Frühlingserwachen

Kinderbuch | Chiaki Okada/ Ko Okada: Bist du der Frühling?

Da muss man sich reindenken: Wenn man etwas so gar nicht kennt, etwas nie gesehen, gefühlt oder geschmeckt hat, es absolut nicht einzuordnen weiß, wo fängt man dann an? Googeln, würde jetzt bestimmt jemand sagen, aber was macht ein WLAN-loses Hasenjunge mitten im Wald, von einer brennenden Frage gequält? BARBARA WEGMANN hat sich die Geschichte angesehen.

Bist Du der FruehlingDie allerbeste Laune scheinen an diesem Morgen drei der vier Hasenkinder nicht zu haben. Missmutig sitzen sie mit den Eltern und ihrem noch kleinen, neugierig dreinschauenden Geschwisterchen am Frühstückstisch. Es gibt Bucheckersuppe. »Schon wieder! – Immer Bucheckern! -Wir wollen mal was anderes!« Klare Ansage mit missmutigen Falten auf der kleinen Hasenstirn. Die Mutter verweist auf den Frühling, der ja bald komme, dann werde sie »jede Menge feine Sachen kochen.« Das ist das Stichwort für das jüngste Langohr. Frühling, was ist das denn nun, und dann fangen die drei großen Brüder auch noch davon an. Es lässt dem Junior keine Ruhe mehr, raubt ihm während der Dunkelheit den Schlaf. Und als er in der darauffolgenden Nacht »irgendwo in der Ferne« Geräusche hört, die sich wie Schritte anhören, da weiß er: »Das muss der Frühling sein.« Es gibt kein Halten mehr, er läuft aus dem Haus.

Groß und erwachsen zu werden, das hat etwas mit Aus-dem-Haus-gehen zu tun, mit Freundschaften Schließen, mit dem Kennenlernen anderer Blickwinkel und mit viel, viel Neuem, das man lernt. So schaut der kleine Hase plötzlich viel weiter, sieht sogar das Meer, zusammen mit einem sehr großen, neuen Freund, dem er begegnet, einem Eisbären. »Zum ersten Mal kann der kleine Hase das Ende des Waldes sehen. ›Boah, wie das glänzt!‹« Aber ehe wir es vergessen: wo und wer ist denn nun der Frühling?

Kleine Hasenkinder sind irgendwie immer ein Klassiker, man muss sie einfach ins Herz schließen, tapsig, unbeholfen, dabei aber wach, neugierig, lernbegierig und so quietschlebendig. Dieses kleine Hasenjunge in Geschichte und Bildern des japanischen Paares Okada eroberte sich auch schnell die Herzen seiner kleinen deutschen Leser. Kein Wunder: Großformatige, sehr anmutige Zeichnungen sind es, in die sich der Text unaufdringlich einfügt, zarte und nur wenige Farben, man kann sie an einer Hand abzählen.

Die Motive sind schnell zu erfassen, die Bilder sind weitaus atmosphärischer denn unbedingt detailreich. Weiß, viele Grauschattierungen, zarte Brauntöne, das sind eben Hasen im Winter. Schließlich liegt überall Schnee im Wald, nirgendwo ist es grün oder bunt. Noch nicht. Und, wer oder was ist denn nun der Frühling? Er wird entdeckt, versprochen, und das alles ist so aufregend, dass man als heranwachsender Hase »ganz warme Bäckchen« bekommt.

Übrigens, ein Rezept für eine wenig gelittene Bucheckernsuppe habe ich zwar nicht gefunden, aber mit Mehl, Butter, Eiern, Backpulver, Zucker und Bucheckern kann man sehr leckere Buchecker-Cookies zaubern, vielleicht ja die passende kulinarische Begleitung zu diesem hübschen Bilderbuch.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Chiaki Okada/ Ko Okada: Bist du der Frühling?
Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
Frankfurt: Moritz Verlag 2019
32 Seiten, 14 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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