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Amüsant, menschlich, unterhaltend

Bühne | Samantha Ellis: How to Date a Feminist

Der Feminismus ist nach wie vor in aller Munde. Die Feierlichkeiten rund um den Internationalen Frauentag gingen gerade zu Ende. Was aber ist eigentlich mit den Männern? Dass sie oftmals mit ihrer Rolle als Mann überfordert zu sein scheinen, ist bekannt. Was aber geschieht, wenn ein Mann auf einmal sich dem Feminismus zugehörig fühlt? Fragt sich auch JENNIFER WARZECHA

How to date a feministDiesem Schauspiel wurden die Besucherinnen und Besucher von ›How to date a feminist‹, einer Komödie von Samantha Ellis (Deutsch von Silke Pfeiffer), im bis auf den letzten Platz gefüllten Studio des Badischen Staatstheaters zuteil. Steve (witzig und charmant in einer Dreifachrolle aus Steve, Ross und Joe: Tom Gramenz) wurde nicht nur durch seine feministische Mutter geprägt, die als Aktivistin im Frauenfriedenscamp Greenham Common gegen den Atomkrieg kämpfte und teilweise als orange Raupe verkleidet (amüsant und ausdrucksstark: Lucie Emons) ihren Sohn zurate zieht. Er ist auch ein Feminist, was bedeutet, dass ihm Machtspielchen zwischen Mann und Frau fernliegen.
 
Die Journalistin Kate ist selbstbewusst, witzig und weiß, wo sie beruflich steht. Weil sie alleine bei ihrem Vater aufgewachsen ist, hat sie gelernt, Männern zu gefallen, fürsorglich, »perfekt« zu sein. Bisher hatte sie nie darüber nachgedacht, was sie selbst eigentlich im Leben erreichen will. Dann trifft sie Steve auf einer Kostümparty. Sie bittet ihn, mit ihr zu flirten, damit ihr Exfreund Ross eifersüchtig wird. Dieser hat sie für eine Praktikantin sitzen gelassen. Obwohl beide also sehr unterschiedlich sind, verlieben sie sich Hals über Kopf ineinander. Doch bereits 90 Minuten nach der Trauung scheitern sie bereits an ihrer Ehe, eben wegen dieser Unterschiedlichkeit.

Das Stück in der Inszenierung von Jennifer Regnet konzentriert sich auf die Frage der Emanzipation sowohl von fremden Zuschreibungen als auch der Prägung durch die Eltern. »Wie kommt es, dass wir uns in Wahrnehmungsmustern verirren, sich trügerische Glaubenssätze in unser Selbstbewusstsein einschleichen und es schmälern? Können wir unsere Umgebung liebevoll wahrnehmen oder projizieren wir unsere eigenen Ängste und Verletzungen auf andere und dann geht alles schief? Einmal festgefahren, braucht es einen Anstoß von außen, um wieder in Bewegung zu geraten. Veränderung beginnt dort, wo wir die Perspektiven wechseln und uns eine neue Rolle suchen«, ist im Programmheft zu lesen.
 

Eine persönliche und anschauliche Revue von mehreren Schauspielern

Deshalb werden die sechs Figuren auch von den zwei Schauspielern gespielt, die das Paar Steve (Tom Gramenz) und Kate (Lucie Emons) verkörpern. Furioser Schlagabtausch, Wortgefechte, Rollen- und Kostümwechsel (Kostüme: Jamil Sumiri), innerhalb derer sich die Figuren von allen Zuschreibungen lösen und damit ihre Prägungen überwinden, lösen sich ab. Kate wird dabei während ihrer Hochzeit mit Steve noch einmal mit den Verhaltensweisen ihres Vaters konfrontiert – Tom Gramenz schlüpft dabei in einen begehbaren Karton, der mit Schleife und Hemd verziert ist und den er in Anzughose vor sich herträgt – und wehrt sich gegen das gängige Klischee und die Ansicht vom Vater, er als der Ihrige müsse sie zum Altar geleiten.

Am Ende einigen sie sich darauf, dass er mit seiner Tochter den Brauttanz genießen dürfe. Steve ist danach mit seiner Mutter konfrontiert, die im Kostüm einer Raupe über den Status der Ehe und Männer generell lästert. Kate und Steve streiten bereits 90 Minuten nach ihrer Trauung und sind dabei zunächst wieder mit ihren unterschiedlichen Rollenbildern konfrontiert. Steve in seiner Rolle als eher »lieber Mann« denn als Macho ist pikiert davon, dass Käte ihm mitteilt, er solle sie im Bett mehr rannehmen. Er ist verstört. Beide trennen sich.

Käte wendet sich ans Publikum und möchte die Hochzeitsgeschenke wie einen Leuchter etc. zurückgeben. Steve trifft unterdessen seine Exfreundin wieder, die ihn einst nicht hatte heiraten wollen. Sie versucht, ihn zurückzugewinnen und appelliert an sein Sicherheitsbedürfnis und an die Suche nach Verständigung und Redlichkeit.

Fern von Bedrängung

Wirklich überzeugt scheint er von ihren Heiratsabsichten aber nicht zu sein. Kate trifft unterdies einen anderen Mann, der sich ihr schnell aufdringlich annähert. Sie erzählt ihm von Steve und seiner Ex und flieht.

How to date a feminist

Am Tag seiner erneuten Hochzeit überrascht Kate Steve schließlich hoch droben auf der Bühne. Er sagt zu ihr, dass Kate seine Frau sei, er aber so verkopft sei und seine Sicherheit bei seiner Exfreundin suche. Beide nähern sich wieder an, schmiegen sich aneinander. Beide zeigen sich auf einmal mit der gleichen Unterwäsche auf der Bühne, einem jeweiligen Glücksklee darauf inbegriffen.

So endet die Komödie und das Zwei-Personenstück gemäß dem Motto und der menschlichen Reaktion »Irren ist menschlich.« Beide sind vereint, was das Publikum mit begeistertem Klatschen quittiert. Amüsant, menschlich, unterhaltend und dementsprechend geistreich!

| JENNIFER WARZECHA
| FOTOS: FELIX GRÜNSCHLOẞ

Titelangaben
How to Date a Feminist
Komödie von Samantha Ellis

Termine
Sa, 30.03., 19:30; Fr, 17.05., 20:00; Sa, 25.05., 19:30

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