/

Ein Traum wird zur Tanzrealität

Bühne | Show: Breaking Salsa

In der Verti Music Hall wirbelten bei »Breaking Salsa« neben Kim Wojtera nicht nur Weltklassetänzer aus acht Ländern über die Bühne, sondern es gab auch den Weltmeister im Popping und den Grammy-Gewinner Nené Vasquez und das Mingaco Orchestra live zu erleben. Nach »Flying Bach« und neben »Break the Tango« ist das nun die dritte Verschmelzung zweier völlig unterschiedlicher Tanzrichtungen.
ANNA NOAH schlendert durch die Träume der Darsteller.

Imposante Tanz-Moves von Anfang an

Alles begann im Jahre 2013. Salsa-Weltmeisterin Kim Wojtera trat in der Casting-Show »Got to dance« auf. Zusammen mit dem Breakdance-Duo Tomy und Rocky alias Tom2Rock präsentieren sie ein Tanzprogramm in dem die Stile Breakdance und Salsa zu einer einzigartigen Mischung verschmolzen wurden. Das Konzept von »Breaking Salsa« war geboren.

Breaking Salsa

Kim Wojtera setzt damit einen lange gehegten Traum in die Wirklichkeit um, denn die Tänzerin gehörte schon als Kind dem Leistungskader des TK Hannover in Rhythmischer Sportgymnastik an. Als Jugendliche kam sie zum Salsa. Zu ihren größten Erfolgen zählen mehrere deutsche Meistertitel im Salsa und Dancefloor sowie der erste Platz bei den Salsa-Weltmeisterschaften.

Dieser Traum zieht sich wie ein roter Faden durch die Show. Nach dem Opening tanzt ein kleines Mädchen auf der Bühne und streitet sich mit ihrem Vater, der möchte, dass sie lieber lernt, statt zu tanzen.
Als sie alt genug ist, packt sie ihren Koffer und geht.

Die Leichtigkeit des Salsa

Das ehemals kleine Mädchen trifft auf seiner Reise durch die Tanzwelt auf Salsatänzer, Elektroswingtänzer sowie Breakdancer und die anfänglich gegensätzlichen Choreographien wirken wie ein Battle. Herausstechend sind die Weltklassetänzer aus Kolumbien, die Leichtigkeit und Tempo mit Hebefiguren und Sprüngen verbinden, die wie aus einer Eislaufkür wirken. Die Szenerie ist eingebettet in sechs schmale LED-Screens, die je nach Stimmung Palmen, Regenwetter oder Schatten zeigen. Auch in dieser Show tragen die Herren ausschließlich Jeans und Turnschuhe, manche nicht mal ein Hemd.

Anders als bei »Break the Tango« lässt sich die Choreographie hier durchaus Zeit für emotionale Elemente, was zwischen all der Akrobatik und Action gut ankommt. Die Tänzer bieten dem Publikum eine rasante Show. Körper drehen sich um die eigene Achse, auf dem Kopf und springen auf einem Arm.

Nach der Pause wird es noch mal ekstatischer. Die großartige Band und die Tänzer battlen nicht mehr, sie tanzen zusammen. Die Choreographie wird vielfältiger, da die Salsa-Tänzerinnen mehr mit den Breakdancern interagieren.

Dabei überschreitet die Show bewusst kulturelle Grenzen, jedoch mit dem gebürtigen Respekt. Das Publikum kann so eine tiefere Wertschätzung für beide Tanzformen entwickeln.

Gemischte Musik und Akrobatik

Mit einer Mischung aus Live- und Tonträgermusik wird die Geschichte einer Gruppe von zeitgenössischen Tänzern, die auf Salsatänzer treffen und die daraus resultierenden Konflikte untermalt. Inmitten von Toprocking, Bodenarbeit, Power Moves und Headspins offenbart jeder Breakdancer seine ureigene Persönlichkeit.
Die individuellen Momente aller Tänzer sind genauso aufeinander abgestimmt wie die Ensemble-Segmente. Sie zeigen präzise Formen, aber auch weiche Übergänge zwischen Salsa und Kopfstand.
Zeitgenössische Tanzelemente sind dabei zur exquisiten Live-Musik besonders reizvoll.

Träume leben

Kim Wojtera sagte zu Beginn der Tour, das Besondere an dem Projekt ist, dass hinter der Show keine Produktionsfirma mit jahrelanger Erfahrung steckt, sondern dass sämtliche Choreographien, Lichtkonzepte, Kostüme und weitere Feinheiten in Eigenregie erarbeitet wurden.
Man merkt der Show an, dass sie eben nicht von alten Hasen im Showbusiness konzipiert wurde. Das Neuartige ist ein sehr interessanter Aspekt.
Einzig der Moderator vor der Show und nach der Pause erscheint ein bisschen überflüssig. Der Zuschauer will schließlich wissen, wie es mit dem Traum des Mädchens weiter geht.

Für die Tänzer bedeutet dieses Alles-allein-machen neben jeder Menge Training auch noch Regie und Produktion zu übernehmen. Dies hat knapp über ein Jahr gedauert.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nicht nur während der virtuosen Bewegungen der Breakdancer geht die Show auf vielen Ebenen über das Gewöhnliche hinaus. Die Fusion von Salsa mit verschiedenen Hip-Hop-Formen und zeitgenössischem Tanz reicht aus, um Menschen aller Couleur in die Halle zu ziehen.

Die Verschmelzung zweier vermeintlich ungleicher Kunstformen – und das musikalisch sowie choreographisch – ist wohl einer der Gründe, wieso sich diese Shows in unserer heutigen Kultur einer großen Beliebtheit erfreuen. Unterschiede werden genutzt, um zu feiern und zu wertschätzen. Künstler über die ganze Welt erinnern das Publikum an die allen gemeinsame menschliche Basis.

Und am Ende des Auftritts – oder anders ausgedrückt – in der Mitte des Traumes darf natürlich etwas fürs Herz nicht fehlen.

| ANNA NOAH
FOTOS: Diana Frohmüller

Showangaben
Breaking Salsa (Breaking Salsa)
Cast:
Kim Wojtera, Tom2Rock,
Salsatänzer
Breakdancer
Musik:
Nené Vasquez und das Mingaco Orchestra

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Die Fabel der neurotischen Katze

Nächster Artikel

Päckchen – nicht nur zum Fest

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Leibhaftiger Wahnsinn

Bühne | Shakespeares Richard III. im Stadttheater Pforzheim Es ist kein Stück wie jedes andere und noch dazu sehr selbst-reflexiv – William Shakespeares (1564 – 1616) ›Richard III‹ (in dieser Fassung als Stückprojekt nach der gleichnamigen Tragödie von Shakespeare, in Deutsch von Thomas Brasch) erobert das Podium und die Zuschauer des Stadttheaters Pforzheim. JENNIFER WARZECHA war dabei.

Das Schicksal am Nil nimmt seinen Lauf

Bühne | Show: Aida – Das Arena-Opern-Event 2024

Giuseppe Verdis Oper ›Aida‹ wurde 1871 erstmals in Kairo aufgeführt. Das moderne Arena-Opern-Event von Regisseurin Rian van Holland zeichnet dieses Ereignis nach: Ägypten soll gespürt werden – von Anfang an. Bereits bevor es losging, hörte man in der Arena Vogelrufe, ein Adler zog seine Kreise auf einer Projektionsfläche. Das Besondere: Die Handlung fand nicht nur auf der Bühne statt, sondern im gesamten Innenraum, zwischen den Besuchenden. ANNA NOAH freut sich auf das Spektakel.

Der Preis der Freiheit

Bühne | Theater: Schmetterlinge sind frei

»Schmetterlinge sind frei« entstand Ende der 60er Jahre am Broadway. Die Komödie zählt zu den bekanntesten von Leonard Gershe, war weit über tausendmal zu sehen und wurde auch erfolgreich verfilmt .
ANNA NOAH freut sich auf die aktuelle Bühnenadaption.

Zwischen Gut und Böse

Bühne | Carl Maria v. Weber: Der Freischütz Die Kirche wird zum Dreh- und Angelpunkt von Gut und Böse, zum Austragungsort von Rivalitäten, erotischen Machtspielchen sowie der Gier nach Anerkennung – Carl Maria von Webers (1786-1826) romantische Oper ›Der Freischütz‹, unter der Regie von Verena Stoiber, begeistert in Karlsruhe. Von JENNIFER WARZECHA

Wenn das Spiel des Lebens zum Lebensspiel wird

Bühne | Der Spieleabend

Theater zum Anfassen, nicht im wörtlichen, aber übergreifend sprichwörtlichen Sinne, das findet sich kurz zusammengefasst im Jakobus-Theater im zentral gelegenen Theaterhaus in der Karlsruher Innenstadt. Auf gleich drei Bühnen bietet sich dem Publikum ein breites und vielfältiges Programm. Im kleinsten Saal des Theaterhauses, gegenüber vom Sandkorn Theater gelegen, haben die Schauspielerinnen und Schauspieler Großes vor. Nicht nur das: Es kommt einfach authentisch und echt rüber. Von JENNIFER WARZECHA