Comic | Marcello Quintanilha: Tungstênio Der Krimi-Comic ›Tungstênio‹ des brasilianischen Zeichners Marcello Quintanilha beginnt scheinbar harmlos, entfesselt aber schnell eine überkochende Hetzjagd. Er hält sein Tempo über all seine 182 Seiten. Und lässt CHRISTIAN NEUBERT atemlos zurück.
Gesellschaft | U.Prutsch, E.Rodrigues-Moura: Brasilien. Eine Kulturgeschichte »Dr Zoch kütt!« Es ist wieder so weit: Verkleidete Menschen auf den Straßen, freudentrunken Arm in Arm – singend, tanzend, das Leben feiernd. Karneval! Paraden und Lindwürmer, Samba und Bläck Fööss. Brasilianische Verhältnisse in Köln, Kölner Verhältnisse in Brasilien! Und unsere Autorin SUSAN GAMPER fragt sich: »Brasilien? Da war doch was …«
Gesellschaft | Dilger / Fatheuer / Russau / Thimmel: Fußball in Brasilien: Widerstand und Utopie Südafrika 2010 sind »die Einnahmen der Fifa gegenüber der letzten WM in Deutschland im Jahr 2006 um mindestens fünfzig Prozent gestiegen«. Da wussten sie doch, die Brasilianer, was sie erwarten würde. Oder? Aber Lula, bis 2010 Präsident Brasiliens, war offenbar närrisch, wenn es um Fußball ging. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Mirian Goldenberg: Untreu Gender-Forschung ohne Konfrontationskurs? Starker Tobak. Mirian Goldenberg versteht sich als Anthropologin, sie führt umfangreiche Forschungsvorhaben durch und beschäftigt sich in ihren zahlreichen Publikationen durchgängig mit dem Verhalten brasilianischer Mittelschichten, was Liebe, Begehren, Ehe, Familie und Treue betrifft. Legen wir das ungelesen beiseite ins Regal für Spießbürger? Mal halblang, meint WOLF SENFF.
TITEL-Thema | Brasilien 2014 ›Die Jungs‹ sind eingeschnappt. Es entsteht eh der Eindruck, dass sich die Reifeprozesse generell verzögern, oder, anders, die langjährige und intensive Teilhabe an Spaßgesellschaft trägt dazu bei, dass fröhliche, unbeschwerte Kindlichkeit länger als üblich ihr Unwesen treibt. Man fühlt sich gut so infantil, man zickt herum, das kompliziert die Dinge. Von WOLF SENFF
TITEL-Thema | Brasilien 2014 Sogar dem Kommentator brechen die Sehnsüchte durch und er schwärmt von der Kultur des Lebens in Costa Rica, wo niemandem die Zeit durch die Finger rinnt, sondern sie ohne Not und Ende verfügbar bleibt und die Spieler sich durch nichts hetzen lassen. »There is a crack in everything/ That’s where the light gets in« (Leonard Cohen). Weist der Fußball in seinen schönsten Momenten womöglich doch über sich hinaus: Ein Spiel, das Horizonte öffnet? Hinzu kommt: Es ist erstaunlich, wie abrupt sich Stimmung verändert, sobald die Spiele beginnen. Von WOLF SENFF
TITEL-Thema | Brasilien 2014 Eröffnung sah er nicht, nein. Die Sängerin, die abgesagt hatte, war nun doch da? Nein, all der Eröffnungshype, das interessiert ihn nicht. Der offizielle Song reizte ihn ganz und gar nicht, der Sänger nannte sich Pitbull, was für eine charmante Idee, sicherlich ein Beispiel für abgründigen Humor. Nein, nicht seine Welt. Wie heißt er überhaupt, unser Irrenarzt? Ach, er möchte inkognito bleiben, er möchte heute wenig reden. Von WOLF SENFF
TITEL-Thema | Brasilien 2014 Nein, ich muss um Nachsicht bitten. Ja, genau, was die Irrenärzte betrifft. Man vertut sich schon mal. Richtig ist, dass es Irrenärzte einfach nicht mehr gibt. Wer ›Irrenarzt‹ eintippt, den reicht Wikipedia automatisch zu ›Psychiater‹ weiter. Echt. Gibt null Erklärung, wird glatt so weitergereicht. Tatsache. Woanders steht was von ›Geusenwort‹ und von ›Euphemismus-Tretmühle‹. Gut, wir wollen es nicht drauf ankommen lassen, doch dass man sich wundert, das wird erlaubt sein. Von WOLF SENFF
Kolumne | Das aktuelle Gefälle #3 ›Das aktuelle Gefälle‹ ist CHRISTIAN NEUBERTs satirisches Format, in der er sich zeitgenössischer Schieflagen annimmt. Diesmal gibt es empörend Schräges zum Dschungelcamp der anderen Art.
TITEL-Thema | Brasilien 2014 Berechtigte Frage: ob man das mit nem normalen Kopf noch verarbeitet. Ist ein bisschen viel auf einmal, oder? Die Bewohner der Favelas, die verzweifelt darauf hoffen, die unteren Ränder der Mittelklasse zu erreichen, der Staat, der, anstatt in Infrastruktur zu investieren, sich abzocken lässt und Milliarden für gigantische Stadien verpulvert – Manaus, wo England gegen Italien spielen soll, liegt am schönen Amazonasfluss tief im tropischen Regenwald –, und eine kriminelle FIFA, die sich mit drei Milliarden im Säckel davonschleichen wird. Von WOLF SENFF