Im Doppelpack sind sie auf meinem Schreibtisch gelandet: zwei Mal Lyrik. Das Cover in grellem Mandarine für die Kleinen ab sechs, violett der Vorsatz; dunkles Gischtgrün auf der Außenseite für die Jugendlichen ab zwölf, innen ein gedämpftes Orange: Schön! ANDREA WANNER freut sich.
Noch ehe man die eh man die beiden kleinen Kostbarkeiten, die Nils Mohl zusammengereimt und Katharina Greve bebildert hat, aufmacht, lohnt es sich, ein bisschen bei den Covern zu verweilen. »könig der kinder« lautet das eine und bereits auf dem Umschlag spielt Greve mit einer ziemlich verrückten Variante der Bremer Stadtmusikanten.
Vier Tiere hat sie übereinandergestapelt, das unterste mit einem kuhgefleckten Schweinekörper und einem Löwenkopf, das oberste ein Fischvogel. Oder Vogelfisch? Oder Vischfogel? Oder Fogelvisch? Alle tragen ein Krönchen und wir finden sie auf Seite 10 wieder neben dem Gedicht »blische fubbern«. »tänze der untertanen« lockt mit einer Mülltonne, auf der zwei Hirnhälften abgebildet sind, Fußspuren umrunden den Abfallbehälter. Das dazugehörige Gedicht findet sich auf Seite 6:
einfach genial
ändert man
im wort
müll nur vier
buchstaben
hat man
plötzlich hirn
Mehr braucht der Jugendliteraturpreisträger Nils Mohl nicht, um zu irritieren, zum Lachen und zum Nachdenken zu bringen.
Lyrik ist nun nicht gerade der Kassenschlager. Weder bei den Erwachsenen noch in der Kinderliteratur. Gelegentlich reimen sich Bilderbücher, eher selten. Und nun das. Nur Gedichte. Tja. »Zwischen Pop und Morgenstern« bewegt sich die Lyrik, die tatsächlich auch für Einsteiger*innen geeignet ist.
Das Spektrum ist enorm: pornografisches haiku; 99 & 1 tipp zum selberbessermachen; lernen von den rock-royalties und langohren-bashing lauten Gedichte für die Jugendlichen. Pointiert, knackig, scharf und immer wieder saukomisch. Für die Kleinen gibt es die affen und der kokosnuss-muffin; der vulkan-erfinder; eselsbrücke oder kurzmärchen: vergnügliche Sprachspiele mit vertrauten Versatzstücken in neuen Kontexten.
Lyrik geht den einen Schritt weiter, zeigt, was Sprache auch kann, was sie mehr kann. Mohl macht das leichthändig und scheinbar mühelos. Darin liegt die Kunst, denn jeder einzelne Text ist eine gelungene kleine Komposition. Greve greift die Ideen auf, spinnt dazu kleine Zeichnungen. Sparsam wird Farbe eingesetzt und die Schrift darf schon mal ein bisschen mitspielen, sodass jede Doppelseite zum grafisch perfekten Arrangement wird.
Viel mehr möchte ich gar nicht verraten. Meine persönliche Empfehlung: Lyrik jeder Art gehört auf den Bücherstapel auf dem Nachttisch. Gedichte genießt man wie Pralinen: mal eine oder zwei, am nächsten Tag wieder eine. Und die hier sind wirklich vom feinsten!
Titelangaben
Nils Mohl: König der Kinder
Gedichte. Illustriert von Katharina Greve
München: mixtvision 2020
64 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 6 Jahren
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Nils Mohl: Tänze der Untertanen
Gedichte. Illustriert von Katharina Greve
München: mixtvision 2020
64 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 12 Jahren
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