/

Liebe, Verwicklungen und Umwege

Bühne | Smetanas ›Die verkaufte Braut‹

Die Protagonistin Marie ist hin und hergerissen in der Wahl ihres Liebsten zwischen dem, den sie liebt und den, den sie heiraten soll. Diverse Personen möchten sie noch dazu hingehend ihrer Liebesentscheidung beeinflussen. Es erklingt das Lied mit den Zeilen »Ob Du ›ja‹ oder ›nein‹ sagst, such‘ Dein Glück« im sehr gut besuchten Großen Haus des Stadttheaters Pforzheim. Alle Besucherinnen und Besucher im Saal verfolgen gespannt die Premiere ›Die verkaufte Braut‹, eine komische Oper von Bedřich Smetana (Uraufführung am 30. Mai 1866 in Prag sowie Erstaufführung der Rezitativfassung 1871 in St. Petersburg). Von JENNIFER WARZECHA

Die verkaufte BrautIn Pforzheim kommt ›Die verkaufte Braut‹ von Bedřich Smetana in der Inszenierung von Gregor Horres, unter der musikalischen Leitung von Florian Erdl, der Chorleitung von Alexandros Diamantis und der Dramaturgie von Inken Meents daher. Der Chor des Theaters Pforzheim, der Extrachor des Theaters Pforzheim und die Badische Philharmonie Pforzheim unterstützten die komische Oper in drei Akten in gewohnt musikalischer Perfektion.

Bei der Geschichte innerhalb der Oper handelt es sich um eine voller Verstrickungen, dabei wäre, wie es manchmal so im Leben ist, alles doch ganz einfach. Marie (sehr ausdrucksstark in Gesang, Gestik und Mimik: Stamatia Gerothanasi) liebt Hans (grazil und ausdrucksstark im Tenor: Dirk Konnerth als einer, der das Ensemble neu bereichert). Hans liebt Marie. Eigentlich eine wünschenswerte Situation, wären da nicht die Eltern Maries und ein zwielichtiger Heiratsvermittler, die Marie und ihrem Geliebten das Leben schwer machen. Hans‘ Rolle ist dabei ein Beispiel für ein zusätzliches Thema der Oper, der Suche nach Heimat. Weil er als Kind von der Stiefmutter verstoßen wurde, ist er seitdem heimatlos.

Bühne | Smetanas ›Die verkaufte Braut

Marie wiederum soll laut eines Schriftstücks, das ihr Vater und der reiche Bauer Micha unterschrieben haben, des Bauern Sohn Wenzel heiraten. Marie, die den stotternden Außenseiter Wenzel gar nicht kennt, widersetzt sich. Hans lässt sich vom Heiratsvermittler Kecal (super stimmgewaltig und ausdrucksstark: Lukas Schmid-Wedekind, der als Tenor ebenfalls neu das Ensemble bereichert) gegen Geld dazu verleiten, Marie gehen zu lassen.

Verwicklungen und egoistisches Handeln wechseln sich ab

Wie der Titel der Oper besagt, verkauft er damit seine Braut, dies sogar unter der Bedingung, dass Marie den Sohn des Bauern heiraten muss. Marie sträubt sich wiederum dagegen und die Menge des böhmischen Dorfes, das den Sängerinnen und Sängern in der Oper als Ortskulisse dient, singt fragend »Hast Du Dir das gut überlegt?« Anschließend wird auch noch der Heiratsvermittler gefesselt und ihm wird ein Hut aufgesetzt.

Es bleibt spannend bis zum Schluss, wobei schon das Genre der komischen Oper darauf schließen lässt, wie die Oper am Ende ausgehen könnte. Als solche bringt sie Konflikte, fragwürdige Geschlechterrollen sowie das Spannungsverhältnis zwischen Reichtum, sozialen Unterschieden und einem glücklichen Ende, wie es auch im Programmheft abgehandelt wird, zum Ausdruck.

Gefühlvolle und intime Momente sprechen für sich

Stellvertretend dafür steht auch die Redensart »Das ist mir ein böhmisches Dorf!«, die, wie ebenfalls im Programmheft zu lesen ist, ausdrückt, dass man etwas nicht versteht. Dies war im ursprünglichen Sinne auf die Sprachunterschiede und Verständnisschwierigkeiten zwischen den Deutschsprachigen im Grenzgebiet zu Böhmen, die im 16. Jahrhundert die böhmische bzw. tschechische Sprache nicht verstanden, zurückzuführen.

Die verkaufte Braut

Insgesamt begeistern an diesem Opernabend sprachlich besonders die Arien und Ensemblesätze. Unterstrichen und begleitet durch Mimik und Gestik entführen sie die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Gefühlswelt der Sängerinnen und Sänger und lassen sie an den intimen und gefühlvollen Momenten derer teilhaben.

Trotz der gesanglichen wertvollen Leistung Stamatia Gerothanasis ist der Text inhaltlich mitunter schwer zu verstehen. Möglicherweise hätte in diesem Fall die Einblendung des Textes trotz der ebenfalls deutschen Liedtexte mitunter beim Verständnis geholfen. Insgesamt aber eine wunderbar umgesetzte Oper, sowohl gesanglich, als auch musikalisch sowie vom Bühnenbild, der Bühnenausstattung und -dekoration (Bühnenbild und Kostüme: Jan Bammes) her. Einfach rundum gelungen!

| JENNIFER WARZECHA
| FOTOS: SABINE HAYMANN

Titelangaben
Die verkaufte Braut
Komische Oper von Bedřich Smetana
Theater Pforzheim
Text von Karel Sabina
Deutsche Übersetzung von Kurt Honolka

Weitere Termine
So. 24.11.2019, 19:00 Uhr; Di. 26.11.2019, 20:00 Uhr; Fr. 06.12.2019, 19:30 Uhr; Mi. 11.12.2019, 20:00 Uhr; Sa. 11.01.2020, 19:30 Uhr; Mi. 15.01.2020, 20:00 Uhr; Fr. 24.01.2020, 19:30 Uhr; So. 26.01.2020, 15:00 Uhr; Do. 30.01.2020, 20:00 Uhr; So. 22.03.2020, 15:00 Uhr; Do. 09.04.2020, 20:00 Uhr; Do. 07.05.2020, 20:00 Uhr; So. 10.05.2020, 15:00 Uhr

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Aus heiterem Himmel

Nächster Artikel

Leidenschaft trifft Coolness

Weitere Artikel der Kategorie »Bühne«

Ghostshow

Bühne | Kultur: Corona-Krise=Kulturkrise?

Das Corona-Virus stellt die Welt auf den Kopf und Kulturschaffende vor große Herausforderungen, denn sie können den regulären Betrieb nicht fortführen. Gerade kleinen Privattheatern droht eine Existenzkrise, wenn keine Einnahmen oder Förderungen erfolgen. MONA KAMPE im Gespräch mit den Machern des kleinsten Theaters in Hamburg.

Rocky aus der Röhre!

Theater | Richard O’Brien’s THE ROCKY HORROR SHOW – Deutsches Theater Göttingen Neben den ganzen erwartungsvollen und schon beim Ersten Klingeln vor Begeisterung zitternden Menschen in der Lobby, musste ich beinahe kühl oder reserviert wirken. Vielleicht lag es daran, dass ich zwar gerne ins Theater ging, aber noch nie The Rocky Horror Show gesehen hatte. Es war mein erstes Mal. So wie bei den meisten ersten Mals konnte man unmöglich wissen, was passieren würde. Und am Ende kam dann sowieso alles anders. Von SVEN GERNAND

Die unterschätzte Krankheit

Live | Diabetes Charity Gala Bei der 8. Diabetes-Charity-Gala konnten Rekordspenden in Höhe von über 110.000 Euro für wichtige Gesundheits-Projekte gesammelt werden. Der diesjährige ›Thomas-Fuchsberger-Preis‹ geht an Michael Bertsch. ANNA NOAH informiert sich über eine unterschätzte Volkskrankheit.

Lehrstück ohne Lehre

Bühne | Max Frisch: Herr Biedermann und die Brandstifter Der andauernde Krieg in Syrien oder Donald Trumps Zölle auf außerhalb den USA stammende Waren zeigen es: Der Fall ›Herr Biedermann und die Brandstifter‹ ist aktueller denn je. In Pforzheim zeigt Max Frischs Parabel bzw. ›Lehrstück ohne Lehre‹ (Uraufführung 1956), wie es im Untertitel genannt wird, wie Gutmenschentum, Moral und Egoismus miteinander einhergehen. Von JENNIFER WARZECHA

Der Dezember wird rockig

Live | Bühne: Rock of Ages ›Rock of Ages‹ kommt erstmals nach Deutschland. Mit im Gepäck haben die Darsteller viel ironische Rock-Nostalgie der 80er Jahre. Die Liebesgeschichte von der Kleinstadtschönheit Sherrie und dem Großstadtrocker Drew ist voller Tempo, Witz und Rebellion am legendären Sunset Strip von L.A. ANNA NOAH freut sich auf die Uraufführung.