Roman | Leon de Winter: Geronimo »Er war natürlich nicht nur ein Monster. Er war auch menschlich. Aber das macht es noch schlimmer«, erklärte der niederländische Erfolgsschriftsteller Leon de Winter kürzlich in einem Interview über seine Romanfigur Osama bin Laden. Der 62-jährige Autor hat sich auf das Wagnis eingelassen, ein Stück jüngere Zeitgeschichte umzuschreiben. In seinem neuen Roman Geronimo wird bin Laden im Frühjahr 2011 von den US-Spezialeinheiten nicht erschossen, sondern entführt. Von PETER MOHR
Roman | Alois Brandstetter: Aluigis Abbild Inmitten der Wirren des Dreißigjährigen Krieges bittet eine Witwe einen berühmten Maler um ein Porträt ihres seliggesprochenen Sohnes. Alois Brandstetters Briefverkehr zwischen Rubens und der Donna Marta Tana di Santena liest sich wie ein leicht ironisierendes Sittengemälde aus dem Barock, ein Wirrwarr aus Carpe Diem und Memento Mori. Doch so wie Aluigis Abbild nicht fertiggestellt wird, verliert sich auch der amüsierte Plauderton in barocken Nichtigkeiten. VIOLA STOCKER wird Zeugin einer Zerstreuung.
Roman | Reinhard Kaiser-Mühlecker: Fremde Seele, dunkler Wald Der Niederösterreicher Reinhard Kaiser-Mühlecker ist trotz seiner gerade einmal 34 Jahre längst weit mehr als nur ein Geheimtipp in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Als der auf dem elterlichen Bauernhof in Eberstalzell aufgewachsene Autor 2008 mit dem schmalen Roman Der lange Gang über die Stationen debütierte, wirkte diese Prosa über das bäuerliche Leben in der Provinz wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Von PETER MOHR
Krimi | Franz Dobler: Ein Schlag ins Gesicht Von null auf Platz eins der KrimiZeitBestenliste ist er dieser Tage geschossen – Franz Dobler mit seinem zweiten Robert-Fallner-Roman Ein Schlag ins Gesicht. Sie mögen ihn einfach alle – zumindest die Kritiker haben einen Narren gefressen an dem Augsburger, der tatsächlich so rücksichtslos und hart schreibt, wie es das Elmore-Leonard-Zitat, das er dem Text als Motto vorangestellt hat, fordert: »Kümmere dich nicht darum was deine Mutter von deiner Sprache hält.« Von DIETMAR JACOBSEN
Roman | Mario Vargas Llosa: Die Enthüllung In seinem Roman Die Enthüllung beleuchtet der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa die Amtszeit des ehemaligen peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori. Von BETTINA GUTIÉRREZ
Prosa | David Wagner: Ein Zimmer im Hotel Dies ist kein Roman, keine Erzählung, keine Kurzgeschichtensammlung – und doch ein höchst vergnügliches Stück Prosa. Wer glaubt, dass die Beschreibung von Bettbreiten, Zimmergrößen und Frühstücksbüffets in die Welt von Hotelbewertungsportalen gehört, erfährt hier neue Dimensionen. David Wagner zeigt sich mit Ein Zimmer im Hotel erneut als verborgener Meister der Alltagsbeobachtung und des Gedankenspaziergangs. Von INGEBORG JAISER
Roman | Andreas Maier: Der Kreis »Ich erzähle keine Geschichte. Ich erzähle eher so etwas wie eine persönliche Ideengeschichte, die Ideengeschichte eines Menschenlebens«, erklärte Andreas Maier kürzlich in einem Interview nach Erscheinen seines neuen Romans Der Kreis. Es ist der fünfte von insgesamt elf geplanten Bänden eines stark autobiografischen Mammut-Epos‘. Nun erzählt der 49-jährige Andreas Maier wie der »Problem-Andreas« aus der Wetterau (ein Landstrich in Mittelhessen) in Kinder- und Jugendtagen seine ersten Begegnungen mit der Literatur erlebt hat. Von PETER MOHR
Krimi | Horst Eckert: Wolfsspinne Zum dritten Mal lässt der Düsseldorfer Autor Horst Eckert in Wolfsspinne seinen Kommissar Vincent Ché Veih ermitteln. Der kommt aus einer tief in die deutsche Geschichte verstrickten Familie. Der Großvater ein unbelehrbarer Nazi, die Mutter eine RAF-Terroristin, der Vater – wie man erst in diesem Roman erfährt – zunächst linksextrem, dann zur extremen Rechten konvertiert und ein Cousin aus dem thüringischen Jena als V-Mann des Verfassungsschutzes in die NSU-Affäre verstrickt. Kein Wunder, dass sich Veih mit Vorliebe in Fälle stürzt, die einen politischen Hintergrund besitzen. Auch diesmal dauert es nicht lang, bis er sich mit
Roman | Christine Lehmann: Allesfresser Lisa Nerz ohne ihre berühmte Lederjacke? Da muss etwas ganz Besonderes geschehen sein. Ist es auch: Im Internet wird zum Mord aufgerufen. Tod denen, die töten! Denn: »Tiere zu essen ist nicht weit vom Kannibalismus entfernt.« Und warum sollte der, der den Tod von Millionen Kreaturen gutheißt, nicht ebenfalls über den Jordan geschickt werden? Christine Lehmann ist mit ihrem elften Lisa-Nerz-Krimi wieder ein provokantes Stück Literatur gelungen. Nach seiner Lektüre schaut man die Fleischpakete im Supermarkt jedenfalls mit anderen Augen an. Von DIETMAR JACOBSEN
Roman | Katja Lange-Müller: Drehtür »Irgendwann saß ich senkrecht in meinem Bett und dachte, was wäre eigentlich aus dir geworden, wenn du weiter im Krankenhaus gearbeitet hättest? Das war die Initialidee für das Buch«, hatte die Berliner Schriftstellerin Katja Lange-Müller in einem Interview über das Entstehen ihres neuen Romans ›Drehtür‹ berichtet. Von PETER MOHR

