Die andere Seite
Immer fällt was aus den Büchern
 heraus, eingelegte Ausschnitte
 oder ganze Satzteile,
 die am Rand rot markiert sind,
 beim Schütteln eine Philosophie.
Ein gut gearbeitetes Buch
 öffnet sich in der ersten Zeile
 und zieht dich mit den folgenden
 völlig in sich hinein,
 läßt dich bis zum Schluß nicht entkommen.
Links und rechts fallen die Stunden
 in sich zusammen und werden
 zu einer anderen Welt,
 Meilen unter oder über
 dem Buch, jedenfalls jenseits davon.
Am Ende kommst du schwer wieder
 an Land, die Wellen der Sätze
 geben dich nur widerwillig frei,
 haben dich weit abgetrieben
 von deinem gewöhnlichen Leben.
 
  
Das Blaue vom Himmel
Was dahinter steckt, verbirgt sich
 auch heute, das große Versprechen
 ist wie gewöhnlich durch Wolken
 verdeckt und entzieht sich den Blicken,
 die sehnsuchtsvoll danach verlangen.
Das reine Blau, diese Verheißung,
 an der die Legenden weben,
 dieses ganz unvermischte Glück
 für die suchenden Augen,
 immerhin eine Möglichkeit.
Und es tritt ja auch manchmal hervor,
 Spuren davon als Lückenfüller
 und dann glänzt es wie Hoffnung auf,
 aber die ängstliche Wirklichkeit,
 ist stärker, zieht den Wolkenvorhang zu.
 
  
Loblied auf meine Rechte
Immer war sie mir zur Hand,
 diese ganz gewöhnliche Rechte,
 dort ordentlich angewachsen,
 wo sie stammesgeschichtlich
 hingehört und mir seit der Geburt
 dienlich, hingebungsvoll, wie ich jetzt
 mehr und mehr merke, da ich sie
 noch viel stärker brauche denn je.
Seit die Linke eingegipst ist,
 hat die andere alleiniges
 Vollzugsrecht, ist, tierisch gesprochen,
 der unumschränkte Platzhirsch,
 wird rangenommen für zwei,
 kommt überhaupt nicht mehr zum Ausruhn,
 sondern ist im Dauereinsatz
 und gefragt bei jeder Gelegenheit.
Eine klare Überforderung,
 doch sie schultert gewissermaßen
 sogar die Linke und nimmt ihr
 die Brotarbeiten souverän ab,
 greift fester zu denn je, läßt nichts
 fallen und ist zuverlässig
 wie seit Kindertagen, ein Garant
 für die Abwicklung des Alltags,
Jetzt endlich preise ich meine
 Rechte, ohne jedes Loblied
 hat sie bisher täglich gerackert
 und mir allen Unrat aus dem Weg
 geschafft, eine Dienstleisterin
 ohne Prämien und Pensionsanspruch,
 zweifellos eine unerkannte
 Heldin der Arbeit, denkmalwürdig.
| PETER ENGEL

 
  
  
  
  
 
 
  
  
 