Roman | Arne Dahl: Fünf plus drei
Zum dritten Mal schickt Arne Dahl das Duo Sam Berger und Molly Blom ins Rennen. Und erneut enthält der Titel seines Romans eine Rechenaufgabe, deren versteckter Sinn sich erst während der Lektüre erschließt. Nach Subtraktion – Sieben minus eins (2016) – und Multiplikation – Sechs mal zwei (2017) – wird diesmal addiert. Von DIETMAR JACOBSEN
Ob es noch zur vierten Grundrechenart – der Divison – reicht, scheint fraglich. Denn am Ende von Fünf plus drei sind eigentlich alle Rätsel gelöst, die Bösen bestraft und die beiden Helden der Trilogie auf einem gemeinsamen Weg. Und das ist im Grunde auch gut so.
Sam Berger als Mörder gesucht und Molly Blom im Koma – so endete vor gut einem Jahr der zweite Band der Berger-Blom-Reihe von Arne Dahl. Klar, dass damit die Geschichte noch nicht auserzählt sein konnte. Nur eines war spätestens am Ende von Sechs mal zwei leider nicht mehr zu übersehen: An die großartigen zehn(-einhalb) Bände der Reihe um die Stockholmer A-Gruppe, mit denen Arne Dahls Stern als europäischer Thrillerautor aufgegangen war, und die 4 Teile der sich daran anschließenden Serie um die von Brüssel aus operierende, europäisch besetzte opcop-Einheit konnte der schwedische Bestsellerautor mit seinen aktuellen Spannungsromanen nicht anschließen.
Die Fälle, mit denen sich Berger und Blom herumzuschlagen hatten, wirkten unterm Strich einfach zu konstruiert: Thriller, am Reißbrett entworfen. Und was noch wichtiger ist: Es fehlte ihnen auch jene gesellschaftliche Relevanz, die ihre Vorgänger zu ganz besonderen Leseerlebnissen werden ließen. Hat sich das mit dem dritten Band der Reihe endlich geändert?
Thriller, am Reißbrett entworfen
Nicht wirklich. Auch Fünf plus drei strapaziert seine Leser mit einer reichlich verworrenen Geschichte. Die setzt vor allem auf unerwartete Wendungen und einen Showdown, bei dem auf einer kleinen Schäreninsel alles aufeinander schießt, was den Ruf hat, zu den Bösen zu gehören in der Welt von heute: ISIS – Schergen und nordkoreanische Söldner, feiste Russen und skrupellose Fremdenlegionäre. Dass bei der Gewaltorgie auch ein paar Anwälte, die für die dunklen Mächte die Geschäfte im Licht erledigen, als Kollateralschäden anfallen, darf man dabei fast noch als Surplus ansehen: Mörder ermorden sich und ihre anzugtragenden Helfer selbst und nehmen damit der Polizei eine Menge Arbeit ab.
Worum es geht? Um einen Container voller Waffen, den sie alle haben wollen und der in der Abgeschiedenheit des Stockholmer Schärengartens versteigert werden soll. Ein Riesengeschäft für Europas Waffenhändler Nummer eins und die Chance für unterschiedlichste Gruppierungen, an modernstes Kriegsgerät zu kommen. Freilich wissen nur wenige von dem Deal. Und wer davon weiß, darf sich seines Lebens nicht mehr sicher sein. Denn immer ist da jemand, der vor nichts zurückschreckt, um an Informationen über Ort und Zeitpunkt der geplanten Auktion zu kommen.
Mörder, die sich gegenseitig ermorden
Wer sich noch an Band 1 der Reihe erinnert, wird wissen, dass Sam Berger und Molly Blom an dessen Ende sechs Mädchen aus den Fängen eines gefährlichen Psychopathen befreiten. Ein siebentes aber blieb verschwunden. Das benutzt der Ex-Geheimdienstler Carsten nun als Druckmittel für seine dunklen Zwecke. Denn die 17-jährige Aisha ist die Tochter eines Bagdader Professors und Imams, der im Irak an der Spitze einer Bewegung zur Modernisierung des Islams stand.
Als Informant für westliche Geheimdienste so unersetzbar wie permanent gefährdet, haben ihn die Schweden letztendlich zur Flucht aus seinem Land verholfen und die Familie mit einer neuen Identität ausgestattet. Und natürlich weiß der Mann, der sich inzwischen Pachachi nennt, auch genau Bescheid über den bevorstehenden Waffendeal – ein Wissen, das er zweifellos preisgeben würde für das Leben seiner verschwundenen Tochter. Also machen sich Berger und Blom auf, die gefangenengehaltene Aisha zu finden und in Sicherheit zu bringen, ahnen dabei freilich nicht, dass sie damit im Begriff sind, auf einen üblen Trick ihres gefährlichsten Gegners hereinfallen.
So richtig weiß man in den drei bisher vorliegenden Berger-Blom-Romanen nie, woran man nun eigentlich ist. Geheimdienstler, die sich mit unredlichen Mitteln selber eine goldene Nase verdienen wollen. Zwei Hauptfiguren, die von Anfang an Misstrauen gegeneinander hegen, es zwischendurch für eine Weile fallen lassen, aber immer noch – obwohl die eine inzwischen vom anderen schwanger ist – Überraschungen füreinander bereithalten.
Und eine Welt, in der alles mit allem zusammenzuhängen scheint, Europa »in desolatem Zustand« ist und am Ende ohne die Superhelden der A-Gruppe wieder einmal alles den Bach hinuntergehen würde. Doch vielleicht ist der Schluss von Fünf plus drei ja auch ein Zeichen. Kommen sie noch einmal zurück – Kerstin Holm und Paul Hjelm, der bleiche Finne Arto Söderstedt, Jorge Chavez und Sara Svenhagen? Sie würden dringend gebraucht, um wieder etwas Ordnung in den Erzählkosmos von Arne Dahl zu bringen.
Titelangaben
Arne Dahl: Fünf plus drei
Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein
München: Piper Verlag 2018
405 Seiten. 16,99 Euro
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