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Digitale Spielwelten als Spiegel der Gesellschaft

Digitalspielkultur | Interview mit Addrich Mauch über Game Studies, Soundscapes und die Zukunft der Digitalspielforschung

Im Gespräch mit RUDOLF THOMAS INDERST gibt der Game-Studies-Forscher Addrich Mauch Einblicke in sein interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Schweizer Spielkultur. Er erklärt, wie Sound und Musik virtuelle Welten formen und was die Zukunft der Digitalspielforschung bereithält. Von persönlichen Spielerfahrungen bis zu gesellschaftlichen Einflüssen – digitale Spiele sind mehr als bloße Unterhaltung.

Rudolf Thomas Inderst (RTI): Guten Tag Addrich Mauch, danke, dass Sie sich für unsere Unterhaltung Zeit nehmen. Bitte stellen Sie sich doch unseren Leser:innen kurz vor – wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus und an welchen Projekten arbeiten Sie zur Zeit?
Ein Porträtfoto des AutorsAddrich Mauch (AM): Guten Tag und herzlichen Dank für die Einladung.
Als Forscher im Bereich Game Studies beginnt mein Tag oft mit einem (oder mehr) Kaffee und einem kurzen Blick in die neuesten Spieletrends – ich spiele mich quasi in den Arbeitstag hinein. Ich habe das Glück, eine meiner Leidenschaften zu meinem Beruf gemacht zu haben. Derzeit arbeite ich als Post-Doktorand in dem interdisziplinären SNF-Forschungsprojekt ›Confoederatio Ludens‹, bei dem wir die Wechselwirkung zwischen Spiel(design)kultur und der Digitalisierung in der Schweiz untersuchen. In dem Teilprojekt ›Swiss Gamescapes+‹ fokussieren wir uns dabei auf individuelle Spieler:innen-Erfahrungen aus den 1970ern bis in die späten1990er in der Schweiz: was, wie, wo, wann, wieso, wie viel und von wem mit wem gespielt wurde. Mein Arbeitsalltag ist eine bunte Mischung aus Interviews, Schreibarbeit, Datenanalyse, Teamgesprächen und natürlich – Spielesessions. Zusätzlich gebe ich momentan einen Kurs am Institut für Musikwissenschaft in Bern, in dem wir uns mit digitalen Räumen aus den Perspektiven der Ludomusikologie und der Musiktheaterwissenschaft auseinandersetzen. Abends oder an meinen freien Nachmittagen freue ich mich, meine Kinder von der Schule oder der Kita abzuholen, oder schleppe meinen Kontrabass zum Proberaum der Band Annika Strand, wo wir gerade unseren nächsten Plattenrelease vorbereiten.

RTI: Wir wollen uns heute über Ihr neues Buch ›Vrummmummmmm FVISH! Soundscapes as Part of Constant Conversations in Action-Adventure Video Game Heterotopias‹ unterhalten. Wie kamen Sie auf das Thema?
AM: Bereits in meinem Grundstudium in Musikwissenschaft habe ich mich mit dem Spannungsfeld des Menschen zwischen Technik, Medien und Kultur auseinandergesetzt. Damals war das Streamen von Musik noch eine Neuheit, und ich wollte wissen, was das mit musikalischen Formen wie Konzeptalben macht. Obwohl heute kaum noch jemand einen CD-Spieler hat, ist das bevorzugte Format von Bands sowie Hörer:innen mit neuer Musik immer noch das Album, das seine Länge an Beethovens Neunter orientiert, für die die Spieldauer einer CD konzipiert wurde. Wir nehmen Inhalte über Medien in ganz bestimmten Formen wahr und interagieren mit ihnen. Und diese Formen haben praktisch immer einen kulturhistorischen Hintergrund und sind Bestandteil unserer alltäglichen Wahrnehmung der Welt. Gleichzeitig ist diese Wahrnehmung eine Abbildung unseres subjektiven Weltbildes, welches in seiner Gesamtheit wiederum unsere Gesellschaft bildet. Ich war fasziniert von der Interaktivität digitaler Spiele auf verschiedensten Ebenen, und da spielen Musik und Sounds natürlich eine große Rolle, im größeren gesellschaftlichen Rahmen, sowie direkt beim Spielen. Auch wenn sich ein Spieldesign sehr einfach anfühlt, ist die Kommunikation zwischen Spieler und System über Bild, Sounds, Controller, evt. auch Haptik enorm komplex und kodiert. Das Verstehen dieser Sprache funktioniert teils intuitiv, aber auch erlernt. Und aktiv ausgeübte Sprachen haben ja immer auch die Eigenschaft, die Gesellschaft zu beeinflussen oder zumindest zu reflektieren. In einem breiteren Kontext bin ich auf der Suche nach dem Kern, der eine Gameworld, die Welt eines digitalen Spiels, ausmacht. Diese fiktiven Welten sind einerseits Spiegelungen unserer Welt, unterscheiden sich aber grundsätzlich von ihr und auch anderen fiktiven Welten wie in der Literatur, dem Theater oder Film. Das macht sie auch so mächtig in Bezug auf unsere Gesellschaft. Wie in anderen Medien gehen wir in den meisten Spielen einen fiktiven Pakt mit dem Protagonisten ein: Wir tun so, als ob wir diese Figur wären und identifizieren uns damit, wissen aber jederzeit um dieses Rollenspiel. Für mich befinden sich digitale Spiele im Moment in einer Phase des »Coming of Age« – sie sind in einigen Aspekten schon sehr »realitätsnah«, aber deutlich unterscheidbar von unserer Realität. »Realitätsnah« in Anführungszeichen, weil Spielwelten einerseits eben nicht 1:1 unsere Welt abbilden, sondern verstärken, reflektieren, negieren oder abstrahieren, und andererseits sich unsere Realität auch digitalen Räumen annähert und diese sich durchmischen. Ich bin überzeugt, irgendwann, sei es in 50, 100 oder 500 Jahren, können wir allein mit unseren Sinnen digitale Welten nicht mehr von physischen unterscheiden, oder diese Unterscheidung wird keinen Sinn mehr ergeben. Deswegen will ich die Eigenschaften von diesen Spielwelten erfassen. Wir haben das große Glück, digitale Welten gerade von den Geburtsstunden, aus den ersten Pixeln, zu ebenbürtigen Realitäten beobachten zu können. Ohne mich jetzt zu irgendwelchen ideologischen Standpunkten positionieren zu wollen, hat das für mich durchaus Aspekte, die man spirituell bezeichnen könnte, wenn man beispielsweise hinduistische Weltanschauungen betrachtet, in denen unsere Realität ein partizipatives Schauspiel darstellt, welches digitalen Spielen nicht unähnlich ist. Ich denke, dem Wunsch, sich (zumindest für eine Weile) in digitalen Spielen zu verlieren, liegt etwas tief in unserem Wesen Verankertes. Ein weiterer Aspekt, zu dem ich in meiner Forschung immer wieder komme, ist die subjektive Wahrnehmung des Objekts digitales Spiel. Ein Spiel kann als Artefakt bis auf die letzten Bytes beschrieben werden, ist aber nichts ohne die Partizipation und Wahrnehmung des Spielers. Als Kulturanthropologe gehe ich sogar so weit, dass das Spiel letztendlich nur die Erfahrung des Spielers ist, alles andere sind für mich Metadaten (die natürlich auch ihre Wichtigkeit haben). Und genau diese Erfahrung interessiert mich. Wie es einst der Soziologe Lucius Burckhardt mit der Spaziergangswissenschaft formulierte, kann ein Betrachter einer Landschaft nie von einer tatsächlichen Beschaffenheit einer Landschaft erzählen (was auch immer das sein mag), die er bewundert hat, sondern nur von dem, was sein kulturell, gesellschaftlich und sonst irgendwie geformtes Hintergrundwissen aus einer Landschaft interpretieren kann. Spieler:innen formen in gewisser Weise das, was wir schlussendlich als Objekt eines digitalen Spiels sehen. Das war meine Motivation, dieses Buch zu schreiben, diese komplexe Interaktion zwischen Spieler:in und Spiel durch Sound, die schlussendlich die Wahrnehmung des Spielenden formt, zu entwirren.

RTI: Bitte führen Sie uns ein wenig durch Ihre zentralen Erkenntnisse.
Ein Videospielcontroller, ein Notizblock, ein Stift und KopfhörerAM: In meinem Buch ›Vrummmummmmm FVISH!« Soundscapes as Part of Constant Conversations in Action-Adventure Video Game Heterotopias‹ habe ich mich mit zwei zentralen Forschungsfragen auseinandergesetzt: Wie können musikethnologische Feldforschungsstudien in digitalen Spielwelten durchgeführt werden, und wie werden virtuelle Räume durch Sound und Musik erschaffen, manipuliert und erfahren? Die Ergebnisse lassen sich aus zwei eng miteinander verwobenen Perspektiven betrachten: einer theoretischen Sicht auf die Funktionalität der Soundscape eines digitalen Spiels und der Interaktion zwischen Spieler:in und System, sowie einem methodologischen Fokus auf angepasste musikethnologische Feldforschung und Analyse von Gameworld-Soundscapes. Aus theoretischer Sicht schlage ich das Konzept der »konstanten Konversation« vor, ein Begriff, der ursprünglich von dem Game-Sound-Designer Bjørn Jacobsen geprägt und in meiner Studie weiterentwickelt wurde. Dieses Konzept betrachtet die Interaktion zwischen Spieler:in und Videospiel als einen Kommunikationsprozess zwischen zwei Teilnehmer:innen, nicht nur als die Interaktion eines »Lesers« (oder Leserin) mit einem Artefakt. Um diese kodierte, mehrschichtige audiovisuelle Sprache zu verstehen, habe ich das »Sound-Strand-Modell« entwickelt. Dieses Modell beschreibt den grundlegenden akustischen Wortschatz, den Spieler:innen interpretieren und verstehen müssen, um ein Spiel zu spielen. Meine Intention war dabei nicht, eine neue weitere Theorie zu schaffen (meiner Meinung nach gibt es mehr als genug, die schlussendlich immer wieder das Gleiche aus verschiedenen Perspektiven aussagen), sondern bestehende aus den Game Studies und insbesondere der Ludomusikologie in einem Modell stimmig zu vereinen. Methodisch habe ich mich ganz an meiner Mutterdisziplin, der kulturellen Anthropologie der Musik, orientiert und zeige Möglichkeiten auf, klassische Feldforschung in digitalen Räumen durchzuführen. Dabei war mir insbesondere die Beschaffenheit von Spielwelten als Heterotopien (Foucault), reale Orte, an denen unsere soziale, kulturelle, politische etc. Welt gespiegelt wird, wichtig. Als weiteres Merkmal führe ich diverse Soundwalks in den Fallstudien durch. Soundscapes und Soundwalks sind zur Zeit absolute Modebegriffe, was ich erst sehr spät bemerkte, aber es gibt kaum gründliche methodologische Überlegungen dazu. Natürlich hört sich Soundwalking auch sehr gut und einfach an, aber die Autoren (z. B. Hildegard Westerkamp), die diese Begriffe geprägt haben, hatten einen sehr breiten wissenschaftlich-theoretischen Hintergrund, und dem wollte ich gerecht werden. Soundwalks sind besonders ergiebig, wenn es um den persönlichen und subjektiven Bezug zwischen Hörer und Sounds geht. Bei der Analyse einzelner Sounds schlussendlich ist es immer wieder erstaunlich, wie vielschichtig der Informationsgehalt derer ist – oft weit komplexer als von den Macher:innen intendiert, wie die Interviews mit verschiedenen Sound-Designern zeigen. Als ich damals meine Masterarbeit geschrieben habe, habe ich 30 verschiedene Kategorien von Sounds und Musik in ›Assassin’s Creed Syndicate‹ (Ubisoft 2015) herausgearbeitet, was ziemlich unübersichtlich und nicht besonders aussagekräftig war. Diesen eher positivistischen Ansatz habe ich aufgegeben. Die Kombination des Verständnisses eines digitalen Spiels als Heterotopie und als eine konstante Konversation mit musikethnologischen Feldforschungsmethoden wie dem Soundwalk und schlussendlich dem »Sound-Strand«-Modell für die genaue Analyse bietet einen methodischen Ansatz, der die Forscher:in selbst als Subjekt, als Spieler:in, miteinbezieht, aber auf eine Art und Weise, dass für andere Leser:innen diese Subjektivität klar ersichtlich bleibt, und darüber hinaus allgemein aussagekräftig wird. Aus meiner Sicht ist das der einzige Weg, wie man über das Erlebnis digitales Spiel sprechen kann.

RTI: Spielen Sie eigentlich privat und welches wissenschaftliche Wunschprojekt würden Sie gerne in nächster Zukunft angehen?
AM: Ich bin ein notorischer Completionist und habe ein riesiges Backlog. Ich liebe es, mich in einer Spielwelt zu verlieren und überlege es mir dreimal, bevor ich mich dem vollständig hingebe. Dann geniesse ich es dafür umso mehr. Mein letztes Spiel war ›Guardians of the Galaxy‹ (Square Enix 2021), und jetzt rutsche ich gerade ins intensivere Spielen von ›Hollow Knight‹ (Team Cherry 2017). Natürlich ist die Grenze zwischen beruflichem und privatem Spielen fließend. Ich finde es spannend, den genauen Moment zu registrieren, wenn ich vom analytischen Spielen ins »Im-Spiel-Verlieren« falle, wie auch oft in einzelnen Sessions in meinem Buch beschrieben. Mir ist es wichtig, dass die »Deformation Professionelle« nicht überhandnimmt, dass ich auch spielen kann, ohne dass im Hintergrund immer die wissenschaftliche Analyse läuft. Das ist nicht immer ganz einfach. Gleichzeitig tangiert genau das auch eines meiner Wunschprojekte, welches ich bereits umsetzen darf. In dem Teilprojekt ›Swiss Gamescapes+‹ geht es genau um dieses Spielerlebnis. Oft machen wir Produktanalysen einzelner Objekte und Entwickler, wie sich aber Spieler:innen beim Spielen damals gefühlt haben, was sie aus ihren Erfahrungen auf diese Spielwelten projiziert haben, wie sich der Flow, das Gameplay, der soziale Austausch angefühlt hat, geht oft vergessen und ist im Nachhinein sehr schwierig zu rekonstruieren. Bereits jetzt schwinden die genauen Erinnerungen an das Spielerlebnis und das Setting im Wohnzimmer am Boden mit dem Controller in der Hand und vermischen sich mit einer Nostalgie, die medial aus dem Jetzt konstruiert wird. Dies führt zu einem weiteren Wunschprojekt, das ich gerade im GameLab an der Universität Bern manifestieren darf – digitale Spiele erfahrbar machen. Niemand in der Forschung zweifelt an, dass es in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit digitalen Spielen unabdingbar ist, diese eben auch zu spielen. Aber als interessierter Student habe ich keinen einfachen Zugang zu dem inzwischen als kulturelles Gut anerkannten Medium und stehe oft hohen privaten Anschaffungskosten gegenüber. Das führt dazu, dass sich hauptsächlich Menschen mit digitalen Spielen wissenschaftlich auseinandersetzen, die auch privat spielen und sich die Computer, Konsolen und Spiele selbst kaufen. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, aber für eine breite Akzeptanz und Platzierung der Game Studies in wissenschaftlichen Institutionen muss sich auch ein interessiertes Publikum Zugang verschaffen können, wie dies in der Literatur beispielsweise der Fall ist. Ein schönes Erlebnis diesbezüglich hatte ich gerade in dem Seminarkurs ›Video Games MEET Musiktheater‹, den ich am Institut für Musikwissenschaft in Bern gebe, in dem ich eine kleine Gruppe ›Super Mario Bros.‹ (Nintendo 1985) auf einem Sofa vor einem Röhrenbildschirm auf dem originalen NES spielen liess, um die Soundscape zu analysieren. Auch wenn die Erfahrung nicht zu vergleichen ist mit dem, was Spieler:innen in den 1980ern erlebten, als sie das erste Mal die Konsole gestartet haben, war es für die Studierenden eine Offenbarung, wie sich Spielen auf diese Art und Weise anfühlt. Dieser praktische Zugang ist meiner Meinung nach unverzichtbar für ein kulturelles Phänomen wie den digitalen Spielen, sollten sich kulturwissenschaftliche Institutionen wirklich ernst nehmen.

RTI: Zuletzt darf ich den Rahmen noch ein wenig weiter öffnen – wie sehen Sie die deutschsprachige Digitalspielforschung aktuell? Sehen Sie bestimmte Entwicklungen oder sogar Trends?
AM: Als ich mich vor gut zehn Jahren das erste Mal mit Musik und Sounds in digitalen Spielen beschäftigte, gab es in meiner Wahrnehmung kaum deutsche Literatur dazu. Ich muss aber auch sagen, dass die Musikwissenschaft in Bern, aus der ich ursprünglich komme, damals gerade eine ideologische Veränderung aus reiner historischer Musikwissenschaft zu einem Verständnis der kulturellen Anthropologie der Musik durchmachte, die stark von der Schule des CCCS (Centre for Contemporary Cultural Studies) in Birmingham beeinflusst war. Das heißt, dass insbesondere nicht nur elitäre Kunst, sondern gerade auch was als gängige Alltagskultur betrachtet wird, als Gegenstand der Forschung wichtig wurde. Das führte dazu, dass ich eine gewisse Abneigung zu allem entwickelte, das sich zwangsweise als Kunst deklarieren musste. Und damals machte die deutschsprachige Digitalspielforschung meinem Eindruck nach genau dies: Damit es wissenschaftlich relevant sein durfte, mussten digitale Spiele Kunst sein und als solche untersucht werden. Ich fühlte mich viel mehr in der englischsprachigen Literatur zu Hause. Dazu kam, dass die Pioniere der Game-Sound-Studies, wie etwa Kristine Jørgensen oder Karen Collins, allesamt englischsprachig waren. Erst relativ spät kam deutschsprachige Literatur in der Ludomusikologie, insbesondere dank Melanie Fritsch, dazu. Und als ich dann schliesslich aus meiner Dissertationsbubble herauskam und u.a. durch Eugen Pfister wieder Einblick in die breitere deutschsprachige Digitalspielforschung erhielt, hat sich diese meiner Wahrnehmung nach komplett gewandelt und erlebt immer noch ein enormes Wachstum. Es ist natürlich schwierig, aus dem eigenen System hinauszuschauen, und noch immer kommen praktisch alle Digitalspielforscher:innen aus anderen Disziplinen, aber die englischsprachige Dominanz der Forschung bis zu einem gewissen Punkt zeigte auch gewisse Lücken auf oder provozierte sogar Gegenbewegungen. Etwa die vorherrschende US-amerikanische und japanische Geschichtsschreibung digitaler Spiele animierte schlussendlich viele Forschungsprojekte, wie auch unser SNF-Projekt Confoederatio Ludens, eine »Contre-Histoire« zu schreiben und die Perspektiven zu erweitern. Auch wenn es meiner Meinung nach nichts Besseres gibt als Forscher:innen, die über den eigenen Tellerrand hinausschauen, existiert die Digitalspielforschung in der Schweiz (mit wenigen Ausnahmen) nur eben da, außerhalb anderer Forschungsdisziplinen. Damit hier eine vertiefte Auseinandersetzung möglich wird, braucht es Institutionen, die digitale Spiele auf ihren Teller nehmen, wie es sich das SCGDS (Swiss Center for Game Design Studies) an der Hochschule der Künste in Bern zur Aufgabe gemacht hat. Deutschland und Österreich bieten schon deutlich mehr Möglichkeiten, nicht zuletzt dank den unermüdlichen Anstrengungen des Arbeitskreises Geisteswissenschaften und Digitale Spiele sowie diversen anderen Institutionen, die die Digitalspielforschung als ein eigenes interdisziplinäres Fachgebiet sichtbar machen und fördern.

RTI: Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihre Zukunft!
AM: Ich danke ebenfalls für das angenehme Gespräch. Auf Wiedersehen!

| RUDOLF THOMAS INDERST

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