Roman | Håkan Nesser: Die Lebenden und Toten von Winsford Håkan Nesser ist ein Meister des stillen Thrills. Sowohl in seiner zehnbändigen Kommissar-van-Veeteren-Reihe als auch in den Büchern um seinen zweiten Serienhelden Gunnar Barbarotti hat er die krachende Action, die einige seiner nordeuropäischen Kollegen so lieben, immer vermieden. Stattdessen nahm er seine Leser mit auf eine Reise ins Innere seiner Figuren, erzeugte Spannung aus deren seelischen Bedrängnissen, unverarbeiteten Kindheitserlebnissen und nicht vergessenen Demütigungen heraus. Sein aktueller Roman Die Lebenden und Toten von Winsford begleitet eine Frau in die Einsamkeit eines kleinen südenglischen Dörfchens. Es geht um einen Neuanfang – doch
Krimi | Oliver Harris: London Underground Nach London Killing (Blessing 2012), dem hochgelobten Debüt des britischen Autors Oliver Harris (Jahrgang 1978), liegt jetzt mit London Underground der zweite Fall für Detective Nick Belsey auf Deutsch vor. Diesmal bekommt es der Mann mit der dunklen Seite seiner Heimatstadt zu tun, muss hinunter in Schächte, geheime Atombunker und vergessene Bahnstationen, um eine Rachegeschichte aufzudecken, die zurückreicht bis in die Hochzeiten des Kalten Kriegs. Spannend, wendungsreich und aktueller, als man denkt. Von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | Daniel Friedman: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten Baruch – genannt Buck – Schatz ist 87 Jahre alt, als er erfährt, dass der SS-Offizier, der ihn gegen Ende des Krieges in einem Gefangenenlager fast zu Tode gequält hat, noch lebt. Mit einem Goldbarren hat der Mann einen amerikanischen Posten – Bucks alten Kumpel Jim – bestochen und sich aus Deutschland abgesetzt. Jim quält nun auf dem Totenbett sein schlechtes Gewissen. Doch Buck denkt gar nicht daran, ihm zu verzeihen, sondern macht sich mit seinem Enkel auf, den Nazi Heinrich Ziegler und seinen Goldschatz zu jagen. Daniel Friedmans
Roman | Kristof Magnusson: Arztroman Endlich mal ein Motto von Heidi Klum! Ihr »Nein!« hat Kristof Magnusson – neben einem Albert-Schweitzer-Zitat, damit die erste Seite nicht komplett ins Triviale abrutscht – seinem Arztroman vorangestellt. Nachdem uns der Mann mit den isländischen Wurzeln in seinem letzten Buch hochamüsant die weltweite Finanzkrise nahegebracht hat (Das war ich nicht, Kunstmann 2010), kümmert er sich diesmal – erzählerisch nicht weniger elegant und mindestens genauso sorgfältig recherchiert – um die Krisenfälle im menschlichen Alltag einer Berliner Ärztin. Von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | Ross Thomas: Fette Ernte Wie kann es sein, dass im Jahr 2014 ein Roman auf der KrimiZeitBestenliste landet (Platz 2 im Mai und Juni), der im Original vor 39 Jahren erschien und dessen Autor, Ross Thomas, im Dezember 1995 das Zeitliche segnete? Die Antwort fällt nicht schwer: Was die deutschen Leser gut vier Jahrzehnte nach der erstmaligen Übersetzung von Thomas‘ Fette Ernte – im Original The Money Harvest – betiteltem Roman zu lesen bekommen, ist ein völlig anderes Buch als die gerade mal 128 Seiten umfassende Ullstein-Ausgabe von 1975. Und Wunder über Wunder: Der Text hat in all
Krimi | Bernhard Aichner: Totenfrau Wer möchte schon Brünhilde heißen? Hagen Blums Tochter jedenfalls nicht. Und so beschließt die 16-Jährige, dem Vater, einem bekannten Innsbrucker Bestattungsunternehmer, die Nibelungentreue aufzukündigen und fortan nurmehr unter ihrem Nachnamen aufzutreten. Doch nicht nur in diesem Punkt setzt Blum ihren Kopf durch. Auch der verhassten Adoptiveltern weiß sie sich ein paar Jahre später so raffiniert wie brutal zu entledigen. Und lernt bei der Gelegenheit auch noch den Mann ihres Lebens kennen. Doch wenn das Glück am ungetrübtesten scheint, fangen die Albträume gewöhnlich erst an. Bernhard Aichner neuer Krimi Totenfrau. Von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | Richard Crompton: Wenn der Mond stirbt Nairobi im Dezember 2007. Vor der anstehenden Präsidentschaftswahl bauen sich die Spannungen zwischen den politischen Lagern und unterschiedlichen Volksgruppen in Kenia immer mehr auf. Ist unter den Rivalisierenden auf den Straßen auch der Mörder einer jungen Frau zu finden, dem der Massai-Ermittler Mollel nachjagt? Richard Cromptons Krimidebüt Wenn der Mond stirbt hat Atmosphäre und ist kenntnisreich und spannend geschrieben. Von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | Oliver Bottini: Ein paar Tage Licht Nachdem er sich (vorerst?) von seiner Freiburger Kommissarin Louise Boní getrennt hat, die im Mittelpunkt der ersten fünf Romane Oliver Bottinis stand, sind die letzten beiden Bücher des 1965 geborenen Autors Kriminal- und Zeitromane in einem. Ging es in Der kalte Traum (2012) um den Jugoslawienkonflikt und seine Nachwirkungen, führt uns Ein paar Tage Licht (2014) nun dicht an einen anderen Krisenherd unserer Tage heran – nach Algerien nämlich, vom »Arabischen Frühling« zunächst verschont geblieben, aber auch – wie seine Nachbarstaaten – in Verhältnissen erstarrt, die nach demokratischen Veränderungen verlangen. Von DIETMAR
Krimi | Arne Dahl: Neid Nach Gier (Piper 2012) und Zorn (Piper 2013) kann man nun mit Neid den dritten Teil von Arne Dahls Serie um die OPCOP-Gruppe auf Deutsch lesen. Erzählt wird, wie um eine Erfindung, die die Welt revolutionieren könnte, ein blutiger Krieg entbrennt. Und trotz aller Zukunftsmusik, die in dem rasant zu lesenden Roman erklingt, bleibt Dahl erfreulicherweise mit beiden Füßen auf der Erde und plädiert für ein Europa, dass sich seiner weltweiten Verantwortung bewusst werden sollte. Von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | Dominique Manotti: Ausbruch Es hat nicht lange gedauert, bis sich Dominique Manotti, die erst mit 50 Jahren anfing zu schreiben, zu einer der wichtigsten europäischen Crimeladies gemausert hat. Die studierte Wirtschaftshistorikerin und ehemalige Gewerkschaftsaktivistin durchleuchtet in ihren Romanen die Chefetagen der großen Konzerne, deckt die Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft auf und nimmt ihren Lesern sämtliche romantischen Illusionen, es könnte da, wo der Profit im Mittelpunkt steht, auch menschlich zugehen. In Ausbruch nun wirft sie einen Blick zurück auf jene Jahre, in denen die europäische Linke sich radikalisierte, und fragt, was von jener »bleiernen Zeit« bleibt. Von DIETMAR