Bücher-Leidenschaft

Kinderbuch | Annie Silvestro: Der Waldbuchclub

Ein kleiner Hase wird im Sommer zufällig Zeuge einer Lesung für Kinder im Freien vor der Bibliothek. Seine Leidenschaft für Literatur ist geweckt und er setzt alles daran, an Lesefutter zu kommen. Von ANDREA WANNER

Tiere sitzen unter einem Baum und lesen Bücher.Wer wie der Hase einmal erkannt hat, dass man sich mit Büchern in andere Länder träumen kann, in neue Rollen und Identitäten schlüpfen, ganz ohne Gefahr Abenteuer ohne Ende erleben kann, den lässt das ein Leben lang nicht mehr los. So ist er zunächst mit seiner Zuhörerrolle durchaus zufrieden.

Als aber der Sommer zu Ende geht und die Vorlesestunde wieder ins Innere der Bibliothek verlegt hat, hat er ein Problem. Also sucht er selber nachts nach einem Zugang in das Reich der Bücher und findet ihn tatsächlich über die Rückgabeklappe. Im Inneren erwartet ihn ein Paradies, »besser als ein Feld knackiger Karotten«. Um seinen Lesehunger zu stillen, schleppt er stapelweise Bücher in sein Zuhause im Wald. Na ja, korrekt ist das natürlich nicht, aber darüber macht er sich keine Gedanken, sondern taucht ab in die Welten, die sich vor ihm auftun.

Hoppels Abwesenheit im Wald fällt auf und so steht eines Tages das Stachelschwein vor der Tür und fragt nach dem Treiben des Freundes. Der outet sich als Leser und nimmt seinen verdutzen Freund mit zu einer nächtlichen Tour durch die Bücherei. Auch der lässt sich vom Lesefieber anstecken. Und er bleibt nicht der einzige: Bär, Maulwurf, Maus, Eichhörnchen, Vogel, Frosch und Waschbär wollen auch in den Genuss von Lektüre der unterschiedlichsten Art kommen und folgen dem Hasen durch die Rückgabeklappe – was sich beim Bär schwierig gestaltet.

Es kommt, wie es kommen muss: Sie werden auf frischer Tat von der Bibliothekarin ertappt. »Wir sind erledigt«, stellt das Stachelschwein fest und überraschen würde es nicht, wenn es jetzt richtig Ärger gäbe. Und so klingt auch der erste, strenge Satz der Dame: »In der Bücherei gibt es Regeln«. Klar. Aber dann geht es überraschend weiter.

Einige Tiere aus dem Wald sitzen in einem Wohnzimmer, in dem ein Kaminfeuer brennt, und lesen.
Leseprobe
(Bohem Verlag)

Annie Silvestro hat sich eine amüsante Geschichte übers Lesen ausgedacht, die viel von der Faszination transportiert, die zwischen zwei Buchdeckeln steckt. Dazu gibt es niedliche Bilder mit viel Gewimmel, Details und jeder Menge Bücher von Tatjana Mai-Wyss. Wie gut, dass es Bibliotheken gibt, die allen offenstehen und mit dem versorgen, was man zum Leben braucht – zumindest als Leser*in!

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Annie Silvestro: Der Waldbuchclub
(Bunny’s Book Club, 2017)
Aus dem Amerikanischen von Kathrin Bögelsack
Illustriert von Tatjana Mai-Wyss
Affoltern: Bohem 2023
40 Seiten, 17 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Das Grauen lauert im Alltäglichen

Nächster Artikel

Wer spart nicht gern

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Pommes und Mais

Kinderbuch | Rogé: Rogers Pommesbude

Nicht alle Hunde sind gleich. Manche mögen Briefträger beißen und Autos hinterherbellen, andere, wie Roger, denken lieber über das Leben nach. Und finden dann plötzlich eine Aufgabe und werden berühmt. Aber selbst das reicht nicht immer. Von GEORG PATZER

Auf der Suche nach dem Ursprung

Kinderbuch | Manfred Schlüter: Am Anfang sagte der Apfel Irgendwann muss alles einmal angefangen haben. Wie, das wissen wir nicht. ANDREA WANNER hat die Schöpfungsgeschichten von Manfred Schlüter gelesen.

Sommerfeeling pur

Kinderbuch | Judith Burger: Ringo, ich und ein komplett ahnungsloser Sommer

Asta steckt voller Vorfreude auf einen wundervollen Sommer. Ringo, ihr bester Freund, wartet wie jeden Sommer auf sie. Und sie wird sich einen großen Traum erfüllen und endlich auf der Bühne stehen. Von ANDREA WANNER

Echter Geheimtipp

Kinderbuch | S. Collins: Gregor und die graue Prophezeiung Wovor sich die meisten Menschen ekeln und was auch Gregor widerlich findet, begeistert eine Zweijährige. Und ANDREA WANNER

Ein fürsorglicher Tigervater und ein kleines Vögelchen

Kinderbuch | Nele Brönner: Das Tigerei Erziehung hat immer so seine Tücken. Da kommt der Tiger plötzlich zu einem kleinen Kind, noch dazu einem piepsigen Vögelchen, und dem bringt er natürlich als erstes das Fauchen und Brüllen bei. Böse sieht es aus. Aber ein kleines Vögelchen ist nun mal kein Tiger. Wie mag das bloß ausgehen? Von GEORG PATZER