Mit Feuerball und Enterhaken

Digitale Spiele | The Elder Scrolls Online

Bethesda kann es nicht lassen. Nach dem erfolgreichen Rollenspiel Skyrim folgt gleich das nächste Abenteuer aus dem Hause des amerikanischen Entwicklers. Jetzt allerdings als online Multiplayer-Game. In The Elder Scrolls Online (kurz ESO) trifft Altbekanntes auf neu Gewonnenes. Wir bewegen uns im Elder Scrolls-Universum Tamriel, treffen auf monströse Bosse und bewältigen spannende Quests. Was das Spiel noch zu bieten hat, fand PHILIPP LINKE im Beta-Review heraus.

b248a553a0ae995d21
Zunächst stranden wir zusammen mit all den anderen Spiel-Einsteigern auf der Insel Kalthafen. Regiert vom bösen Prinzen Molag Bal sitzen wir hier erst einmal fest – wir sind gefangen. Zum Glück erscheint uns schon bald ein Geist in der Zelle. Nein, wir sind nicht verrückt geworden. Das Gespenst, das sich selbst »der Prophet« nennt, erklärt uns kurzerhand, dass wir auserwählt sind und das Böse von der Welt verbannen werden. Nichts leichter als das. Die Kerkertür öffnet sich und das Tutorial beginnt. Anstatt lange Erklärungen lesen zu müssen, dürfen wir direkt loslegen und ein paar lebendig gewordene Skelette zurück ins Totenreich schicken. Zu passender Gelegenheit werden Infos eingeblendet, die uns Tipps zum Kampf verraten. Eine schöne Lösung.

Schönes Tamriel

Wie schon in den Vorgängern von The Elder Scrolls Online findet das Geschehen auf dem Kontinent Tamriel statt. Zum ersten Mal jedoch dürfen wir nahezu alles erkunden. Mit 22 kleinen Arealen werden ganz unterschiedliche Atmosphären geboten, die zum Auskundschaften einladen.

Nachdem wir von der Gefängnisinsel fliehen konnten, landen wir an einem Hafen im Norden des Landes, der uns irgendwie bekannt vorkommt. Skyrim lässt grüßen – hier sieht die Landschaft dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich. Doch statt leerer Bezirke treffen wir im neuen MMO stets auf reges Leben. Überall treffen wir auf andere Mitspieler, die verschiedenen Aufgaben nachgehen. Haben wir unsere Quests brav erledigt, geht es aus dem eisigen Norden in wärmere Gefilde mit großen blühenden Bäumen und noch größeren bunten Pilzen. Nur ein paar Wegminuten später wird die sprießende Flora erklärt – wir sehen den Ausläufer einer Lavawüste. Wandern macht Spaß.

Mit Feuerball und Enterhaken – Das Kampfsystem

Im Vergleich zu Skyrim wurde das Kampfsystem deutlich modifiziert. Es bleibt jedoch dynamisch und voller Action. Wie gewohnt löst wiederholtes Drücken der linken Maustaste eine Kombo aus, während die rechte Taste die Verteidigung aktiviert. Greifen wir bei gehobenem Schild an, führt unser Charakter einen Schildstoß aus, der den Gegner zurückdrängt. So lassen sich auch Spezialangriffe abwehren oder gar unterbrechen, sodass unser Gegenüber mit Benommenheit reagiert. Den Moment können wir schamlos ausnutzen. Mit gedrückter Angriffstaste lässt sich ein besonders starker Angriff aufladen, der unseren verwirrten Kontrahenten im Idealfall zu Boden wirft. Bei doppeltem Antippen einer Richtungstaste führt unser Spiel-Ego eine schnelle Rolle in die entsprechende Richtung aus. Im Test erwies sich die Funktion zwar als wenig hilfreich, da unsere normale Laufgeschwindigkeit immer ausreichte, doch ist es den Entwicklern durchaus anzurechnen, schließlich sind derartige Methoden in MMORPGs keine Selbstverständlichkeit. Die Kämpfe gewinnen an Taktik und machen wesentlich mehr Spaß, als beispielsweise die Duelle des im letzten Sommer erschienenen Final Fantasy XIV.

Weitere Skills und Zauber lassen sich auf die Tasten 1 bis 5 legen, sobald wir sie erlernt haben. Feuerbälle, Heilzauber oder das Heranziehen eines Widersachers mittels Enterhaken – nichts ist unmöglich. Das erforderliche Mana und Lebenspunkte laden sich automatisch wieder auf, sodass sich Heiltränke nur bei längeren Kämpfen auszahlen. Der Schnellzugriff auf Items erfolgt in einem Zusatzmenü.

Falls wir doch mal verlieren und sterben, büßt unsere Rüstung an Haltbarkeit ein und wir müssen sie nach einer gewissen Anzahl von Toden reparieren lassen. Bei Wiederauferstehung stehen uns zwei Optionen offen: Entweder teleportieren wir uns zu den nächst gelegenen Wegschreinen, die in Städten oder wichtigen Wegkreuzungen platziert sind, oder wir machen einfach dort weiter, wo wir unser Leben gelassen haben. Nach kurzer Zeit sind wir wieder voll einsatzbereit. So lassen sich auch Aufgaben erfüllen, obwohl wir den Gegner im entsprechenden Gebiet gar nicht niederstrecken konnten. Spielern, die sich mehr Herausforderung wünschen, mag das sauer aufstoßen. Doch allgemein betrachtet verhindert die Option den einen oder anderen Frustmoment und kommt vor allem denen zu Gute, die in Tamriel allein unterwegs sind.

Ein Level hier, ein Level da

In ESO kann alles leveln. Unsere Waffe kann leveln, unsere Rüstung kann leveln, unser Charakter kann leveln, ja selbst unsere Fähigkeit Haustiere zu füttern kann leveln. Das Level einer bestimmten Fähigkeit verbessert sie aber nicht automatisch, wir müssen uns zunächst Fertigkeitspunkte verdienen, die sich dann in Upgrades investieren lassen. Pro Level können wir einen Punkt in Mana, Lebenspunkte oder Ausdauer sowie in eine Fähigkeit investieren. Die beinhalten nicht nur Angriffsfähigkeiten, sondern auch passive Effekte, welche uns das (Über-) Leben leichter machen. Jede Klasse und Rasse hat übrigens eigene Fähigkeiten, so wie auch jeder Waffentyp einen eigenen Fähigkeitsbaum besitzt.

Zudem müssen auch Handwerksfähigkeiten erst erlernt werden. Mit Alchemie, der Kunst des Schmiedens bis zum Verzaubern von Gegenständen können wir uns ganz nach Belieben austoben. Das Herstellen von Gebrauchsgegenständen aller Art erfordert bestimmte Zutaten, die vorher von Händlern oder in der Wildnis beschafft werden müssen.

Missions: Possible

Schon früh wird bemerkbar, dass ESO großen Wert auf eine umfangreiche Storyline legt. Bereits im Tutorial treffen wir auf NPCs, die wir nach ihrer Lebensgeschichte ausfragen können. Auch unsere Arbeitgeber plaudern munter daher und beantworten zusätzliche Fragen, die nützliche Informationen beinhalten. Die gesamten Dialoge sind für den deutschen Markt übrigens vollständig vertont worden, was bei der Komplexität des Spiels umso mehr überrascht.

Die Missionen reichen von simplen Aufgaben á la »Rede mit dieser und jener Person« bis zu »Schleich‘ Dich unbemerkt ins Diebeslager!«. Jedes Ziel wird automatisch auf der Karte markiert und macht es uns daher etwas zu einfach. Schade, eine kleine Suche hätte nicht geschadet. Die Anzeige der Missionsziele und Auftragsgeber erfolgt, wie aus Skyrim gewohnt, am oberen Bildschirmrand.

Positiv zu bemerken ist, dass uns manche der Hauptmissionen nicht nur eine ordentliche Belohnung geben, sondern auch Events auslösen, die große Auswirkungen haben. So wird zum Beispiel auch Mal ein ganzes Dorf von feindlichen Kriegern eingenommen, welche die Häuser kurzer Hand in Brand setzen.

Natürlich dürfen Dungeons nicht fehlen. Aber auch hier erwarten uns Überraschungen – Fallen! Und das in einem MMORPG!

Fünf Gilden, drei Allianzen, 24 Mann

Entgegen der MMORPG-Manier ist theoretisch auch ein Alleingang möglich. Das richtige Feeling kommt allerdings erst in einer Gruppe auf. Erstellen lässt sich die mit einem Limit von 4 oder 24 Spielern. Einmal in einer Gruppe können wir uns jederzeit zu einem anderen Mitglied teleportieren.

Weiterhin können wir bis zu fünf Gilden beitreten. Die wiederum müssen sich eine der drei Allianzen anschließen und haben besondere Vorzüge, wie beispielsweise eine gemeinsame Lagerbox, in der wir unser überschüssiges Gepäck ablegen oder austauschen können. Welche Rechte welchem Rang zugeordnet werden, entscheidet der Gildenmeister – soll der Offizier über die Lagerbox verfügen oder lieber über Kameraden, die einen Rang höher steigen? Entscheidungen über Entscheidungen.

In sogenannten »Allianzkriegen« können wir Punkte für unsere Gilde sammeln. Auf einer eigenen Map, dem »Cyrodiil«, treten mehrere Hundert Spiele in zwei Teams gegeneinander an. Einzige Voraussetzung für den Sturz ins Getümmel: das Erreichen des 10. Levels. Für den Kampf selbst wird jeder Spieler auf Level 50 gehoben, damit alles fair zugeht. Die Siegesbedingungen sind abwechslungsreich – Burg verteidigen, Gebäude einnehmen, Schriftrollen sammeln.

Fazit

The Elder Scrolls Online macht auf den ersten Blick einen soliden Eindruck, auf den zweiten auch. Die Geschichte ist zwar nicht außergewöhnlich oder neu, doch tragen die Sprachausgaben und die schöne Grafik sowie Landschaftsgestaltung zu einer wunderbaren Atmosphäre bei, die das geschichtliche Defizit wettmachen. Vergleichbares ist in MMORPGs kaum zu finden.
Das Kampfsystem gefällt – eine gelungene Mischung aus Action und Kombination, die nicht auf simplem Button-Mashing basiert. Die Möglichkeit des Ausweichens und das Block-System machen die Kämpfe dynamisch und aufregend.

Die PC-Version des Spiels startet nächste Woche. Am 4. April 2014 eröffnet Tamriel für alle die Pforten. Wenn sich das Spiel auch im weiteren Verlauf so zeigt, wie in den ersten Stunden der Beta-Version, dann steht uns mit ESO das MMORPG des Jahres bevor.

| PHILIPP LINKE

Titelangaben
The Elder Scrolls Online

Die PC-Version startet offiziell am 4. April 2014 um 13 Uhr (zentraleuropäischer Zeit).
Frühbucher mit 3-Tage Early Access haben schon am 1. April 2014, 13 Uhr, Zugriff,
Frühbucher mit 5-Tage Early Access bereits ab dem 30. März 2014, 13 Uhr.

Die Konsolen-Version wird für Juni 2014 erwartet.

Kein Free-to-Play, sondern Abo-Modell (12,99€ monatlich).

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Türkische Literatur zwischen Tradition und Moderne

Nächster Artikel

Rocky aus der Röhre!

Weitere Artikel der Kategorie »Digitale Spiele«

Und ewig schleicht die Schlange …

Digitales | Games: Metal Gear Solid HD Collection Ah, HD-Remakes! Achim Fehrenbach schrieb dazu im letzten August einen feinen Artikel bei ZEIT Online, und der geneigte Betrachter kann sich an anderer Stelle auch über kommende Remakes informieren. Jetzt landetet aber eine der gefragtesten Charaktercliquen auf RUDOLF INDERSTs Schreibtisch: Familie Snake.

Touristen im Kugelhagel

Digitales | Games: Bulletstorm Neulich des Nachts sah ich auf einem Privatsender die – zugegeben etwas spekulative – Dokumentation ›Zukunft ohne Menschen‹. Das eigentlich Interessante waren die Computeranimationen, die zeigten, wie sich die Natur Stück für Stück die städtischen Errungenschaften der Menschen zurückerobert. Mit Epics neuem Shooter ›Bulletstorm‹ hat diese Bilderflut natürlich ihre Faszination auf einen Schlag verloren. Denn hier zeigt sich Mutter Natur von ihrer widerlich-schönsten Seite! RUDOLF INDERST gibt da nur zu gern den Pauschaltouristen.

Sprechstunde bei Dr. Acula

Digitales | Games: Vampyr Nosferatu, Wiedergänger, die blassen Blutsauger am Halse der Jungfrau. Vampire haben einen langen Weg durch die Popkultur hinter sich. Von den gequälten Wesen der Stummfilmperiode über machtvolle Unsterbliche bis zum modernen Glitzer-Vampir im Volvo, der Mädchenherzen verzückt. In Videospielen sind Vampire zwar oft mit dabei, aber selten die Stars. Das aktuell erschienene ›Vampyr‹ ändert das. Zusammen mit einem Bündel Knoblauch schaut FLORIAN RUSTEBERG in den Sarg des Vampir-Genres.

Herzlichen Glückwunsch, Du bist tot!

Digitale Spiele | ›Dungeons of Dredmor‹ Roguelikes? Sind das nicht diese Spiele, die furchtbar sind? »Nein, DENNIS KOGEL«, sagt ›Dungeons of Dredmor‹ »ich bin ein bisschen anders«. Aber nur ein bisschen. Und das reicht auch schon, um von »furchtbar« auf »furchtbar toll« zu kommen.

Ausgefuchst

Digitales | Games: Star Fox Zero Nach einer langen Pause starten Fox Mc Cloud und sein Team endlich wieder in ein brandneues Abenteuer auf der Wii U. Während die Serie in Aussehen und Story seinen Wurzeln treu bleibt, wurde die Steuerung praktisch neu erfunden und setzt stark auf die Bewegungserkennung des Gamepads, um Feinde mit mehr Präzision denn je aufs Korn zu nehmen. Ob das tatsächlich so gut funktioniert, wie es klingt oder ob sich die tierischen Freunde vielleicht doch im Weltall verirrt haben, erfahrt ihr im Test. Von PHILIPP LINKE.