Weihnachten als Wettkampf? Zwei Großmütter sehen das so und treten gegeneinander an. Das muss ja schiefgehen, prophezeit ANDREA WANNER.
Schon einmal wollten Oma Cäcilia und Großmutter Elfriede beweisen, dass jeweils ihr Enkel der bessere der beiden ist – und trugen »Das Duell der Großmütter« schließlich höchstpersönlich auf dem Sprungturm aus. Jetzt steht Weihnachten vor der Tür, aus dem Zufallswiedersehen alter Rivalinnen im Freibad wurde ein Anknüpfen an eine ehemalige Freundschaft – die wohl zu keinem Zeitpunkt einfach war. Jedenfalls sind die beiden Enkel, Hubert und Otto, echte Kumpels. Sie sind es auch, die auf die Idee eines gemeinsamen Weihnachtsfestes kommen und ihre Großmütter so lange beknien, bis denen nichts anderes übrig bleibt, als zuzustimmen. Rätselhafte Aussagen wie »Du weißt doch noch, wie unser letztes gemeinsames Weihnachtsfest geendet hat. Das war die reinste Katastrophe!« lassen die Jungs zwar aufhorchen, ändern aber nichts an ihrem Wunsch.
Da sind sie Leserinnen und Leser eindeutig im Vorteil. Was Hannes Wirlinger in diesem undurchsichtigen Dialog andeutet, malt Volker Fredrich in ziemlich krassen Szenen aus: Da steht der geschmückte Baum in Flammen und zwei Frauen rennen mit Wassereimern, um zu retten, was zu retten ist. Und währenddessen verbrennt das Weihnachtsessen und landet in der Tonne. Von wegen fröhliche Weihnachten!
Aber das war ja Vergangenheit. Einem glücklichen neuen Versuch zu viert steht nichts im Weg. Oder doch? Der gemeinsame Heilige Abend scheint bereits an der Wahl der Location zu scheitern: Beide Omas wollen ihn unbedingt bei sich ausrichten. Schließlich entscheidet das Los und Oma Cäcilia ist die Glückliche. Dafür findet das vorweihnachtliche Backen bei Oma Elfriede statt. Alle können zufrieden sein: Hubert, dessen Mutter am Heiligabend im Krankenhaus arbeiten muss, Otto, dessen Vater ebenfalls Dienst hat, und natürlich beide Omas. Aber wie viele Tücken das Fest hat, wird Seite um Seite deutlicher. Traditionelle Deko in großen Mengen oder lieber witzige Alternativen? Bringt das Christkind die Geschenke oder der Weihnachtsmann? Und was wird gesungen, »O du fröhliche« oder »O Tannenbaum«? Die beiden älteren Damen zicken sich an wie in besten Zeiten, zwei Jungs sind einigermaßen ratlos, aber schließlich sind es die mitgebrachten Haustiere, die dafür sorgen, dass das weihnachtliche Chaos perfekt wird.
Hannes Wirlinger erzählt mit viel Humor und lässt die beiden Großmütter mit ihren jeweiligen Eigenarten lebendig werden. Da steht keine hinter der anderen zurück, beide kämpfen nicht nur mit lauteren Mitteln darum, den jeweils eigenen Dickkopf durchzusetzen. Aber es gibt auch durchaus Momente der Rührung, wenn beispielsweise Oma Elfriede an der Wand in Oma Cäcilias Wohnung ein Foto von den beiden beim Sprungwettbewerb in Wien zeigt. »Wahnsinn! Das war vor fünfzig Jahren.« Das Hin- und Herpendeln zwischen Weihnachtsstimmung und Zoff fängt Volker Fredrich perfekt mit seinen Illustrationen ein. Das stimmungsvolle Weihnachtsambiente auf dem Christkindlmarkt, bei der Weihnachtsbäckerei oder bei der Bescherung wird durch kleine Collagenanteile stimmig ergänzt. Hier agieren die vier Figuren und zeigen ihre Emotionen, die von Entsetzen über gespielte Gleichgültigkeit bis zum Entzücken reichen, überdeutlich.
Wird es am Ende gelingen, das Fest zu retten? Man darf wirklich gespannt sein, denn diese Großmütter schrecken vor gar nichts zurück. Ihre Enkel lieben sie trotzdem – und irgendwie hat man sie am Ende der zweiten Geschichte doch auch ins Herz geschlossen, trotz all ihrer Macken.
Titelangaben
Hannes Wirlinger: Das Weihnachtsduell der Großmütter
Illustriert von Volker Fredrich
München: Tulipan 2022
56 Seiten, 18 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren
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