Roman | Theodor Fontane: Effi Briest
Oft verfilmt, unterschiedlich und grandios besetzt, ob mit Hanna Schygulla oder Julia Jentsch oder der unvergessenen Ruth Leuwerik: Fontanes Effi Briest, hier nun in einer wunderschönen Buchausgabe, ein großes Literarisches Kunstwerk, verpackt in einem bibliophilen Kunstwerk. BARBARA WEGMANN ist begeistert.
Man mag es kaum glauben, dass Fontane erst mit 75 Jahren eben mit Effi Briest seinen ersten großen literarischen Erfolg feierte: 1894 erscheint das Buch und es gehört zu Beginn des neuen Jahrhunderts zu den meist gelesenen Büchern der Zeit. »Für Mädchen des 19. Jahrhunderts war es üblich und keineswegs frühzeitig, schon im Teenageralter zu heiraten, und zwar Männer, die erheblich älter waren als sie selbst.«
Es entsprach dem Spiegel der damaligen patriarchalischen Gesellschaft, spiegelt die Rolle der Frau in Kaiserlichen Zeiten, die Moral- und Ehrauffassungen klar und dramatisch zugespitzt wider. Effie Briest heiratet mit 17 Jahren, besser gesagt, sie wird verheiratet mit einer durchaus »guten Partie«, Baron von Instetten, deutlich älter als sie selbst, Jurist in höherer Position. Das ideale Versprechen in jener Zeit für eine gesellschaftlich glänzende Zukunft und finanzielle Absicherung inklusive.
Ihm folgt sie, aber: ihre Ehe gerät schnell zum Fiasko, Effie fühlt sich vernachlässigt, an den Rand gestellt, wertlos, ist sie doch eigentlich ein Teenager, verspielt, neugierig auf die Welt. Sie geht eine Liaison mit »dem Frauenhelden« Crampas ein, seine heimlichen Liebesbriefe versteckt sie in ihrem Nähkästchen. Erst viel später wird ihr Fehltritt per Zufall entdeckt, werden die Briefe gefunden, folgt das dramatische Ende des Romans.
Fünfmal wurde der Romanstoff verfilmt, mit viel Erfolg, und Effi Briest ist bis heute ein Klassiker geblieben. Aber, wenn man nun, zum 200. Geburtstag Fontanes, die sehr gelungene Ausgabe des S. Fischer Verlags in Händen hält, dann vertieft man sich genauso gerne in die 384 Seiten. Ein attraktives Geschenk, nicht nur für Fontane-Fans…
Die 26 farblich sparsamen, ganzseitigen Illustrationen lassen Einsamkeit der Effi und ihre Zurückgezogenheit nachempfinden, zeigen das aussichtlose Leben nahe einem Friedhof in einem anonymen Mietshaus, das die junge Effi nach der Scheidung von Instetten erdulden muss. Verstoßen von den Eltern, ohne ihre Tochter.
Die Illustrationen sind unpersönlich, unnahbar, distanziert und unterkühlt, vermitteln familiäre Kälte und ausweglose Einsamkeit der Effi Briest, die zum Schluss des Romans mit ihrem Leben Frieden schließt. Effi »setzte sich an das offene Fenster, und im Park regte sich kein Blatt. Aber je länger sie hinaushorchte, je deutlicher hörte sie wieder, dass es wie ein feines Rieseln auf die Platanen niederfiel. Ein Gefühl der Befreiung überkam sie. »Ruhe, Ruhe««.
Titelangaben
Theodor Fontane: Effi Briest
Illustrationen von Jörg Hülsmann
Frankfurt/M.: S. Fischer 2019
384 Seiten, 40 Euro
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