Auch die zweite Premiere in Hamburgs kleinstem Theater ist eine große Überraschung, denn sie lädt zum Träumen ein. Die Realität ist auf den Kopf gestellt – was könnte dieses Jahr besser zusammenfassen? Von MONA KAMPE
Wer hofft nicht darauf, eine freundliche Seele zu treffen, wenn er einsam ist? So ergeht es zwei Fremden, die sich abends am Kanal begegnen. Er rettet sie vor der Übergriffigkeit eines Anderen und erregt ihre Aufmerksamkeit. Dabei saß er nur so da – wie immer – und träumte vor sich hin. Von großen Lieben, die nie erwidert.
Ihr gefällt sein unaufdringliches Gemüt und so möchte sie mehr von seiner Geschichte erfahren. Sie verabreden sich für den nächsten Abend. Doch eine Bedingung gibt es: Er darf sich nicht in sie verlieben!
Ein Platz für Träumer
Schwierig, denn sein Blick zeugt von Faszination und Schwärmerei. Doch er weiß noch nicht, dass auch sie – wie jeder – eine Geschichte hat und die handelt von Liebe.Das Hamburger ›Theater das Zimmer‹ überrascht zu Saisonbeginn gleich mit einer zweiten Premiere: ›Weiße Nächte‹ von Dostojewski. Der philsophisch-emotionale Dialog holt den Zuschauer direkt dort ab, wo er sich in dieser besonderen Zeit befindet: zwischen Träumerei und Illusionen. Die beiden Protagonisten – er nachdenklich, sie praktisch und situativ handelnd – veranschaulichen, welche Räume die Corona-Krise im Alltag schafft. Wenn nichts mehr ist, wie es scheint, ist er auf den Kopf gestellt. Und so wissen die Zuhörer bald auch nicht mehr, was wahr und was erdacht ist. Seine Sinne spielen ihm einen Streich.
Unter Regie von Jona Manow spielt sich das Intendantenduo Sandra Kiefer und Lars Ceglecki gemeinsam durch einen Theaterabend voller Spannung, Sinnlichkeit und Sinnsuche. Beide sorgen in weißes Licht getaucht für einen Nebel der Hoffnung, der Hingabe und des Herzbluts.
Das phantastische Bühnenbild von Heike Böttcher sorgt für viel Diskussionsstoff. Befinden wir uns im türkisen Glanze des Kanals, eines verlassenen Schwimmbades oder gar des Gemaches eines Träumers? Auf kleinstem Raum erstrahlen Bühne und Darsteller und verschmelzen zu einer Einheit.
Besonderes Highlight des Abends ist auch das neue Leuchtschild des Theaters, welches von der ›Haspa‹ im Stadtteil gesponsert wurde. So ist der Name des kleinsten Privattheaters Hamburgs nun auch von Weitem sichtbar und lockt Interessenten in der kalten Jahreszeit in seine gemütliche Atmosphäre. A place to dream – erlebt die Magie!
Titelangaben
Theater das Zimmer: Weiße Nächte
Mit: Sandra Kiefer, Lars Ceglecki
Regie: Jona Manow
Bühne: Heike Böttcher
Fotos: Bela Hoche