Roman | Martina Hefter: Hey guten Morgen, wie geht es dir? Wenn der Himmel grau über der Stadt hängt und der Tag wenig Verheißungsvolles verspricht, könnte jede am Handy aufploppende Nachricht die Flucht in eine reizvolle Parallelwelt eröffnen. Martina Hefter spielt in ihrem aktuellen Roman Hey guten Morgen, wie geht es dir? verschiedene Lebens- und Realitätsebenen durch. Von INGEBORG JAISER
Roman | Vera Buck: Das Baumhaus
Mit ihrem für den Friedrich-Glauser-Preis nominierten Thrillerdebüt Wolfskinder hat die in Nordrhein-Westfalen geborene und heute in der Schweiz lebende Vera Buck 2023 nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht. Nun folgt mit Das Baumhaus jener Roman, der nach Ansicht vieler immer der ungleich schwerere ist, Nummer 2 nämlich. Und um es gleich vorwegzunehmen: Auch Bucks neues Buch lebt bis auf ein paar verwirrende Momente gegen Schluss von einer spannenden, routiniert erzählten Geschichte, die ihre Leserinnen und Leser diesmal mitnimmt ins schwedische Västernorrland, eine riesige, von undurchdringlichen Wäldern und schroffen Steilküsten geprägte Gegend. Und hier, in der »letzten europäischen Wildnis«, wie der Roman es ausdrückt, gut 500 Kilometer nördlich von Stockholm, lässt Vera Buck es zur tödlichen Konfrontation ihrer Figuren mit den Schatten der eigenen Vergangenheit kommen. Von DIETMAR JACOBSEN
Roman | Kristin Höller: Leute von früher
»Als sie Strand zum ersten Mal betrat, zwickte ihr Unterleib, und sie spürte, dass sie zu bluten begann. Sie hatte keine starken Schmerzen, bemerkte kaum Stimmungsschwankungen, ab und zu vergaß sie sogar, dass sie einen Zyklus hatte. Ihr Körper funktionierte und war unauffällig, aber so hatte sie nie gelernt, in sich hineinzuhorchen.« In ihrem zweiten Roman schickt die Autorin ihre Protagonistin Marlene als Saisonkraft in das Erlebnisdorf »Strand« auf eine der Restinseln der längst untergegangenen gleichnamigen Nordseeinsel, die mitsamt dem dort gelegenen berühmten Handelsort Rungholt einst vom Meer überflutet wurde, bei der verheerenden Sturmflut im Jahre 1362. Von Rungholt erzählt auch Barbara, eine ältere Arbeitskollegin Marlenes, und das Magische und Gruselige durchzieht den ganze Roman Höllers. Von DIETER KALTWASSER
Roman | Liza Cody: Die Schnellimbissdetektivin
Nach einer Ex-Polizistin, einer Catcherin, der Witwe einer respektablen Rocklegende, einer Schriftstellerin, die das Leben einer ermordeten Sängerin recherchiert, einer Tochter indischer Einwanderer und einer obdachlosen Alkoholikerin überrascht Liza Cody in ihrem siebzehnten Roman die Leserinnen und Leser mit einer weiteren, aber ganz gut in die Reihe passenden Hauptfigur. Denn auch Hannah Abram war einmal bei der Polizei, hat sich allerdings mit einem Vorgesetzten angelegt – und das ziemlich handgreiflich. Deshalb arbeitet sie inzwischen im »Sandwich Shack« am Rande des Londoner Volksparks, hantiert gekonnt mit Toastscheiben, Würstchen und Speck und wird von Digby, ihrem cholerischen Chef, periodisch entlassen und kurz darauf wieder eingestellt. Weil ihr schmaler Verdienst weder hinten noch vorne ausreicht und ihr Ruf als Polizistin noch ein wenig nachhallt, verdient sie sich ein paar Pfund mit Detektivaufträgen dazu – nichts Großem, sondern nur Sachen, bei denen die Polizei von vornherein abwinkt. Aber auch kleine Fälle haben gelegentlich so ihre Tücken. Von DIETMAR JACOBSEN
Roman | Bodo Kirchhoff: Seit er sein Leben mit einem Tier teilt
»Er lässt kaltes Wasser über sich laufen, minutenlang, als könnte es ihn so auflösen wie den Schweiß auf seiner Haut und im Abfluss verschwinden lassen«, heißt es über Louis Arthur Schongauer, die Hauptfigur in Bodo Kirchhoffs neuem Roman. Schongauer steht kurz vor seinem 75. Geburtstag, hat zwei Frauen auf tragische Weise verloren und sich in ein abgelegenes Haus über einem See zurückgezogen. Ein See, der dem Gardasee, wo Autor Kirchhoff einen Zweitwohnsitz hat, nicht unähnlich ist. Von PETER MOHR
Roman | David Wagner: Verkin
Eine flauschig-weiße Katze mit zwei unterschiedlichen Augenfarben setzt den Anfangspunkt und den Hauptakzent in David Wagners neuem Roman. Als wäre sie das perfekte Accessoire für die Kosmopolitin und Grenzgängerin Verkin, einer charismatischen Armenierin mit vielen Gesichtern und einer schillernden Biographie, im Transit zwischen den Kulturen. Von INGEBORG JAISER
Roman | Moritz Heger: Die Zeit der Zikaden
Zuletzt hatte der 53-jährige Stuttgarter Autor Moritz Heger im Vorgängerroman Aus der Mitte des Sees (2021) die Lebens- und Sinnkrise eines Mönchs in den Mittelpunkt gestellt. Es war ein bedächtiges Buch mit tiefgehenden Selbstreflexionen des Protagonisten. Moritz Heger, der auch noch als Gymnasiallehrer für Deutsch und evangelische Religion tätig ist, zelebriert auch in seinem neuen Buch wieder die Langsamkeit, das Innehalten, das Zu-sich-selbst-finden. Von PETER MOHR
Roman | Louisa Luna: Abgetaucht
Mehr als dreißig Jahre ist es inzwischen her, dass der populäre Footballspieler Zeb Williams mitten in einem Spiel auf und davon lief. Gerade sollte das letzte Viertel des Traditionsmatchs zwischen den Universitäten von Berkeley und Stanford vor mehr als 60.000 Zuschauern angepfiffen werden, als der zur Mannschaft von Berkeley gehörende Mann sich den Ball griff und aus dem Stadion sprintete. Seitdem wurde er nur noch einmal gesehen - von einem kurz nach dem Zwischenfall mit der Suche nach dem Sportidol beauftragten Detektiv in der Kleinstadt Ilona in Oregon. Und genau dort hofft Alice Vega, die Spezialistin im Aufspüren verschwundener oder entführter Personen, im Auftrag der Familie einer Ex-Freundin von Williams drei Jahrzehnte später auf Spuren des Vermissten zu stoßen. Und landet in einer von einer ultrarechten Hassgruppe terrorisierten Gegend, in der jeder Tag ihr letzter sein könnte. Von DIETMAR JACOBSEN
Roman | Helmut Krausser: Freundschaft und Vergeltung
Helmut Kraussers künstlerische Produktivität ist beeindruckend. Der Schach- und Backgammon-Liebhaber, der am 11. Juli seinen 60. Geburtstag feiert(e), hat nun bereits seinen 19 Roman vorlegt. Darüber hinaus hat er äußerst fleißig Erzählungen, Gedichte, Tagebücher, Opernlibretti, Hörspiele und Theaterstücke veröffentlicht. Im letzten Jahr wurde seine Sinfonie in Aue uraufgeführt. Krausser pendelt oft und gern zwischen hohem künstlerischen Anspruch und klischeehaften Vereinfachungen. Von PETER MOHR
Roman | Isabel Allende: Der Wind kennt meinen Namen
Es kann mehr Fluch als Segen sein, wenn einem Schriftsteller mit dem Debütwerk gleich ein ganz großer Wurf gelingt. Günter Grass musste diese Erfahrung machen, weil er über lange Zeit stets an der Blechtrommel gemessen wurde. Nicht anders ergeht es der inzwischen 81-jährigen Isabel Allende, die mit ihrem Erstling Das Geisterhaus (1982) auch gleich einen Weltbestseller landete. Ihre Bücher haben eine Gesamtauflage von über 73 Millionen erreicht und wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Von PETER MOHR

