Baumhäuser gehören ganz sicher zu den großen Träumen, die jedes Kind hat. So ein Ort in luftiger Höhe, in dem man sich verstecken kann, seine Ruhe hat vor nervigen Erwachsenen, den eigenen Gedanken nachhängen kann und in dem nach eigenen Vorstellungen gestalteten Raum sich selbst gehört. So gesehen übertrifft dieses Bilderbuch alles, was man sich wünschen kann, findet ANDREA WANNER.
Ein Baumhauswettbewerb? Zunächst denkt man da sicher an ehrgeizige kleine Baumeister und Architektinnen, die sich so einen Rückzugsort gebaut haben. Von wegen. Wer hier gegeneinander antritt, sind ganze Baumhausreiche, die weltweit in unterschiedlichen Bäumen beheimatet sind. Und wer jetzt anfängt zu blättern, kommt aus dem Staunen garantiert nicht mehr raus!
Mit einem gut ausgerüsteten Vogel als Reisebegleiter geht es zunächst nach Japan zum Kampferbaum, danach kommt die küstennah wachsende Schirmkiefer, die auch in Griechenland wächst. Weiter geht es zur mexikanischen Sumpfzypresse, die – wie ihr Name schon verrät – in Sümpfen wächst. Es folgen die uns allen bekannte Eiche, eine Zeder im Schnee, ein Feigenbaum und den Abschluss macht ein Baobab. Sieben Bäume, die wir zunächst in ihrer ganzen Pracht in typischer Landschaft sehen und über die wir allerlei Wissenswertes erfahren. Und danach wird umgeblättert, um das Ergebnis der Bauarbeiten der Kinder in dem jeweiligen Baum zu bewundern.
Die großformatigen Doppelseiten sind im Stil eines Wimmelbuchs gestaltet – und wimmeln ist genau das Wort, das einem bei dem munteren Treiben in den Bäumen einfällt. Kinder ohne Enge machen es sich in Hängematten gemütlich, hangeln sich an Seiten entlang, schwingen sich von Ast zu Ast, toasten sich Brot, schlürfen Tee, kuscheln sich bei Nacht in ihre Kissen, sind mit dem Rollstuhl in dem Astgewirr unterwegs, bauen Baumhausschneemänner, ziehen sich in das unterirdische Wurzelwerk der Baumriesen zurück, rutschen von Baumrutschen ins Wasser, schmökern in Büchern … Nichts, was es nicht gibt.
Jeder Baum ist von Wegen, Strickleitern, Lastenaufzügen, großen und kleinen Plattformen und gewagten Konstruktionen jeglicher Art durchzogen. Überall wird gespielt, gewerkelt, gelacht, ausgeruht, gegessen, geplaudert. Je nach Jahres- und Tageszeit ändern sich die Aktivitäten, die jeden Baum zu einem kleinen Universum machen, in dem alles möglich ist und alles geschieht.
Mit unendlicher Liebe zum Detail setzt Camille Garoche das alles in Szene, packt ein Feuerwerk an Ideen aus und lässt uns beim Anschauen ein bisschen neidisch werden: Wäre das toll, auf so einem Baum leben zu dürfen! Oder ihn wenigstens einmal besuchen zu dürfen.
Aber welchen? Das Ganze ist ja ein Wettbewerb. Gewinnt die Schirmkiefer, wo ein Solarofen in den höchsten Zweigen für Energie sorgt und ein richtiges kleines Boot zum Piratenspielen einlädt? Oder soll der Preis an die Sumpfzypresse gehen, wo man an alten Autoreifen schaukeln kann und es gemütliche kleine Hängezelte gibt? Oder doch an den Baobab, wo ein toller Aussichtspunkt mit Teleskop zum Sternegucken einlädt und sogar eine kleine Filmleinwand für nächtliche Vorführungen vorhanden ist?
Die Vögel haben die Qual der Wahl. Aber nicht nur die! Alle sind eingeladen, Jurymitglieder zu werden und den Namen ihres Gewinnerbaums auf ein Blatt Papier oder ein echtes Blatt zu schreiben und an den Verlag zu schicken. Was für eine tolle Idee, die für endlose Diskussionen sorgen wird, ehe der Lieblingsbaum gefunden ist. Und dann werden sicher mit kritischen Blicken die Bäume in der Umgebung gemustert: Vielleicht ließe sich da ja wenigstens ein gaaanz kleines Baumhäuschen bauen …
Titelangaben
Camille Garoche: Der große Baumhaus-Wettbewerb
(Le Concours de cabanes, 2022)
Aus dem Französischen übersetzt von Alexandra Romary
Münster: Bohem Press 2023
40 Seiten, 22 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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