»Non, je ne regrette rien«. Lilian Huynen vollführt eine Revue über das Leben der Édith Piaf. JENNIFER WARZECHA war beim Chansonabend im Theater Pforzheim dabei.
Wer kennt ihn nicht, Édith Piafs weltberühmten Chanson (deutsch: »Lied«) »Non, je ne regrette rien« (deutsch: »Ich bereue nichts«)? Mit bedauernswerter Stimme, die mitunter gar ehrfürchtig im Großen Haus des Stadttheaters Pforzheim erklingt, singt ihn auch Lilian Huynen an diesem Samstagabend. Es ist das Abschlusslied in der Revue eines kurzen, aber bewegten und geradezu melodramatischen Lebens der besagten Sängerin. Zugleich ist es der Startschuss in das Ersatzprogramm des Stadttheaters Pforzheims mit dem Titel »Édith Piaf. Lieder eines Lebens.« Den vollführt die Sängerin in gewohnt professioneller, ausdrucksstarker und sympathischer Weise.

Foto: Sabine Haymann
So tritt die sympathische Sängerin in eleganter schwarzer Robe alsdann auf die Bühne, auf der sie vor einigen Jahren, allerdings in anderer, größerer Zusammensetzung das Leben der Édith Piaf gesanglich veranschaulicht hat. Zunächst stellt sie ihre Musikerkollegen Philipp Haag am Klavier und Akkordeon, Doreen DaSilva am Violoncello, Klaus Dusek an Gitarre und Kontrabass sowie Florian Schüle an Klarinette und Schlagzeug vor. Danach betont sie, wie schön es sei, dass sie hier in Pforzheim nach so langer Zeit wieder auf der Bühne stehen könne. Ihre nachfolgenden Chansons wie »Dans ma rue«, »La vie en rose«, »Hymne á l‘ amour«, »Mon dieu«, »Padam padam« oder »Non, je ne regrette rien« singt sie mit Verve und Biss in der Stimme. Das Publikum dankt es ihr mit begeistertem Applaus und einem großen Blumenstrauß.
»Selbst wenn mich die Menschen überhaupt nicht dazu bringen, bringe ich sie dazu, zu weinen«, kündigt die Sängerin »Hymne á l‘ amour« an. Nach dem Lied ergänzt sie »Jedes Mal, wenn ich auf die Bühne gehe, ist es dasselbe, egal, was die hinter der Bühne, Freunde oder Kollegen sagen; egal, ob es der längste Auftritt ist, egal, ob er gut oder schlecht läuft. Man kann ja schlecht runter von der Bühne gehen, selbst wenn es schlecht läuft. Aber viel schlimmer noch ist es, wenn es gut läuft. Dann hat man ja gar keinen Grund mehr, die Bühne zu verlassen, weil wenn man runter geht, ist man wieder alleine.« So beschreibt Lilian Huynen in diesem Zitat das trotz allen vordergründigen Glanzes traurige Leben der Sängerin.
Dieses drückt sich auch in einigen Biographien wie der DVD »La vie en rose«, einem Film von Olivier Dahan, aus. So wechselten sich im Leben der Sängerin Höhenflüge und Glück ab mit Dramen und tragischen Abstürzen wie dem Verlust ihrer großen Liebe, dem Boxweltmeister Marcel Cerdan. Dieser kam ausgerechnet da bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, während sie in New York das Publikum mit ihren Balladen begeisterte. Insgesamt sang die Piaf genauso wie Lilian Huynen an diesem Abend oftmals von der menschlichen Existenz. Dabei ging es in ihren Texten stets um Themen wie zum Beispiel Liebe, Glück, Tod, Wiedersehen oder Abschied. Auch ihre Balladen waren oft voller Tragik und Dramatik. Im Film spielte sie dank der Vermittlung Maurice Chevaliers Komödien. Auch Operetten gehörten zu ihrem Repertoire.
Erfolgreich, aber unglücklich
Glücklich wurde der »Spatz von Paris«, wie sie von Zeitgenossen liebevoll genannt wurde, nie. So zitiert der Programmflyer den Satz der Piaf »Stets ist die Liebe vor mir geflohen. Nie konnte ich den, den ich liebte, lange in den Armen halten.« Dennoch wurde sie stets von ihrem Publikum geliebt, wie ein weiteres Zitat von Jean Cocteau im Flyer aussagt: »Sie ist eine Frau von königlicher Einfachheit. Die Kraft, die von ihrem winzigen Körper ausgeht, versetzt jeden in das Reich der Magie.«
Genauso vollführt die ebenfalls zierliche Lilian Huynen gesanglich und in ihrer ganzen Performance in eineinhalb Stunden das Leben der Diva. Dabei sagt sie zwischendurch »Wenn ich tot bin, wird man schon soviel über mich geredet haben, dass man gar nicht mehr weiß, wer ich war.« Sie ergänzt, wie als Appell an das Publikum »Du musst an Dich glauben. Es gibt genug Leute, die es nicht tun.« Den Chanson »Milord« kündigt sie mit Kusshand, die sie dem Publikum zuwirft, an. Schließlich handele es sich dabei um »das Leid zweier Liebenden, die verstanden haben«, gemäß dem französischen Satz »C‘ est fini« (deutsch: »Das ist vorbei.«).
Beim Chanson »L‘ Accordéoniste« schiebt sie eine Plexiglaswand zwischen sich und Philipp Haag, gestaltet flirtend mit ihm die Performance und zitiert »Moral ist, wenn man so lebt, dass es gar keinen Spaß macht, so zu leben.« So steht dieses Zitat auch stellvertretend für das Leben der Chansonsängerin, die sich zwar aus ärmlichen und schweren Umständen heraus hochgearbeitet hatte, am Ende aber doch an ihrer Sehnsucht nach Leben und Glück und schließlich an ihrer Drogen- und Alkoholsucht zerbrochen ist.
An diesem Abend freut sich das Publikum dennoch an den Chansons der am 10.10. 1963 in Plascassier, Grasse, verstorbenen Sängerin. Lilian Huynen schließt ihre gesangliche Darbietung mit dem Satz »Das ist mein Vermächtnis« ab, erntet begeisterten Applaus, bevor sie nach einer Zugabe die Bühne verlässt.
Von ihr wird man sicherlich noch einiges hören, das wiederum zu begeistertem Applaus führen wird. Einfach spitzenklasse!
Am Freitag, 10. Juli, wird Lilian Huynen noch einmal, ab 19.30 Uhr im Großen Haus in Pforzheim, zu hören sein.
| JENNIFER WARZECHA
| Titelfoto: SABINE HAYMANN
Titelangaben
Édith Piaf – Lieder eines Lebens
Liederabend im Theater Pforzheim
Mit: Lilian Huynen
Florian Schüle – Klarinette und Schlagzeug
Doreen DaSilva – Violoncello
Klaus Dusek – Kontrabass und Gitarre
Philipp Haag – Klavier, Akkordeon und Gesang