Salma erfährt, dass sie ein Geschwisterchen bekommen wird. Was für eine wunderbare Überraschung. Und sie nimmt sich fest vor, die beste große Schwester der Welt zu werden. Gar nicht so einfach, stellt ANDREA WANNER fest.
Am besten, findet Salma, informiert man sich erst mal gründlich. Ihre Eltern machen das auch und lesen Bücher über die Entwicklung des Babys im Bauch der Mutter und Ratschläge zur Geburtsvorbereitung. Weil es da nichts Passendes für Kinder gibt, beschließt Salma, einfach selbst ein Buch zu schreiben. Sie formuliert »Fragen für Nour« wie »Wie bringe ich Nour bei, dass man Spielzeug teilen muss?« oder »Wie schaffe ich es, dass Nour in der Bücherei leise ist?« Den Namen Nour hat sie gewählt, weil es sowohl ein Mädchen- als auch ein Jungennamen ist. Mit ihren Buntstiften verziert sie die Seiten. Ein tolles Projekt, aber auch voller Schwierigkeiten.
In der eigenen Familie gibt es nämlich Streit: ihre Mutter und deren Bruder Khalou haben lange Zeit keinen Kontakt gehabt. Salma versteht nicht, warum. Sie liebt ihren Onkel, aber sie spürt die Spannungen, die herrschen, wenn er jetzt doch wieder zu Besuch kommt. Ausgerechnet an Eid al-Adha, dem höchsten islamischen Fest, eskaliert der Streit. Khalou kommt nicht alleine, sondern in Begleitung eines Mannes. Der wird zunächst noch freundlich begrüßt, bis Khalou sagt: »Ihr Lieben, das ist mein Mann, Michael.« Salma findet das alles gut, freut sich – anders als die Mutter – über den zusätzlichen Gast und fragt ihre Mutter ganz direkt: »Bist du sauer, weil er seinen Mann mitgebracht hat?« Michael geht. Und Khalou mit ihm.
Danny Ramadan floh aus Syrien in den Libanon und lebt seit 2014 in Kanada. Dort ist er auch Matthew, die Liebe seines Lebens geheiratet. Im Buch sagt Khalou zu seiner Schwester Rima: »Wir kommen aus einem Land, in dem Menschen dafür verurteilt werden, wen sie lieben. Aber hier in Deutschland sind alle gleich, egal, wen sie heiraten wollen.« Ein Plädoyer für Toleranz, das auch Kinder schon verstehen. Und das sie leben sollen. Ganz klar, dass Salma jetzt in einer Krise steckt, an ihrem eigenen Geschwisterbuch nicht weiterarbeiten kann und will. Wie kann es sein, dass Geschwister so miteinander umgehen? Und wie kann Mama als große Schwester so zu ihrem Bruder sein?
Natürlich gibt es am Ende eine Lösung. Endlichen reden alle miteinander. Noch gibt es kein Geschwisterchen für Salma, aber viele gute Vorsätze, wie sie mit ihm umgehen will und ihm die Welt zeigen und erklären. Anna Bron begleitet die Mut machende Geschichte mit Schwarz-Weiß-Illustrationen und am Ende gibt es sogar Tipps, wie man das eigene Buch schreiben kann.
Titelangaben
Danny Ramadan: Salma schreibt ein Buch
(Salmas Writes a Book, 2024)
Aus dem Englischen von Lisa Kögeböhn
Mit Illustrationen von Anna Bron
Leipzig: Orlanda 2025
120 Seiten, 19 Euro
Kinderbuch ab 7 Jahren