Digitales | Games: Death Stranding
Etwa drei Jahre ist es her, seitdem Death Stranding vom neu gegründeten Studio Kojima Productions angekündigt wurde. Bis zum Release des Spiels blieben Fragen über Fragen; denn bis auf die schrägen und gruseligen Filmsequenzen, die auf ein postapokalyptisches Setting hindeuteten, blieb vor allem das Gameplay stets geheim. Umso interessanter gestaltete sich der Release des Spiels und umso höher waren die Erwartungen. Von LINH NGUYEN.
Kaum hat das Spiel begonnen, starten bereits massenhaft lange Videosequenzen, die in das Spiel einleiten soll. Was sind das für außerirdische Wesen? Welche Rolle haben die Figuren im Spiel? Wieso trägt er ein Baby in einer Wasserflasche? Was hat es mit dieser Frau im aufreizenden roten Kleid auf sich und wieso trinkt der Protagonist Getränke von Monster Energy? Insgesamt ist die Einleitung sehr stimmig und gut gelungen. Nicht verwunderlich, dass ihr nach dem Prolog Lust haben werdet, mehr über die Welt rund um Death Stranding zu erfahren.
Dass es sich hierbei um keine Low Budget Produktion handelt, wird schnell klar. Immerhin werden die Figuren von hochkarätigen Hollywood-Schauspielern verkörpert – allen voran Norman Reedus (The Walking Dead) als Protagonist Sam Porter Bridges.
Als Paket-Zusteller – ja, richtig gelesen – seid ihr die Schnittstelle zwischen den letzten verbliebenen Menschen und der postapokalyptischen Welt. Mit der Paketzustellung unterstützt ihr die UCA, eine Organisation mit dem Ziel der Wiedervereinigung der (nicht-mehr-vereinigten) Staaten. Selbstverständlich gibt es auch eine Separatistengruppe, die das mit aller Macht verhindern will und die euch auf eurer Reise durch das Ödland immer wieder begegnet. Außerdem gibt es noch die sogenannten BTs, außerirdische Wesen, die – wie wir in den kinoreifen Filmsequenzen sehen – Menschen auf ziemlich gruselige Art und Weise ums Leben bringen. Um die fiesen Wesen sehen zu können, tragen wir logischerweise ein Baby in einem mit Flüssigkeit gefüllten Behälter um unseren Bauch. Das BB, wie es im Spiel genannt wird, lebt und verhält sich wie ein Baby im Bauch der Mutter, kann schreien und weinen, wenn wir auf der Reise hinfallen. BB ermöglicht uns, um die Außerirdischen herum zu schleichen – es ist eine Lebensversicherung (und nicht nur Rentenversicherung, haha).
Ausbildung zum Paketzusteller
Während das Abliefern von Objekten in vielen Spielen nur ein Nebenquest ist, macht ihr das bei Death Stranding hauptberuflich. Klingt komisch, ist es eben auch. Gleichzeitig klingt es einfacher, als es ist. Ihr könnt die Pakete auf dem Rücken und am Arm tragen. Je mehr Gewicht ihr mit euch herumschleppt, desto instabiler wird euer Gang. Um beim Gehen nicht hinzufallen, müsst ihr mit den Schultertasten des Controllers die Balance halten – auf unwegsamem Gelände, bei der Durchquerung von Flüssen und dem Besteigen von Bergen gestaltet sich das gar nicht so leicht.
Doch nicht nur die Landschaften machen uns das Leben schwer, auch Feinde versuchen, die fristgerechte Zustellung zu verhindern. Ihr könnt meistens entscheiden, ob ihr um die Fieslinge herumschleicht oder sie direkt bekämpft. Für den Kampf stehen euch im Lauf des Spiels verschiedene Gadgets zur Verfügung, die ihr nach und nach freischalten könnt. Werdet ihr beim Schleichen entdeckt, ist das Spiel nicht gleich vorbei – ihr werdet stattdessen in eine Teer-artige Flüssigkeit hineingesogen und steht einem Mini-Boss in Fischform entgegen. Vor diesem könnt ihr versuchen zu fliehen oder mit der richtigen Ausrüstung gegen ihn kämpfen.
Habt ihr euer Paket ausgeliefert und somit den Auftrag abgeschlossen, gibt es Erfahrungspunkte in Form von »Likes«, wie in bekannten Social-Media-Netzwerken. Damit werden eure Attribute gesteigert. Die Menge an Likes richtet sich danach, wie schnell und wie viele Pakete ihr dem Kunden liefern konntet.
Vom Paketboten zum Brückenbauer
Bei Death Stranding handelt es sich um ein (offline) Open-World Spiel. Zumindest fast offline, denn auch, wenn ihr das Spiel grundsätzlich alleine erleben werdet, gibt es hin und wieder nützliche Hinweise, die andere Spieler hinterlegt haben. Das können Textnachrichten sein, aber auch hilfreiche Gegenstände (bspw. Leitern o.ä.). Wenn der Hinweis weiterhilft, könnt ihr die fremden Helferlein mit Likes belohnen. Die wenigen Rollenspielelemente gibt es in Form von Attributen, die ihr wie beschrieben aufwerten könnt.
Im Verlauf des Spiels könnt ihr Fahrzeuge und andere Transportmittel freischalten, um euren Kurierjob effektiver zu gestalten. Das Fahren bleibt aber erst mal eine Tortur, denn die Fahrzeuge bleiben regelmäßig an Steinen, Hügeln und Kanten hängen. Hier hilft der passive Onlinemodus. In diesem lassen sich verschiedene Materialien an verschiedene Spots transportieren und Straßen sowie Brücken mithilfe anderer Spieler bauen. Die Bezahlung: klar, Likes.
Fazit
Death Stranding ist ein sehr spezielles Spiel, das sich dadurch von anderen Spielen stark unterscheidet. Die einen werden es lieben, die anderen nicht. Viel zu oft bewegt ihr euch langsam durch die zwar sehr schön gestaltete, aber längerfristig monotone Landschaft. Doch nur durch das Ausliefern der Pakete erhält man mehr Details über die eigentlich sehr spannende Story und die Geschichte von Sam. Es ist etwas müßig… und auf Dauer wird das ständige Drücken der L2 und R2-Tasche nervig, nur um euren Paketjungen nicht auf die Schnauze fallen zu lassen.
Grundsätzlich bietet Death Stranding einen ordentlichen Spielumfang mit aufwendiger und gut durchdachter Story, die aber durch die langen Spaziergänge durch die Postapokalypse in die Länge gezogen wird. Auch an alternativen Nebenbeschäftigungen mangelt es, es sei denn, ihr seid begnadete Straßen- und Brückenbauer. Insgesamt ein solides Spiel, das mit seinen kinoreifen Grafiken punkten kann – aber nichts für ungeduldige Gamer ist, die auf actionlastige Spiele setzen.
- ca. 50 Stunden Spielumfang
- komplexe Story mit vielen langen Videosequenzen
- gute Inszenierung mit Schauspielern als Hauptcharakteren
- innovatives Gameplay
- schöne Landschaften und atemberaubende Atmosphäre im Open World-setting
- Steuerung und Gameplay gewöhnungsbedürftig
- Wege zum Ziel teils zu lang
Titelangaben
Death Stranding
Kojima Productions
erhältlich für Playstation 4 und PC