Wenn hierzulande ein Kind nicht gut sieht, stellt das ein Arzt, meist der Kinderarzt bei einer Vorsorgeuntersuchung, schnell fest und es kann mit einer Brille Abhilfe geschaffen werden. In Burkina Faso ist das nicht so einfach. Von ANDREA WANNER
Fatouma erzählt ihre Geschichte. Das aufgeweckte Mädchen kann gut beschreiben, was es sieht – und was eben nicht. Der Vogelschwarm, der sich auf einem Baum niederlässt, sieht für sie wie Rauch aus. Alles in der Nähe – wie beispielsweise den kleinen Käfer auf ihrer Hand, erkennt sie deutlich. In der Schule ist das ein Problem, denn Fatouma sieht, was sie selbst in ihr Heft schreibt, aber die Buchstaben an der Tafel kann sie nicht lesen. Da ist die Nachricht, dass ein Besuch von Leuten in der Schule, die Brillen machen können, geplant ist, eine tolle Neuigkeit. Zwei Optikerinnen machen mit den Schülerinnen und Schülern einen Sehtest und suchen für die, nicht es brauchen, Brillengläser in der passenden Sehstärke aus, die sie gleich mitgebracht haben. Alle dürfen sich dann ein Brillengestell aussuchen, in das die Gläser eingesetzt werden und das gleich angepasst wird.
Fatouma kann es kaum fassen: Sie ist stolze Besitzerin einer Brille in Türkis mit zwei durchsichtigen Perlen. Die Buchstaben an der Tafel sind plötzlich kein Problem mehr und sie feiert mit ihren Freunden am Abend, dass sie jeden einzelnen Vogel des Vogelschwarms erkennen kann.
Wiltrud Wagner findet die richtigen Worte, um Kinder an diesem ebenso alltäglichen wie besonderen Schicksal teilhaben zu lassen. Das Glück und die Begeisterung über das Hilfsmittel, das vielen Kindern endlich ermöglicht, richtig zu sehen, ist auf jeder Seite spürbar und so ganz anders als die Selbstverständlichkeit, mit der bei uns ärztliche Unterstützung, passende Medikamente und Hilfsmittel erlebt werden.
Im Nachwort erklärt die Autorin, was es mit dem Verein »EinDollarBrille« auf sich hat, die mit einer von einem deutschen Lehrer entwickelten Biegemaschine aus Federstahldraht preisgünstige Brillen herstellt. Eine enorme Errungenschaft!
Was bleibt, sind die Eindrücke, die die fröhlichen Bilder in warmen Farben hinterlassen. Nah am Geschehen zeichnen sie ein lebensfrohes und optimistisches Bild des afrikanischen Landes, wenn Hilfe da ankommt, wo sie gebraucht wird. Einen Link zur Seite, auf der man sich weiter informieren – und auch spenden kann – gibt es natürlich auch.
Titelangaben
Wiltrud Wagner: Eine Brille für Fatouma
Aachen: Edition Pastorplatz 2024
34 Seiten, 16 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren