Familienbuch | Ulrike Schrimpf (Hg): Winter. Das große Lesebuch für die ganze Familie
In unseren Breitengraden ist der Winter die kälteste der vier Jahreszeiten. Kurze Tage und ungemütliches Wetter machen ihn wunderbar geeignet für gemütliche (Vor-)lesestunden. Da passt doch eigentlich ein Buch, das den Winter zum Thema hat, bestens, findet ANDREA WANNER
Die Liste der Dinge, die man am Winter nicht mag, kann lang sein. Auf jeden Fall gibt es eine mindestens ebenso lange Liste von wundervollen Dingen, die zum Winter gehören. Und natürlich überwiegen diese Winterfreuden in einem Winterlesebuch. Es ist in acht Kapitel unterteilt, die die Winterereignisse zum Thema machen.
Kapitel 1 schaut auf den Übergang vom Herbst zum Winter: ›Herbststürme und Schneegestöber‹ stellt die Wetterveränderungen in den Vordergrund. Dazu gehört das sehnsuchtsvolle Schneewunschlied ›Schneeflöckchen, Weißröckchen‹ ebenso wie eine erste Hilfe bei Wind und Wetter: heiße Schokolade mit Zimt. Oder Otfried Preußlers Kleine Hexe, die auf den Maronimann trifft.
Dann ist es kalt geworden. ›Schlittschuhe und Schneeballschlacht‹ erzählen von besonderen Winterfreuden, wenn endlich die ersten Flocken fallen und die Gewässer zufrieren. Kapitel 3 legt dann noch eins drauf. ›Herausforderungen und Abenteuer‹ deuten schon an, dass es nicht immer nur ein pures Vergnügen ist, im Winter unterwegs zu sein. Büchners Lenz, eine österreichische Bäuerin, die vom Winter in Osttirol vor 100 Jahren erzählt, oder Andersens Mädchen mit den Schwefelhölzchen sind eindrückliche Schilderungen, wie Kälte, Eis und Schnee zur Bedrohung bis hin zum Tod werden können.
Heiterer wird es im 4.Kapitel ›Winterträume und Weihnachtswünsche‹, das dann auch einen Ausflug nach Istanbul macht und mit Auszügen aus Jean Websters ›Daddy Langbein‹ und Andreas Steinhöfels ›Die Mitte der Welt‹ jugendliche Helden aus der Kinder- und Jugendliteratur etwas vom Winter erzählen lässt. Nach dem märchenhaften Einschub ›Väterchen Frost und Frau Schneekönigin‹ folgt das zentrale und umfangreichste Weihnachtskapitel ›Advent und Heilige Nacht‹, in dem auch die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium nicht fehlt. Und mit einem Ausblick darauf, wie es weitergeht, macht das Schlusskapitel ›Schneeglöckchen und erste Sonnenstrahlen‹ dann auch schon wieder richtig Lust auf das Frühjahr.
Der Verlag Herder in Freiburg ist ein Verlag mit traditionell katholischer Ausrichtung und der christliche Schwerpunkt ist bei aller Vielfalt auch in diesem Winterbuch zu spüren. Der Winter als eine »erwartungsfrohe Zeit, in der Wunder immer nur eine Straßenecke entfernt zu sein scheinen«, ist eng mit der christlichen Tradition verbunden und soll auch so in der Familie vermittelt werden. Und so ist es eben auch genau das: ein Familienbuch, das ein winterliches Weihnachtsgefühl aufbaut und stärkt. Aber vielleicht hätte ein Buch, das versucht so facettenreich zu sein, auch noch ein bisschen mehr über die Härte des Winters erzählen dürfen, der nicht nur vor 100 Jahren für Menschen ein Problem war.
Längst sorgt der Klimawandel dafür, dass der Winter sich auch bei uns verändert. Und längst sind nicht alle Menschen in der Lage, sich gemütlich im Warmen an der Kälte draußen und den Eisblumen am Fenster zu freuen. Wer Büchner bemüht und Theresia Köll erzählen lässt, sollte ein bisschen mehr kritische Aktualität wagen.
So ist es ein bequemes, nettes Hausbuch geworden, das mit vielen Illustrationen von Lisa Manneh den Winter feiert und vermutlich damit genau das liefert, was viele suchen.
Titelangaben
Winter. Das große Lesebuch für die ganze Familie
Herausgegeben von Ulrike Schrimpf
Mit Illustrationen von Lisa Manneh
Freiburg: Herder 2018
240 Seiten, 32 Euro
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