/

Im Visier der Richterin

Bühne | Badisch‘ Bühn Karlsruhe: Dumm g‘ loffe

Eine Situation, die eigentlich nicht komisch ist, aber durch ihre Interpretation durch die Schauspielerinnen und Schauspieler der Badisch Bühn‘ komisch und skurril zugleich wird – das ist diese Gerichtsverhandlung in ›Dumm g’loffe‹. JENNIFER WARZECHA hat sie gesehen.

Wer die Fernsehserie mit Richterin Barbara Salesch kennt und natürlich auch liebt, findet sich bei dieser Gerichtsverhandlung unweigerlich wider. Die Richterin Schneider-Feuerlein (überzeugend, ausdrucksstark und teilweise echt zum Schießen: Angela Gärtner-Saurano) setzt sich durch, sowohl gegenüber des Angeklagten Fabian Grünzeh (zum Schmunzeln, Bemitleiden und ausdrucksstark: Oliver Meergraf), als auch den Zeugen gegenüber. Besonders dreist ist ein Zeuge, der als Hippie mit langen, wallenden Haaren, Schlaghosen und Hemd daherkommt (in allen Rollen, die der Zeugen Sandro Brunner, Karin Armbruster, Holger Tochtermann und Melanie Rummelsbacher glänzend: Jürgen Hörner).

Er beleidigt die Richterin in seiner Anrede immer wieder, zum Beispiel, indem er sie »Frau Humorlosigkeit« nennt. Diese hat zwei Kollegen aus Pappe an ihrer Seite. Ironisch äußert sie sich mit »Auch hier gilt der Sparzwang.« Immer wieder fällt der Protokollant Sönke Tannthaler (einfach nur witzig und zum Brüllen: Andreas Stark) auf. Er hat morgens einen Stromschlag erlitten und schert deswegen innerhalb der Gerichtsverhandlung immer wieder aus oder fängt an zu zittern, fast als würde ihn nochmal der Schlag erfassen.

Die Zeugin Karin Armbruster bringt dank ihrer ausführlichen Erläuterungen alle im Gerichtssaal zum Einschlafen. Die Beweisaufnahme hingegen geht dann schnell. Die Zeugin sagt, der Angeklagte sei es nicht gewesen. Verwunderlich ist zunächst, dass die Tochter des Ermordeten sagt, der Tod geschehe ihrem Vater Recht. Der Angeklagte erlebt im Laufe des Verfahrens auch sein sprichwörtlich blaues Wunder. Was das ist, dürfen begeisterte Theatergänger im Stück selbst erfahren.

Es lohnt sich auch dieses Mal wieder, dem Stück in typisch badischer Mundart und einer Prise Humor beizuwohnen. Klasse!

| JENNIFER WARZECHA

Das Stück läuft noch bis zum 26. Juli und dann wieder vom 12. – 27. September, von jeweils 20.15 Uhr bis 22.30 Uhr; Einlass mit Bewirtung ab 18 Uhr.

Titelangaben
Dumm g‘ loffe
Heitere Gerichtsverhandlung von Jürgen Hörner
Badisch‘ Bühn Karlsruhe
Mitwirkende: Angela Gärtner-Saurano, Sven Hertel, Jürgen Hörner, Oliver Meergraf, Andreas Stark, Sonja Umbach und Angelika Veith
Regie: Hans Rüdiger Kucich
Regieassistenz / Souffleuse: Stella Thoma, Heidi Binkert
Bühnenbild: Harald Wolf
Technik: Martin Bär

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Die Suche nach dem Happy End

Nächster Artikel

Im Blick der Halbakte

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Gottes Zorn und Menschens Recht

Bühne | Sophokles im Theater das Zimmer

Der Vorhang hebt sich endlich wieder im kleinsten Theater Hamburgs, doch die Raumgröße erlaubt pandemiebedingt nur einen Darsteller auf der Bühne. Was nun? Die Intendanz hat eine Idee. Von MONA KAMPE

Vom Leben zwischen zwei Welten

Bühne | Musical: MARTYR!

Das Ende bei dieser Musical-Oper wirkt wie ein neuer Anfang. Mit frohem, fast erleuchtet wirkendem Gesichtsausdruck geht der Protagonist des ›Martyr Ratgeb – Maler, Mensch und frei‹ vorbei an himmelblauen Bildern und durch Holzquadrate, die wie ein Tor in eine andere Welt wirken. Kein Wunder: Jörg Ratgeb, gespielt von Mischa Mang, krankheitsbedingt stimmlich unterstützt von Philipp Werner (beide ausdrucksstark und überzeugend), geht dem Tod und für ihn bildlich gesprochen einem Neuanfang, entgegen. Stolz bekräftigt er am Ende, im Sinne und kraft seiner Kunst gestorben zu sein, die nach ihm weiterleben wird. Das tut sie ganz bestimmt, wie die Aufführung am Stadttheater Pforzheim, Inszenierung: Thomas Münstermann, Dramaturgie: Christina Zejewski und Chorleitung von Johannes Antoni, beweist. Von JENNIFER WARZECHA

Zwischen guter Laune und der ›Mission‹

Musik | Interview: Van Canto Es gibt wohl kaum eine andere deutsche Metal-Band, die so faszinierend ist, wie VAN CANTO. Im Laufe ihrer anhaltenden Karriere bescherte die Band ihren Fans nicht nur viele schöne Momente auf der Bühne, sondern auch abseits des Scheinwerferlichts gab es ein weiteres tolles Crossover-Projekt namens ›Feuerstimmen‹. Zum baldigen Tourstart für das neueste Album sprach ANNA NOAH mit VAN CANTO-Sänger Stefan Schmidt.

Die »Magie einer unglaublichen Musik«

Interview | Bühne | Toby Gough: The Bar at Buena Vista ›Social Club‹ ist der Name eines kulturellen Zentrums in Buena Vista, einem Stadtteil in Havanna. Ob Rumba, Salsa oder Cha-Cha-Cha – die Tänze verändern sich so schnell wie die Stimmungen der Menschen. Theaterregisseur Toby Gough spricht über seine Show ›The Bar at Buena Vista‹, die uns mit spannenden und humorvollen Geschichten von Liebe, Eifersucht und Versöhnung im Kuba der 40er und 50er Jahre unterhält. ANNA NOAH freut sich darauf, herauszufinden, was das Publikum erwarten kann.

Früher war alles besser?!

Live | Bühne: Die ›Ehe unserer Eltern‹ am Badischen Staatstheater Karlsruhe Laubblätter, gezeichnet auf Papier, liegen auf der Bühne. Am rechten Eck der Bühne im Studio steht ein Tisch mit einem Plattenspieler darauf – samt einer Thermoskanne. Eine Frau mit schwarz-gelocktem Haar trocknet Geschirr. Links davon sitzt eine Dame auf einem mit einer Papierhaube modellierten Gipfel. Ein weiterer Mann links davon sortiert Schallplatten, während sich sein weibliches Gegenüber eine Zigarette dreht. Volker erzählt von seinen Erfahrungen mit den 1968er-Jahren. Von JENNIFER WARZECHA