Kinderbuch | Ian Falconer: Olivia in Venedig
Mitten in der schönsten Osterzeit, bei Hasenhochkonjunktur, lässt Ian Falconer eine Horde Schweine los. Ausgerechnet auf Venedig. Die Stadt der Gondeln, der Brücken und Tauben. Im Land von Gelati und Pizza. Wenn Olivia in Venedig ist, dann kann eigentlich nur eine riesengroße Schweinerei herauskommen. Darauf braucht VIOLA STOCKER erstmal ein … Na? Richtig, ein Gelato!
Olivia ist ein kleines Schwein, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Weil auch kleine Schweine aus Übersee mal Urlaub brauchen, darf sie in den Osterferien nach Venedig reisen. In die Stadt, die seit Jahrhunderten ständig unter Wasser steht! Schon die Anreise ist ein Erlebnis, denn Olivia wird mit dem Flugzeug fliegen. Bei so viel Aufregung ist es sehr beruhigend, wenn die Mama versichert, dass es in Venedig an jeder Straßenecke Eis und Pizza gibt.
Tour de Force auf schweinisch
Olivias Familie macht sich nach der ersten Nacht im Hotel auf den Weg, die Lagunenstadt als Touristen zu erkunden. Sie laufen über so viele Brücken, dass gegen die Erschöpfung nur noch eins hilft – Eis, oder besser: Gelato. Das gibt es von nun an jedes Mal, wenn Olivia etwas besonders überwältigendes sieht: die Palazzi am Canale Grande zum Beispiel, die Tauben am Markusplatz oder die Rialtobrücke bei der Fahrt mit der Gondel.
Klar, dass ein kunstsinniges Schwein wie Olivia mit einem schönen Andenken nach Hause zurückkehren möchte. Nachdem Kronleuchter und Gondel größenbedingt wegfallen, entscheidet Olivia sich schließlich für einen symbolträchtigen Mauerstein vom Markusplatz. Dumm nur, dass sie ihn aus dem Glockenturm herausschlagen musste, denn nun stürzt unter großem Getöse selbiger in sich zusammen. Olivias peinlich berührte Familie hat es nun sehr eilig, die Heimreise anzutreten und während hinter ihnen Venedig in Schutt und Asche liegt, fliegt Olivia mit den schönsten Erinnerungen nach Hause.
Respektlose Sicht der Kinder
Ian Falconer illustriert mit sehr reduziertem, akzentuiertem Strich und hat so ein sehr schönes Bilderbuch gestaltet. Olivias Venedig erinnert an die retuschierten Fotos vom Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts und seine meist in wenigen Farben gehaltenen Illustrationen fügen sich zu einem angenehmen Gesamtbild zusammen.
Die kleinen Leser merken so sehr schnell, wie schön Venedig wirklich ist. Sie haben natürlich gleich begriffen, dass es die Kinderlieblingsspeisen – Gelato und Pizza – bei Olivia dauernd zu essen gibt und es macht ihnen Spaß, entsprechende Sätze zu vervollständigen. Genauso lustig finden sie, dass es ausgerechnet Olivia ist, die ihr geliebtes Venedig am Schluss dem Erdboden gleich macht.
Dies ist auch der Augenblick, in dem man als Eltern das große Fragezeichen auftauchen sieht. Denn es ist schade, dass Olivia wie so viele amerikanische Touristen Venedig nur wenige Tage sieht. Es ist bedauerlich, dass die kulinarischen Errungenschaften Italiens auf Pizza und Eis reduziert werden und es ist traurig, dass alles, was die Horde Schweine von Venedig zurücklässt, eine große Steinhalde ist.
Den Kindern aber macht das Lesen dieser respektlosen Schweinerei großen Spaß, Falconer hat ein wirklich schönes Kinderbuch verfasst und schlussendlich ist dies auch eine Anregung für alle miteinander, mehr über Venedig in Erfahrung zu bringen.
Titelangaben
Ian Falconer: Olivia in Venedig
Aus dem Amerikanischen von Monika Osberghaus
Hamburg: Oetinger 2012
48 Seiten. 12,95 Euro
Ab 4 Jahren