Nicht immer braucht es eine fiktive fesselnde Geschichte um ein Buch nicht mehr aus der Hand zu legen, auch ein Lebenslauf kann so spannend sein, dass man ihn fasziniert verschlingt. Die Sachbuch-Reihe beim Adrian Verlag über prominente Menschen ist so ein Beispiel. BARBARA WEGMANN hat das Buch über Albert Einstein gelesen.
Gehört habt ihr sicher schon von Albert Einstein, so viele bekannte Zitate hat er hinterlassen. Es gibt ihn als Aufkleber, sein Portrait auf Kaffeetassen und Postern oder Postkarten. Oft streckt er ganz verrückt die Zunge weit heraus, seine Haare sehen ungewöhnlich aus, als stünde er unter Strom. Ein Genie soll er sein, sagen alle. Oder verrückt – sagen manche. Zeit, dass man all das Gehörte einmal mit Fakten untermauert und nachliest: Wer war dieser Einstein, der 1879 in Ulm geboren wurde, denn nun wirklich.
Ein schlechter Schüler war er, ein »fauler Hund«, so die Lehrer. Von der Schule geflogen ist er, ein schüchternes, pummeliges und blasses Kind, still. Angeblich soll Einstein, bis er drei oder vier Jahre alt war, kein Wort gesprochen, dann aber eines Abends am Tisch gesagt haben, die Suppe sei zu heiß. Auf die Frage seiner erstaunten Eltern, warum er nie etwas gesagt habe, kam, so die Erzählung, die Antwort, bis jetzt sei ja alles in Ordnung gewesen. Die Eltern machen sich Sorgen, ist mit seinem Gehirn etwas nicht in Ordnung? Einstein war ein Denker und er lernte, was ihm wichtig war. Und er war der Ansicht: »Die Fantasie ist wichtiger als das Wissen. Wissen ist begrenzt. Die Fantasie aber umspannt die Welt.« Seine Lehrer waren davon nicht begeistert, Albert werde es nie zu etwas bringen, sagten sie. Da lagen sie ganz schön daneben.
Es ist sicher schon eine Herausforderung, das Leben eines weltberühmten Genies, Erfinders, Denkers, eines so begnadeten Physikers in einem Buch für Kinder ab 8 Jahren darzustellen. Und ich bin mir sicher, dass junge Leser nicht unbedingt bis ins Letzte die Magnetfelder der Erde, Einsteins vierte Dimension, (neben Länge, Breite und Höhe eben auch die Zeit), seine berühmte Formel E=mc^2, mit der Einstein bewies, dass »alle Materie von einer Feder bis zu einem Felsbrocken Energie enthält« oder auch die Krümmung eines Raumes verstehen. Aber: Alles klingt unglaublich faszinierend, wie aus einer anderen Welt. Stell dir vor, »du bist vier Jahre alt und leuchtest mit einer Taschenlampe in den Himmel, während du im Garten bist. Zehn Jahre später bist du vierzehn und mähst den Rasen und BAMM – das gleiche Licht fällt dir in die Augen. Was für eine Überraschung.«
Autor Jess Brallier trifft absolut den richtigen Erzählton, baut Einsteinzitate ein, die sprachlich ebenso auf einfache Art komplexe Dinge erklären. »Wenn ein Mann eine Stunde lang mit einem hübschen Mädchen zusammensitzt, kommt ihm das wie eine Minute vor. Aber wenn er eine Minute auf einem heißen Herd sitzt, erscheint sie ihm länger als eine Stunde. Das ist Relativität«.
In dieser Sprache bleibt da auf jeden Fall etwas hängen, die Neugier ist geweckt, es ist ein Anfang, man hat eben schon einmal davon gehört und irgendwann wird man in späteren Jahren vielleicht wieder auf den Namen Einstein stoßen. Die außerordentlichen Erfindungen und Erkenntnisse Albert Einsteins sind die eine inhaltliche, sachliche Seite des Buches: Die wenigen Passagen sind stets farbig abgesetzt, die Texte so einfach wie irgend möglich gehalten. Sein Leben, sein Alltag, seine Biografie, also der Hauptteil des Buches, ist in der Tat sehr altersgerecht erzählt. Viele Bleistiftskizzen begleiten den Text, machen Lesen und Verstehen noch lebendiger. Das ist doch alles zusammen die Hauptsache für junge Leser. Das liest man auf jeden Fall wie eine richtige Geschichte, die schillernde Geschichte und das so facettenreiche Leben eines eben sehr besonderen Menschen. Die häufigen Wohnortwechsel, das Privatleben Einsteins, seine, salopp gesagt, etwas schusselige Art – oft vergisst er den Hauschlüssel, oder er trägt nicht zusammenpassende Socken – seine Eigenart, stets auf Reisen seine Geige bei sich zu haben, sein Physikstudium in Zürich, seine erste Liebe, Heirat, Kinder.
Aber: »Albert hat seine Entscheidung, die Wissenschaft der Familie vorzuziehen, nie in Frage gestellt«. Nie könne die Familie so wichtig sein, wie seine Fähigkeit, frei zu denken. Albert war Jude, wird von Hitler zum Spion erklärt, ein Todesurteil ausgestellt, seine Bücher landen auf dem Scheiterhaufen. Über Belgien geht schließlich Einsteins Flucht nach Amerika. Dort setzt er sich, getrieben von der Angst, die Deutschen würden der Entwicklung zuvorkommen, für die Atombombe ein, zu deren Erfindung er mit seiner weltberühmten Formel maßgeblich beträgt. Dabei betont er stets, wie sehr er den Krieg hasse, setzt sich immer wieder bis zu seinem Tod 1955 für die Abschaffung der Atomwaffen ein.
Und dann blieb da noch die spannende Geschichte mit Einsteins Gehirn … Wie gesagt, es bleibt Vieles hängen, versprochen.
Titelangaben
Jess Brallier: Wer war Albert Einstein?
(Who Was Albert Einstein?, 2002)
Illustriert von Robert Andrew Parker
Coverillustration von Alexandra Helm
Berlin: Adrian 2023
104 Seiten, 12,95 Euro
Kinderbuch ab 8 Jahren
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