Bühne | Bertolt Brechts ›Mutter Courage und ihre Kinder‹ Krieg und Gewalt sind Themen, die nicht nur stets die Gesellschaften bewegen, wie aktuell die Flüchtlingskrise oder die Anschläge in Paris. Krieg und was sie daraus macht, was sie moralisch bewegt und wie das die Leichen ihrer Kinder übersteigt, sind Themen, die auch Anna Fierling, genannt ›Mutter Courage‹, beschäftigen. Habgier versus Mutterliebe, Profit auf Kosten aller und besonders der Familie – Bertolt Brechts Werk ›Mutter Courage und ihre Kinder‹ (Uraufführung als ›Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg‹ im Jahre 1941 am Zürcher Schauspielhaus, mit späterer Nachbearbeitung) feierte in einer Koproduktion mit den
Bühne | Die Blechtrommel. Schauspiel nach dem Roman von Günter Grass Horace Engdahl titulierte in seiner Nobelpreisrede auf Günter Grass im Jahre 1999 dessen Roman ›Die Blechtrommel‹ als die »Wiedergeburt für den deutschen Roman des Zwanzigsten Jahrhunderts«. Die Schauspielbühnen Stuttgart haben sich mit der ›Die Blechtrommel‹ ergo einen großen Brocken vorgenommen, denn es ist zwar gerade en vogue, Romane als Theaterstücke zu adaptieren, aber selten nimmt man sich dazu einen dermaßen dicken und auch verdichteten Wälzer vor, zumal wenn es sich dabei um einen literarischen Erguss handelt, der so typisch im Genre des Romans gefangen zu sein scheint. Dennoch hat
Bühne | Kafka/Heimkehr: Staatstheater Wiesbaden Ganz unkonventionell beginnt die Aufführung bereits in der Theaterbar: Ein Schauspieler setzt sich auf die Bar, und ein anderer beginnt zu erzählen: Er rezitiert nichts Geringeres als Franz Kafkas Erzählung ›Das Urteil‹; der Sitzende spielt das Erzählte als Protagonist Georg Bendemann nach. Erst als der sich in das Zimmer seines Vaters begehen will, wird das Publikum von den Darstellern durch lange, dunkle, staubige Gänge in den Theatersaal der Wartburg in Wiesbaden geleitet. Der Regisseur Jan Philipp Gloger hat sich für das Staatstheater Wiesbaden ein gigantisches Projekt vorgenommen, mit dem Titel ›Kafka/ Heimkehr‹, benannt nach Kafkas
Friedrich Schiller: Die Räuber; Staatstheater Darmstadt Schon Marcel Reich-Ranicki wusste, dass Friedrich Schiller bereits in seiner Jugend einen schöneren Sprachstil besaß, als Johann Wolfgang von Goethe in seinem ganzen Leben. Das zeigt natürlich vor allem Schillers Sturm-und-Drang-Debut ›Die Räuber‹ – ein Theaterstück über Liebe und Hass, über Familie und Individualität, über Usurpation und Freiheit. Dennoch wird Schiller heute weniger auf deutschen Bühnen aufgeführt, als sein Freund Goethe. Der Regisseur und Schauspieler Christoph Bornheim tritt dem entgegen und hat ›Die Räuber‹ in den Kammerspielen des Staatstheaters Darmstadt in einer grellen und bunten Version inszeniert, die sich primär – aber nicht nur
Bühne | Mozarts ›Die Zauberflöte‹ in Karlsruhe Ein »Vogelfänger« im knallbunten Kostüm, ähnlich des eines Wiener Hanswurst‘, und sinnbildlich stehendem blondem Haar schleicht sich auf der Bühne herum und resümiert über sein »Weibchen«, nach dem er sich so sehr sehnt und das gleichzeitig in einem vereint für die wichtigsten Deutungsaspekte rund um Wolfgang Amadeus Mozarts Oper ›Die Zauberflöte‹ steht: Ist sie eines der wichtigsten geschichtlichen Zeugnisse rund um die Freimaurer, ist sie allein ein Stück zur Unterhaltung der ganzen Familie – auf der ein Schwerpunkt der Karlsruher Inszenierung liegt? Von JENNIFER WARZECHA
Bühne | ›Love hurts/!לא לשכוח – לאהוב‹ – ein deutsch-israelisches Dokumentarstück (Badisches Staatstheater Karlsruhe) Dass Liebe und Beziehungen zwischen Mann und Frau keine leichte Angelegenheit sind, davon erzählen Klassiker der Weltliteratur und das Leben selbst. Daraus schöpfen Filmemacher ihre Stoffe – und nicht nur diese: Auch im Badischen Staatstheater ging es um die Liebe, um die Art, die schmerzt, wie es schon der Titel ›Love hurts‹ verrät. Doch das beeindruckende und überraschende Resumée des deutsch-israelischen Dokumentarstücks von Avishai Milstein (Koproduktion mit dem Teatron Beit Lessin, Tel Aviv) ist ein anderes: Die deutsche Schuld gibt es nicht. Von JENNIFER WARZECHA
Bühne | Hans Op de Beeck: Nach dem Fest; Schauspiel Frankfurt Eigentlich ist Hans Op de Beeck bekannt für seine schwarz-weißen Aquarelle und für seine skulpturalen Installationen, die zwischen Film und Ausstellung hin und her lavieren. Jetzt hat er sein erstes Theaterstück geschrieben, mit dem Titel ›Nach dem Fest‹. Am vergangenen Samstag wurde es in den Kammerspielen des Schauspiels Frankfurt uraufgeführt, was direkt zum Spielzeitmotto des Theaterhauses passt, nämlich »Mein Leben ist ein Fest«. Op de Beeck hat bei seinem Drama fast alles alleine kreiert, denn er agiert nicht nur als Autor, sondern ist auch verantwortlich für Regie, Bühne, Kostüme
Bühne | William Shakespeare: Der Sturm; Staatstheater Darmstadt Das Staatstheater Darmstadt hat sich zum Spielzeitauftakt gleich einer großen Herausforderung gestellt: Regisseure Christian Weise hat William Shakespeares ›Der Sturm‹ auf die Bühne gebracht und als farbig sowie musikalisch buntes Stück inszeniert, wobei einige Schauspieler mehrere Rollen übernehmen und auch mit den Geschlechterbildern – was sowohl typisch für gegenwärtige Shakespeare-Aufführungen als auch für das Darmstädter Theater ist – ironisch spielen. PHILIP J. DINGELDEY hat sich die Premiere im Kleinen Haus am 17. September des Stücks über Rache, Zorn und Machtstrukturen belustigt, aber auch leicht enttäuscht angesehen.
Kulturbuch | Rafael Ugarte Chacón: Theater und Taubheit Das Theater ist nicht nur ein Ort der Kritik, sondern auch ein Ort der Herrschaftsproduktion! Das Theater ist nicht nur ein Ort der Reflexion, sondern auch ein Ort der Hierarchierepräsentation! Ergo werden kontinuierlich diverse soziokulturelle Gruppen durch die Darstellungsformen exkludiert. Der Theaterwissenschaftler Rafael Ugarte Chacón versucht deswegen in seiner Dissertation für die Gruppe der Gehörlosen auszuloten, inwiefern sie vom Theaterbetrieb ausgeschlossen werden und mit welchen theatralen Formen und Methoden man ihnen Zugang gewähren kann. Sein normatives Konzept heißt ›Aesthetics of Access‹. PHILIP J. DINGELDEY hat Ugarte Chacóns Monographie ›Theater und Taubheit. Ästhetiken
Bühne | Kulturbuch | Joachim Fiebach: Welt – Theater – Geschichte. Eine Kulturgeschichte des Theatralen Er gilt als Gigant unter den zeitgenössischen Theaterwissenschaftlern, ein Gigant, der scheinbar spielerisch Theater, Medien, Herrschaft, Philosophie und Kultur als Ganzes prägnant, pointiert und manchmal auch provokativ kontextualisiert sowie en passant sich auch noch als der Experte für das Theater Afrikas gerierte: der Berliner Professor Joachim Fiebach. Schon in zahlreichen Monografien und Artikeln hat er sich mit den sozialen und politischen Faktoren des Theaters beschäftigt und dabei aphoristisch über die dramaturgische Inszenierung der Realität laboriert. Jetzt hat Fiebach sein wissenschaftliches Opus Magnum vorgelegt, mit dem

 
  
  
 
 
  
  
  
  
  
  
  
 