Comic | F.Miller, B.Azzarello (Texte), A.Kubert, K.Janson, E.Risso: Batman: Die Übermenschen
Frank Millers und Klaus Jansons ›Batman: Die Rückkehr des Dunklen Ritters‹ von 1986 gilt schon lange als erzählerischer und zeichnerischer Meilenstein des Superheldencomics, der, so Alan Moore, das Dark Age der Superhelden eingeleitet hatte. In der düsteren und politisierten Story schlüpft ein gealterter und reaktionärer Bruce Wayne abermals in die Rolle von Batman, um, zur Empörung der Öffentlichkeit, brutal das Verbrechen zu bekämpfen. Von PHILIP J. DINGELDEY
Miller war das natürlich nicht genug, weswegen in den 2000er Jahren ›Batman: Der Dunkle Ritter schlägt zurück‹ folgte. Daran schließt wiederum ›Batman: Die Übermenschen‹ an: Eine dicke Heft-Reihe von Miller, der sich Unterstützung bei Größen wie Brian Azzarello, Andy Kubert, Janson und Eduardo Risso holte, die nun erstmals als Sammlung in deutscher Übersetzung vorliegt. Leider kann dieser Band nur hinter ›Die Rückkehr des Dunklen Ritters‹ zurückbleiben.
Seit dem Tod von Lex Luthor (in ›Der Dunkle Ritter schlägt zurück‹) ist Batman wieder untergetaucht. Inzwischen befreit die wankelmütige Lara, die Tochter von Wonder Woman und Superman (der sich selbst eingefroren hat), die Flaschenstadt Kandor und setzt die Einwohner, unter Führung von Quar, frei.
Diese bedrohen nun die Menschheit und stilisieren sich selbst als Übermenschen oder gar Götter. Um mit einer Armee der Kandorianer, die es mit dem stärksten Superhelden aufnehmen können, fertig zu werden, müssen sich die Angehörigen der Justice League erneut zusammenarbeiten und epische Schlachten schlagen.
Die Handlung des Sammelbandes schließt damit direkt an die Zukunftsversion des alten wiedergekehrten und noch dunkleren und psychotischeren dunklen Ritters an – kein Wunder, ist dies vermutlich die größte Narration, die Miller bisher geliefert hat: ein alter Batman in einer neuen Welt. Hier gelten Superhelden, die sich nicht in den Dienst der US-Regierung stellen, weiterhin als Vigilanten, die von den Behörden bekämpft werden.
Wieder treten Protagonisten wie Gothams Commissioner Ellen Yindel (Jim Gordons Nachfolgerin), ein bekennender Gegner Batmans, Überreste der Straßengang Mutanten oder der weibliche kindliche Robin respektive Catgirl alias Carrie Kelly in Erscheinung.
Miller dehnt die Handlung nun auf die gesamte Justice League aus, ohne dezidiert Batman noch zum Zentrum der Geschichte zu machen. Der ist nämlich eher der Ausgangspunkt, denn die zentrale Figur – im Grunde scheint es gar keinen klaren Hauptcharakter mehr zu geben in dem Wust an Dramatis personae. Und wieder werden aktuelle gesellschaftliche Phänomene, etwa Social Media, Heldenkritik und die Dialektik von Superhelden, die eigenmächtig und gewalttätig Gutes schaffen wollen, aufgegriffen, was der Story prinzipiell eine gewisse Brisanz oder narrative Tiefe verleiht.
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Ein epochaler Abschluss
Dennoch reicht dieser Sammelband an Millers und Jansons Opus Magnum ›Die Rückkehr des Dunklen Ritters‹ nicht heran. Es scheint, die Macher von ›Die Übermenschen‹ haben dem Konzept der wiederkehrenden und strauchelnden Helden (die im Übrigen zum Teil bereits demaskiert wurden) nichts Inhaltliches mehr hinzuzufügen. Das kompensieren sie wie typische gescheiterte Blockbustertrilogien der Filmindustrie: Die Story muss actiongeladener, explosiver, größer und bedrohlicher sein. Und dies kann man ehesten mit einer drohenden Apokalypse durch eine übermenschlich starke Gegnerschaft, die eine pseudoreligiöse und totalitäre Ideologie hat, realisieren.
Der Zuwachs an Protagonisten erfüllt dabei durchaus das Ziel eines epochalen Abschlusses der Reihe von ›Die Rückkehr des Dunklen Ritters‹, aber ›Die Übermenschen‹ bietet kaum noch die sozialphilosophische Reflektion über die Rolle von Helden und Übermenschen in der Gesellschaft, wie sie Miller in den 1980ern aufgeworfen und dadurch Batman ein plastischeres Profil verliehen hatte. Die Protagonisten bleiben vergleichsweise blass und stereotyp. Die Handlung wird zum größten Teil durch die Actionklimax ersetzt.
Einzig und allein der Gedanke, dass die Superhelden nicht mehr alleine die Übermenschen sind, zu denen die lesenden Fans und die Statisten in der Handlung aufblicken, sondern dass die Superschurken als wahre oder größere Übermenschen den meisten Helden ihre Schwächen und teilweise auch ihre Menschlichkeit nur allzu bewusst machen, wird hier weiter kultiviert.
Somit kann man den typischen Handlungsverfall des Comic-Seriesmus beobachten. Jedoch kommen zwei Arten von Konsumenten dennoch auf ihre Kosten: Die Einen sind der esoterische Fanzirkel, der die interplanetar und -dimensional agierende Justice League sehr genau kennt und jeden Zusammenhang, der nun für die gealterte Liga gilt, versteht und die Entwicklung und die Zeitsprünge genießen oder sich vielleicht über die Wandlung des einen oder anderen Charakters wundern wird; die Anderen sind schlicht die Leser, die gekonnte actiongeladene Bilder lieben und die nicht unbedingt eine große erzählerische Weiterentwicklung brauchen. Denn die Zeichnungen von Miller, Janson, Kubert und Risso sind durchaus gekonnt. Man kann die Zeichnungen nicht anders beschreiben, denn als farbgewaltig, mit düsteren Einsprengseln, mit einer explosiven Strichführung, in der eine detaillierte Kampfszene an die andere gereiht wird.
Wer also schon ›Die Rückkehr des Dunklen Ritters‹ und ›Der Dunkle Ritter schlägt zurück‹ genossen hat, dem wird ›Die Übermenschen‹ wahrscheinlich als fulminante und ausführliche Abrundung der Reihe durchaus genügen. Nur zu viel Handlung man nicht erwarten. Abgesehen vom Grundkonflikt von klaren Schurken versus vermenschlichten und somit auch irrationalen Helden bleibt nicht mehr viel von der Tiefe des ersten Bandes übrig.
Titelangaben
Frank Miller (Texte und Zeichnungen), Brian Azzarello (Texte), Andy Kubert (Zeichnungen), Klaus Janson (Zeichnungen), Eduardo Risso (Zeichnungen): Batman: Die Übermenschen
Stuttgart: Panini 2018
380 Seiten, 34,00 Euro
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