sanft an »Harry Potter« erinnert. Geduldig unterrichtet Jonathan seinen Neffen im Hexen und sorgt so ganz nebenbei für tolle magische Momente.

Wie steht es nun mit dem Gleichgewicht zwischen zu viel Grusel und nicht genug Show? Die blutunterlaufenen Augen des kürzlich Auferstandenen sind ein bisschen beängstigend. Das Haus mit einer Uhr in seinen Wänden, die den Onkel in den Wahnsinn zu treiben scheint, ist auch ein bisschen gruselig.

Aber was der Film wirklich gut kann, ist Ekel hervorrufen. Da wäre der magische Greif, der tote Blätter und andere Durchfall-Brühe in einem schönen, ekelhaften Bogen über den Hinterhof samt Darsteller verteilt. Es gibt kein Blut und keine Eingeweide in diesem Film, dafür aber passend zum baldigen Halloween ein paar böse Kürbisse, die neonorangefarbene, klebrige Schmiere erbrechen.

Da ist es nicht verwunderlich, dass die Filmemacher sich bestens mit dem Grusel-Genre auskennen. Der Drehbuchautor Erik Kripke erschuf die TV-Serie ›Supernatural‹, in der böse übernatürliche Kreaturen vorkommen und der Regisseur Eli Roth inszenierte bereits den Horrorstreifen ›Hostel‹.

Film-Würze

Das Erfrischendste an ›Das Haus der geheimnisvollen Uhren‹ sind die liebevollen Details, die keine Anspielungen auf andere Filme darstellen. Frau Zimmerman prüft noch nie da gewesene Chiffre in henochischer Sprache. Jonathan hat eine Sammlung von gruseligen Oldtimern, von denen keiner für einen Spinoff-Film bekannt ist und sogar ein weiteres Detail aus dem Roman – die »Hand der Herrlichkeit« auf Jonathans Bücherregal – darf seinen Auftritt haben. Dieser Film wird einige der jungen Zuschauer beflügeln und wer weiß – vielleicht bekommen zwei, drei Lust, später eigene Filme zu drehen.

Dieser Film erzeugt Spannung und kommt mit wenigen – verzeihbare – Klischees aus: tickende Uhren und lebendig-werdende Clown-Puppen … die typischen Horror-Zutaten eben.
Trotzdem ist er auf seine Art ›lustig‹.

Jüngeren Zuschauern dürfte der Streifen trotz allem Humor einiges abverlangen, besonders wenn der böse Zauberer seiner Gruft entsteigt oder wenn die Killerkürbisse plötzlich zum Leben erwachen und angreifen.

| ANNA NOAH

Titelangaben
Das Haus der geheimnisvollen Uhren
Nach einem Roman von: John Bellairs
Regie: Eli Roth ; Drehbuch: Erik Kripke
Darsteller/Cast:
Jack Black: Jonathan Barnavelt; Cate Blanchett: Florence Zimmermann
Owen Vaccaro: Lewis Barnavelt; Kyle MacLachlan: Isaac Izard
u.v.a.
Kamera: Rogier Stoffers; Musik: Nathan Barr

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