Gesellschaft | Leitfaden für britische Soldaten 1944 Spätestens seit die US-Regierung auf den 9/11-Terror mit Bombeneinfällen im Irak reagierte, kennt man auch im friedensverträumten Deutschland das Wort »Exit-Strategie«. Man sollte, besagt es, nicht irgendwo einfallen, wenn man nicht weiß, wie man wieder rauskommt. Das leuchtet selbst Zivilisten ein, ist aber nur der zweite Schritt. Der erste – für den zweiten unabdingbare – scheint in neuen »asymmetrischen« Kriegen fatalerweise wegtechnologisiert zu sein: Man sollte das Land, in das man einfällt, sehr gut kennen. Nicht nur die Geo- und Topographie samt Klima, sondern die Menschen und deren Geschichte, Kultur, Lebensart, Mentalität. Mit
Gesellschaft | World Press Photo (Hrsg.): Stories of Change Der im Westen so enthusiastisch gefeierte Arabische Frühling von 2011 ist politisch längst ad acta gelegt. Ägypten kann sich auf die nächsten 40 Jahre Militärdiktatur einrichten, Libyen versinkt im Bürgerkrieg. Nur in Tunesien scheint sich ein bescheidener Wandel vollzogen zu haben. Weiter westlich schließlich fand gar kein politischer Wechsel statt. Dass die Gesellschaften dieser Länder aber auch abseits von politischen Kämpfen nicht starr und statisch sind, zeigt der eben erschienene Band ›Stories of Change‹. Von PETER BLASTENBREI
Gesellschaft | Markus Morgenroth: Sie kennen dich! Sie haben dich! Sie steuern dich! Big Brother. Ursprünglich ist das keine Fernsehsendung, sondern eine lückenlose gesellschaftliche Überwachungsinstanz in einem Staat der Zukunft. Die RTL-Veranstaltung setzt den Zuschauer selbst in die Situation der überwachenden Instanz und amüsiert sich über jegliche Überwachungsgefährdung. Der Zuschauer erlebt einen derbe lustigen Ringelpiez mit Anfassen, dem sich u. a. ein Ex-Senator aus Hamburg aussetzt, was also soll daran schlimm sein. Von WOLF SENFF
Kulturbuch | S.D. Sauerbier: Revue-Rendez-vous – Korrespondenzstück Revue Rendez-vous. Ein Korrespondenzstück – gelesen von DIDIER CALME
Gesellschaft | Christiane Fritsche: Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt / Christiane Fritsche: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus« Lange vor dem Massenmord an den europäischen Juden setzten die Nationalsozialisten ein anderes Programm in die Tat um: die Verdrängung der deutschen Juden aus dem Wirtschaftsleben. Was das im Einzelnen für Geschädigte wie für die vielen Nutznießer bedeutete, können nur Lokalstudien belegen. Die beiden von Christiane Fritsche erarbeiteten Bücher zur Arisierung in Mannheim sind hervorragende Beispiele dafür. Von PETER BLASTENBREI
Gesellschaft | M. Metz, G. Seeßlen: Geld frisst Kunst. Kunst frisst Geld Beim Lesen dieser umfassenden Darstellung von Kunst in der Gegenwart kommt immer wieder die Frage auf, ob die geschilderten Phänomene nicht der Kunst ebenso wie dem Fußball zu eigen sind oder der Schauspielerei. Überhaupt fällt auf, dass Markus Metz und Georg Seeßlen einzelne Kunstwerke nur im Ausnahmefall erwähnen. Es geht in neoliberalen Zeiten um das neue Besondere von Kunst, das in der Ökonomie der Kunst bzw. in der Aneignung der Kunst durch Ökonomie sichtbar wird – ein Frontalangriff, der sie fundamental veränderte. Von WOLF SENFF
Comic | Gesellschaft | Superhelden Sie sind stark, sie sind laut, sie haben Superkräfte, sie retten täglich die Menschheit, sie sind bei handgreiflichen Auseinandersetzungen nicht gerade zimperlich, und sie erfreuen sich einer zunehmenden Popularität – die Rede ist natürlich von Comic-Superhelden. Während sich noch vor einem Jahrzehnt kaum jemand außer Kindern, Jugendlichen und sogenannten Nerds für sie interessierte, scheinen sie in den letzten Jahren eine regelrechte Renaissance zu erleben – die uns bis in den Alltag hinein folgt. Und diesen zunehmend okkupiert. PHILIP J. DINGELDEY geht der Frage nach der neuen Verbindung von Superhelden und unserem Alltag nach. Titelfoto: Christopher
Gesellschaft | Jan Philipp Albrecht: Finger weg von unseren Daten Der grüne EU-Parlamentarier Jan Philip Albrecht hat ein Plädoyer für mehr Datentransparenz geschrieben. Herausgekommen ist ein Buch, das an den parlamentarischen Strukturen scheitert. Von JAN FISCHER
Sachbuch | Gabriel Zucman: Steueroasen Hoeneß, JVA Landsberg, ist eine Mücke, vergleicht man ihn mit denjenigen, die real die Beträge verschieben. Gut, eine Mücke sticht, sie überträgt leidige Krankheiten. Aber der grandios inszenierte Bouhaha, der um die Steuer-CDs veranstaltet wurde, hat bei den tatsächlich Vermögenden, wenn überhaupt, ein gelangweiltes Schmunzeln verursacht. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Dilger / Fatheuer / Russau / Thimmel: Fußball in Brasilien: Widerstand und Utopie Südafrika 2010 sind »die Einnahmen der Fifa gegenüber der letzten WM in Deutschland im Jahr 2006 um mindestens fünfzig Prozent gestiegen«. Da wussten sie doch, die Brasilianer, was sie erwarten würde. Oder? Aber Lula, bis 2010 Präsident Brasiliens, war offenbar närrisch, wenn es um Fußball ging. Von WOLF SENFF