Drei Gedichte

Lyrik | Peter Engel: Drei Gedichte

Leben im Februar

Schon am Vormittag mit Lampenlicht,
um den Tag aufzuhellen
und den Stift sicher zu führen,
Düsternis fällt in die Zeilen
und läßt sich nicht wegschreiben.

Ein unentschlossener Himmel
in der Mittagszeit und manchmal
fast eine Ahnung von Frühling,
festgemacht an einfallenden
Strahlen, die das Zimmer ausleuchten.

Abends keine Nachrichten hören,
sie würden die Worte verdunkeln
und wieder abkühlen die Luft,
die warm im Raum zirkuliert
wie in der Kinderbuchzeit.

Gedankenbrief

Wenn ich dir schreibe ohne Stift und Papier,
sollst du es spüren als leichten Luftzug,
wie Wellen läuft es auf an deinem Strand
und ist dir ein Rauschen im Ohr,
das du beinahe verstehen kannst.

Drehst du den Tag um wie ein Kuvert,
fallen am Abend meine Worte heraus
und du kannst sie vorm Einschlafen lesen,
ich habe die glasklaren ausgewählt,
die deine Träume nicht beschatten.

Danach

Dort stehen noch deine Sandalen
neben meinen als einträchtiges
Paar und wie eine Erinnerung,
aber du schlüpfst nicht mehr hinein
und hast sie zurückgelassen.

Der Spiegel hält dein Bild nicht,
du bist aus seinem Rahmen
gefallen, der dich so häufig
umfaßt hat und so freudig,
weil er dich gern betrachtete,

Ein vergessenes Taschentuch
unterm Kissen, wo dein Kopf lag,
aber nichts von deinem Duft,
weil er zart und flüchtig war,
hast du ihn mitgenommen.

Ob noch ein Ton geblieben ist
von dir in einem der Zimmer?
Ich höre nichts beim Horchen,
nirgends hat sich was verfangen,
es ist ganz still und stumm.

| PETER ENGEL

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Nicht nur ein Zimmer für sich allein

Nächster Artikel

Ankommen

Weitere Artikel der Kategorie »Lyrik«

»hier war doch« was – Magie der Sprache en miniature

Lyrik | Doris Runge: man könnte sich ins blau verlieben Doris Runge, die Grande Dame der poetischen Wortkunst, hat ihren neuen Lyrikband ›man könnte sich ins blau verlieben‹ im Göttinger Wallstein Verlag vorgelegt. Sie besingt die feinsinnigen, zauberhaften Zwischenwelten, die uns im Alltag nicht so leicht in den Sinn kommen, obgleich es wohl gerade die scheinbar so leisen Zwischentöne sein dürften, die unser Leben wertvoll machen. Von HUBERT HOLZMANN

Zu Besuch

Lite Ratur | Wolf Senff: Zu Besuch Paul misstraute äußerlichen Abläufen, einer davon war eingeteilte Arbeit, er sträubte sich gegen Vorschriften jeglicher Art, er hatte nie eine Armbanduhr getragen, als man noch Armbanduhren trug. Er hätte als Versager gelten können, doch bei ihm war kein Gedanke daran. Tim hatte ihm die Fahrkarte zugeschickt, das war nun einmal Tim, er erwarte ihn gegen Mittag, sie kamen gut miteinander aus, mehr konnte niemand wünschen.

Gedichte III

Lyrik | Peter Engel: Gedichte III

Moment in Kius, schleiwärts

Zusehn beim Sammeln des Honigs
und wie sich die Schatten verschieben,
ganz langsam wandert die schnelle
Zeit über die Wiese hin,
die Gräser einzeln ausgeleuchtet.

Völlig inkorrekter Wunsch

Lyrik | Peter Engel: Drei Gedichte

Völlig inkorrekter Wunsch

Mit einem Hauch deines Atems
und mit deiner warmen Hand,
mit der Ausstrahlung deiner Augen
und einem ganz tiefen Blick,
steck mich an mit dir.