Drei Gedichte

Als Gärtner

Ich ziehe die Wortblumen auf,
aber nicht die unmögliche blaue,
sondern die nicht welkenden,
die ihre volle Schönheit
entfalten beim inneren Sehen.

Trotzdem sind sie voll und ganz da,
sie blühen gelb oder rot
in meinem kultivierten Garten,
schauen sogar zu mir herein,
wenn ich sie genau beschreibe.

Eine hat von der Sonne
den Namen geborgt und die Farbe,
jene erfreut mich mit ihrem
tiefen Trichterrot und andere
duften wie paradiesisch.

Ein drei Armlängen großes Geviert,
angebaut mit lauter Freude,
auch ein paar Exoten darin
von ganz südlichen Ländern
und von der Insel Kaalazza.

 

Grünes Auge

Gewöhnlich blinkt es ruhig auf
mit gleichmäßiger Taktung,
zeigt mir zuverlässig an,
daß mich niemand sprechen wollte,
während ich außer Haus war
oder im hintersten Zimmer.

Doch dann ist der Augenaufschlag
heftig und überschlägt sich fast
mit seinem grünen Winken,
signalisiert mir den Wunsch
nach einem schnellen Rückruf,
will mich zum Wählen verleiten.

Fast immer gebe ich nach,
nehme den Gesprächsfaden auf,
lasse mich aus der Reserve
locken in ein anderes Leben
und spreche mich selbst so aus,
als hätte ich was zu sagen.

 

Spuren

Der eingeschlagene Nagel
in der Wand, der abgetretene
Teppich und ein Mal an der Tür,
wo der rote Aufkleber saß,
überall Kerben und Flecken
des täglichen Lebens.

Noch der hingewehte Schmutz
auf dem Flur zeichnet deinen Gang
durch die Stunden mit Fusseln nach,
deine grobe Nachlässigkeit,
für mehr Klarheit zu sorgen.

Am Fenster die Wetterrinnen,
heruntergelaufen am Glas
als Muster von Regen und Sturm,
nicht weggewischt das Diagramm
der dunklen Jahreszeit.

| PETER ENGEL

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Was es heißt, ein Einzelner zu sein

Nächster Artikel

Leben

Weitere Artikel der Kategorie »Lyrik«

Drei Gedichte

Lyrik | Peter Engel: Drei Gedichte

Der berühmte Lichtblick

 

Heute hat er sich wieder gezeigt

ein paar Minuten lang, war dann weg

für den Rest des ganzen Tags

und das aufwallende Herz

fiel zurück in seine Kammer.

Drei Gedichte

Lyrik | Peter Engel: Drei Gedichte

Kiellegung eines Einfalls

Wenn er noch ganz formlos ist
und gerade erst geschlüpft,
gibt ihm ein tragendes Wort
den Grundstein, auf den setzen sich
weitere als Unterbau und Gerüst.

So arbeitet sich der Einfall
aus dem Ungefähren heraus
und nimmt seine Fassung an,
wird nach und nach deutlicher
und entwirft sich Sprachhaus.

Aufbruch in die Geschlossenheit einer offenen Landschaft

Lyrik | Andreas Altmann: Die lichten Lieder der Bäume liegen im Gras und scheinen nur so 2010 erschien im Verlag des poetenladens der Gedichtband Das zweite Meer von Andreas Altmann. Nach der Neuauflage des Buches als Taschenbuch und dem 2012 veröffentlichten Sammelband Art der Betrachtung mit ausgewählten Gedichten aus den letzten 20 Jahren erschien in diesem Jahr nun der neue Lyrikband Die lichten Lieder der Bäume liegen im Gras und scheinen nur so. Von STEFAN HEUER

Beschriftungen

Lyrik | Wolfgang Denkel: Beschriftungen

Ein Sturm beginnt so plötzlich, dass Vögel, die sich in der Luft befinden, hin und her getrieben werden wie welke Blätter.

Für den, der nichts ändern will, gibt es immer noch das Gewissen, als bequeme Lösung. Nicht nur das gute Gewissen ist ein Ruhekissen, sondern das Gewissen überhaupt. Es bietet die Möglichkeit, Notwendiges zu unterlassen, es nimmt gerne auf sich.

heidelberg-nord, abendlauf

TITEL-Textfeld | Şafak Sarıçiçek: heidelberg-nord, abendlauf der zeiger weist auf vier uhr früh die stadt liegt betrunken zu beiden seiten des neckars schwarzer wasserleibesfülle einsame lastwagen tuckern