Jagodas 10. Geburtstag steht vor der Tür. Und sie hat eine Riesendummheit begangen: Sie hat ihre Klassenkameradin Mia zu ihrem Fest eingeladen. Das Problem: es gibt gar keine Party. Und jetzt? Von ANDREA WANNER
Genau vier Tage hat Jagoda noch Zeit, um ohne Geld doch noch eine Geburtstagsfeier zu organisieren. Das Mädchen hat Idee, fragt Menschen, schreibt Listen, was man alles für so ein Fest braucht von einem Buffet über Deko bis zu Musik. Eigentlich ist es aussichtslos, aber dennoch ist sie wild entschlossen, irgendwie etwas auf die Beine zu stellen und zu feiern. Nicht nur mit einem Yes-Törtchen mit Kerze drauf, das Mama ihr schenken wird.
Zunächst ist man irritiert – und werden es junge Leser*innen sein. Klar, es gibt Menschen, die wenig Geld haben, aber eine kleine Zusammenkunft am Geburtstag für eine Zehnjährige und ihre Freunde muss doch drin sein. Des Rätsels Lösung: Jagoda ist mit ihrer Mutter in einem Frauenhaus untergekommen, eine jener Einrichtungen, in der Frauen – die von ihren Männern misshandelt werden – mit ihren Kindern aufgenommen werden und Schutz und Hilfe finden. Die Adressen von Frauenhäusern sind geheim, es darf kein Besuch kommen. Jagoda ist also in einer ziemlich aussichtslosen Lage. Der Countdown läuft, die Einladung an Mia raus und irgendwie wird es schon klappen.
Anna Maria Praßler schildert mit viel Empathie das Schicksal ihrer jungen Ich-Erzählerin. Wer mit seiner Mutter im Frauenhaus lebt, hat auch schon viel Schlimmes erlebt, sich vielleicht wie Jagoda unter dem Bett verkrochen, wenn es mal wieder Streit gab. Es ist nicht das erste Mal, dass Mutter und Tochter hier landen. Dazwischen gab es eine Phase, wo sie wieder zuhause lebten, der Vater versprochen hatte, sich zu bessern. Ein bekanntes Muster. Und wieder einmal hat es nicht funktioniert. Im Nachwort gibt es einen Beitrag von Juliane Kremberg, Referentin »Kinder in Frauenhäusern« der Frauenkoordinierung e.V., die ausführt, warum dieses Buch so wichtig ist und es gibt Kontaktdaten, an die Kinder in Not sich wenden können.
Praßler lässt ihre Heldin mutig, kreativ und optimistisch sein. Schon allein die Vorstellung zu Beginn der Geschichte ist ein kleines Highlight: »Ich heiße Jagoda, das ist Polnisch für Blaubeere, und an alle Erwachsenen, die hier mitlesen: Es ist nicht cool, Kinder wie ’ne Obstsorte zu nennen. Wie Gemüse auch nicht. Sagt das gern weiter, ich weiß, wovon ich spreche.«
So steckt die Story bei allem ernsten Hintergrund voller Humor – und Zuversicht. Jagodas Talent, auf andere zuzugehen, auch wenn das nicht immer einfach ist, zeigt, dass sich dieser Weg lohnt. Sie erfährt nicht nur eine Menge über andere Menschen und Schicksale, sondern bekommt auch an vielen Stellen unerwartete Unterstützung. Die amüsanten Illustrationen von Theresa Strozyk begleiten das angehende Geburtstagskind bei seinen Vorbereitungen und – soviel wird verraten – es wird ein schöner Tag!
Titelangaben
Anna Maria Praßler: Keine Party ist auch keine Lösung
Mit Bildern von Theresa Strozyk
Leipzig: Klett Kinderbuch 2025
168 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 9 Jahren
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