TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Makellose Desaster Die kapitalistische Ökonomie bricht ein, sagte Gramner, nicht heute, sagte er, nicht morgen, nicht gleich, sie läßt sich Zeit, sie genießt den eigenen Kollaps Schritt für Schritt, mit kühlem Kopf kalkuliert. Sie bereitet ihn strategisch vor, zu erwarten ist ein grandioses, spannendes, erschütterndes Schauspiel, in einzelnen Etappen präsentiert nach bestem Wissen und Gewissen, nichts überläßt sie dem Zufall.
Textfeld | Wolf Senff: Vier Mio Vier Millionen Jahre, wie lange dauern vier Millionen Jahre, fragte Sut. Manchmal fiel ihm ein, seine Erzählungen auf der ›Boston‹ mit einer Frage einzuleiten, das hielt er für eine originelle Idee, es lockere die Atmosphäre und führe sein Publikum in kleinen Schritten in die Erzählung. Eine Ewigkeit, antwortete Crockeye.
Wolf Senff: Goldgräber, Walfänger, indigene Stämme II Wachstum und Fortschritt seien dämonische Kräfte, widersprach Gramner, ihr Geist sei destruktiv. Gemeinhin schlummern diese Dämonen, sagte er, man müsse in ihre Sphäre eindringen, sie müßten wachgerüttelt werden, und in der Moderne könne kein Zweifel daran bestehen, daß sie vollkommen lebendig seien. Doch einen Weg, der in die Irre führe, könne man verlassen. Du sprachst von Krankheiten? McAlister lachte verlegen.
Textfeld | Wolf Senff: Goldgräber, Walfänger, indigene Stämme I Das darf nicht wahr sein!, rief McAlister: Gibt es nicht! Er strich sich über das Haar, lachte schallend auf und setzte sich. Gramner erschrak und richtete sich auf. McAlister winkte der Theke und bestellte einen Bourbon.
Textfeld | Wolf Senff: Kumeyaay In der Stadt herrschen chaotische Zustände, da habe Gramner recht, sagte Pirelli, aber deshalb zu behaupten, die Menschen wüßten nicht miteinander umzugehen, damit gehe er zu weit. Er rede ja nicht über die Gegenwart, widersprach Mahorner, sondern wie sonst auch über die Zukunft. Er mahnt und warnt, sagte Crockeye. Er wolle die Zukunft verändern, sagte Sanctus. Crockeye tippte sich an die Stirn. Der Ausguck lächelte ratlos.
Wolf Senff: Noch von Tambora Das klingt für meine Ohren alles zu kompliziert, sagte der Ausguck und streckte sich lang in den heißen Sand der Ojo de Liebre. Er stöhnte genießerisch. Hier kannst du die Welt vergessen, sagte er. Geh du nur schwimmen!, sagte er. Thimbleman lachte. Wolltest du es nicht lernen? Aus mir wird kein Fisch werden, mein Freund.
Textfeld | Wolf Senff: Gesundheit Die Ärzte jener Moderne, sagt Gramner, würden invasiv operieren, die Schäden, die sie anrichteten, seien beträchtlich. Der Ausguck rieb sich die Augen. Er verstehe nicht ein einziges Wort, sagte er. Gramner erzähle Schauergeschichten aus der Moderne? Auch in jener Moderne werde das vermutlich kaum einer zur Kenntnis nehmen. Doch Gramner solle sich in acht nehmen. Kassandra, sagt man, sei erdolcht worden.
Textfeld | Wolf Senff: Neu und alt Genug!, rief Thimbleman zum Strand hin, wo der Ausguck scheinbar ohne Ende einen Salto nach dem anderen schlug. Pure Lebensfreude, entgegnete der Ausguck, während er gemächlich an seinen Platz zurückkehrte.
Textfeld | Wolf Senff: Mehr von Tambora Weit hergeholt, oder? Daß in Bayern Brotunruhen ausbrechen, weil auf einer Sunda-Insel ein Vulkan ausbricht? Genau. Der Ausguck grub seine Hand in den heißen Sand. Wie gern er tagelang in dieser Lagune ausspannen würde! Die Besatzungen der Schaluppen waren vom letzten Fang noch nicht genesen, das kam ihm zupaß, das Leben kennt Phasen, da geht es großzügig mit uns um.
Textfeld | Wolf Senff: Sut erzählt von Eldin Wir leben in bewegten Zeiten, sagte Sut, da werde es schwierig, die Erinnerung daran zu bewahren, geschweige denn, das Geschehen getreu zu überliefern. Manche unter uns bestünden darauf, daß die Fotografie eine große Hilfe sei, eine sensationelle neue Technologie, sagen sie, die eifrig perfektioniert werde. Sie konserviere, so werde versichert, sagte Sut, die Gegenwart in Bildern, doch das sei falsch, bewahre!, die Fotografie sei eine gefräßige Technologie. Der Mensch verstehe die Welt nicht und müsse argwöhnisch bleiben, absolut.