/

Hollywood und Bürgerschreck

Menschen | Zum 80. Geburtstag der Oscar-Preisträgerin Jane Fonda am 21. Dezember

Jane Fonda passt in keine Schublade. Sie wollte stets nicht »nur« die Hollywood-Diva sein und eckte oft mit dem Schicki-Micki-Establishment an. Ein Porträt von PETER MOHR

Georges Biard, Jane Fonda Cannes 2015, CC BY-SA 3.0Vor zwei Wochen lud sie zu einer großen Geburtstags-Benefizgala zugunsten ihrer Hilfsorganisation ›GCAPP‹ ein, und es kamen über 1,1 Millionen Euro zusammen. Jane Fonda ist aktiv wie eh und je, seit 2015 spielt sie einer Netflix-Comedyserie die Rolle der Grace und war in ›Unsere Seelen bei Nacht‹ jüngst an der Seite von Robert Redford zu sehen, über den sie nicht nur wegen dessen Schauspielkünste immer noch ins Schwärmen gerät.

Vor fünf Jahren stach Jane Fonda mit ihrem blendenden Aussehen und ihrer jugendlichen Aura auf dem roten Teppich bei den Filmfestspielen in Cannes das Gros der jungen Schauspielerinnen aus. Kürzlich in einer Talkshow auf Schönheitsoperationen angesprochen, ließ sie die Moderation allerdings barsch »abblitzen«.

Mit 30 war Jane Fonda schon ein Star, mit 35 erhielt sie ihren ersten Oscar, trotzdem ließ sie sich nie in das Klischee des attraktiven Hollywood-Stars pressen. »Wir wollen der Kriegsmaschinerie widerstehen«, war 2002 in einer gegen George Bushs Irakpolitik gerichteten Anzeigenkampagne zu lesen. Unterzeichnet hatte den Aufruf neben Angela Davis, Noam Chomsky und Robert Altmann auch die zweimalige Oscar-Preisträgerin Jane Fonda. Nie hat der Filmstar »Everybody’s Darling« sein wollen, immer hat Jane Fonda etwas gegen den Strom des Zeitgeistes gerudert. Sie engagierte sich für die Bürgerrechtsbewegung, protestierte gegen den Vietnamkrieg und zog sich gerade 50-jährig für mehr als 15 Jahre aus dem Filmgeschäft zurück.

Ihr selbstbewusstes kritisches Auftreten verdankt Jane Fonda, die heute vor 80 Jahren in New York geboren wurde, auch einem langen und aufreibenden Vater-Tochter-Konflikt (ihre Mutter hatte in den 1950er Jahren Selbstmord begangen), der erst zu Beginn der 80er Jahre beigelegt wurde, als Jane und Henry Fonda gemeinsam in ›Am goldenen See‹ vor der Kamera standen.

Nach ihrem Studium (Klavier und Malerei) und kleineren Theaterrollen feierte Jane Fonda, die einige Jahre mit Ehemann Roger Vadim in Paris lebte, ihre ersten großen Filmerfolge in Europa – als neues Schönheitsideal in ›Der Reigen‹ (1964) und ›Barbarella‹ (1967). Die Rückkehr nach Hollywood wurde zu einem wahren Triumphzug. Als ausdauernde Tänzerin Gloria in Sydney Pollacks 30er-Jahre-Drama ›Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss‹ (1969) wird sie zum ersten Mal für den Oscar nominiert, drei Jahre später erhält sie dann die begehrte Trophäe für ihre Rolle der Prostituierten Bree in Alan Pakulas ›Klute‹.

Doch Jane Fonda brach mit den Hollywood-Konventionen und setzte ihre Popularität für politische Ziele ein. Zusammen mit Donald Sutherland unterstützte sie die Bürgerrechtsbewegung und schwang sich zur wortgewaltigen Friedensaktivistin auf. »Ich bin hier nicht als Filmstar, sondern als Kämpferin, als Vertreterin der amerikanischen Antikriegsbewegung«, erklärte Jane Fonda im November 1974 bei einem Besuch der Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwochen. Sie hatte Nord-Vietnam besucht und sich dort lächelnd auf einer Flugabwehrkanone sitzend fotografieren lassen. Spöttische Kritiker hatten ihr daraufhin den Namen »Hanoi-Jane« verliehen.

Jane Fonda spielte unter Jean-Luc Godard an der Seite von Yves Montand 1972 in ›Alles in Butter‹, und als Partnerin von Michael Douglas und Jack Lemmon zeigte Jane Fonda in ›China-Syndrom‹ (1979) als ehrgeizige Reporterin eine ihrer besten Leistungen. Für die Rolle der Offiziersfrau Sally Hyde in ›Coming Home‹ hatte Jane Fonda 1979 ihren zweiten Oscar erhalten.

Es folgten bis Ende der 80er Jahre noch kleinere, unbedeutende Rollen, doch im Gespräch blieb Jane Fonda als kommerziell erfolgreiche Vorreiterin der Aerobic-Welle. Ausgerechnet die Schauspielerin, die fünfzehn Jahre an Bulimie litt, propagierte den Frauen rund um den Erdball ein fitnessbewusstes Körperideal. Seit der Scheidung von ihrem dritten Ehemann (CNN-Chef Ted Turner) im Mai 2001 hat Jane Fonda an ihrem Leinwand-Comeback gearbeitet.

2005 spielte sie die Titelrolle als Jennifer Lopez‘ böse Schwiegermutter in ›Das Schwieger-Monster‹. Der Streifen kam bei der Kritik zwar nicht besonders gut an, erwies sich jedoch als Fondas erster Kassenschlager seit fast einem Vierteljahrhundert. Auch ihre im gleichen Jahr erschienene Autobiografie ›My Life So Far‹ wurde ein Bestseller. Von Ruhestand kann bei der umtriebigen Jane Fonda auch mit 80 Jahren keine Rede sein.

| PETER MOHR
| Foto: Georges Biard, Jane Fonda Cannes 2015, CC BY-SA 3.0

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

»Bwaaraah« – Karnickel, Klempner und der Wahnsinn

Nächster Artikel

Einfach weniger als mehr

Weitere Artikel der Kategorie »Menschen«

A Time For Rebirth: An Interview With Jazzuelle

Music | Bittles’ Magazine: The music column from the end of the world Sometimes it feels like I am alone in thinking that house music should be sexy, sultry, and appeal to the heart and head as much as the feet. Recently I have become bored of clubs where you get accosted by drunken assholes, the dance floor is too jammed to permit the concept of personal space, while the night’s soundtrack is a limited palette of frantic, functional techno beats. Now, maybe it’s because I am getting a little older, but when I go out I want to hear

Weder Historiker noch Prophet

Menschen | Zum Tod des Schriftstellers Milan Kundera

»Man muss sie lieben, die Bedeutungslosigkeit, man muss lernen, sie zu lieben«, verkündete Ramon, eine der Hauptfiguren in Milan Kunderas letztem Roman ›Das Fest der Bedeutungslosigkeit‹ (2015). Es war ein spielerisches Buch der großen Gegensätze – von Liebe und Hass, von Tragik und Komik, von Wahrheit und Lüge, von Aufrichtigkeit und Selbsttäuschungen. Von PETER MOHR

Kino der Poesie

Menschen | Film | Abbas Kiarostami Ich erinnere mich noch genau daran, als uns das Kino von Abbas Kiarostami zum ersten Mal vor Augen kam. Es war Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre, als Ayatollah Chomeini, die Fatwa gegen Salman Rushdie und sein Buch ›Die satanischen Verse‹ aussprach und weltweit jeder bedroht wurde, der Rushdie lobte, verteidigte oder ihm Unterschlupf gewährte. Es schien, als sei das europäische Mittelalter mit Bannbulle und dem von jedermann tötbaren »Vogelfreien« in die globale Moderne eingebrochen. Von WOLFRAM SCHÜTTE

Mein Ich ist stärker als ich

Menschen | 80. Geburtstag des Nobelpreisträgers Peter Handke

»Mein Ich ist stärker als ich«, lautet einer der prägnantesten (selbst charakterisierenden) Sätze aus dem kürzlich erschienenen Notizbuch ›Die Zeit und die Räume‹, das einen Zeitraum von vier Monaten im Jahr 1978 umfasst. Poetische Schnipsel, Alltagsbeobachtungen und jede Menge Selbstreflexionen stehen hier nebeneinander. Für Wissenschaftler und ganz eingefleischte Handke-Fans gewiss eine lohnende Lektüre. Der »normale« Leser kann hier leicht an seine Grenzen stoßen. Von PETER MOHR

Zwischen Hohlweg und Holzweg

Menschen | Zum Tod des Schriftstellers Günter de Bruyn

»Der Preis hat sich die Erhaltung unserer Sprache zum Ziel gesetzt, das entspricht auch meinen Vorstellungen«, erklärte der Schriftsteller Günter de Bruyn, als ihm 2006 der Jacob-Grimm-Preis verliehen wurde. Ein Porträt über den Schriftsteller von PETER MOHR