TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Ramses XI Welch friedfertiger Ort, sagte Ramses XI., stellte sich vor: Ramses XI., und setzte sich ohne weitere Umstände in den warmen Sand. Angenehm, sagte der Ausguck und faßte sich. Thimbleman brachte kein Wort heraus. Ramses XI. lächelte. Wo bin ich gestrandet, fragte er, es sei so still, und ob er träume.
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Große Mauer Diese Lokalität sei hervorragend auf Besucher eingerichtet, lobte Ramses und blickte einem Schatten hinterher, der die Konturen Gramners besaß, und daß dies eine einmalige Gelegenheit sei, sagte er, diese Hinterlassenschaften ruhmreicher fernöstlicher Dynastien kennenzulernen. Der Flug, fügte er hinzu, sei überaus angenehm gewesen, auch das ein Wunder, er hätte sich nie träumen lassen, daß der menschliche Körper sich zum Himmel erhebe, nie im Leben, das sei eine vortrefflich inszenierte Illusion.
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Stille Kein Gedanke daran, einzuschlafen. Die Luft ist trocken, die Temperatur mit fünfundzwanzig Grad subtropisch mild. Sobald er sich zudeckt, wird er schwitzen. Auf der Seite liegt er angenehm, schmerzfrei, entspannt, keine Last drückt, die Nacht fühlt sich leicht an. Wie still es ist. Ab und zu flattert ein Segel. Es herrscht tiefes Dunkel, kein Mondlicht, nichts regt sich, die grelle Realität des Tages fügt sich widerstandslos in die Obhut der Nacht.
Kurzprosa | Shortlisted Fragments Mit Handke-Lektüre aufgewachsen. Handke-Nachmittage mit einer Tasse Tee, Rum, Orangensaft, Eis, Vinyl. Von TINA KAROLINA STAUNER
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Kulturwandel Von der Tragweite des Wandels machen sie sich keine Vorstellung, sagt Gramner. Wenn sie überhaupt eine Chance nutzen wollen, die Katastrophe abzuwenden, müssen sie ihr Leben umstellen, sagt er. Was soll das heißen, daß sie ihr Leben umstellen, Thimbleman, was meint er damit. Manchmal verstehe ich Gramner nicht. Wie solltest du. Er redet über eine Zukunft, die dir und mir nicht bekannt ist. Die Moderne, ich weiß.
Musik | Textminiatur und »Biermusik« Zwischen Nacht und Morgen auf dem Nachhauseweg in dem Viertel, in dem das Oktoberfest stattfindet. Aus einem Fernzug und aus’m Bahnhof heraus, der von auf dem Fußboden schlafenden Personen, die auf den ersten Zug in der Frühe warten, offensichtlich zum Camp umfunktioniert wurde. Am Gehsteig weggeworfener Firlefanz, Flaschen, Essenstüten. Von TINA KAROLINA STAUNER
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Kein Ausweg Auf Dauer fällt es schwer, ihm zuzuhören, findest du nicht, Thimbleman? Schon, ja. Auch wenn er ja recht hat. Daß er nur Katastrophen heraufbeschwört, kannst du aber auch nicht behaupten, Ausguck. Nein, nicht. Und wenn es nun einmal so ist – was kann man tun?
Wolf Senff: Wampum Die Angelegenheit sei kompliziert, sagte Gramner. Wampum, erklärte er, sei ein muschelähnlicher Gegenstand, ein Stäbchen, bis zu zwei Zentimetern lang und der Länge nach durchbohrt, es werde, auf Fäden aufgezogen, zu breiten Gürteln geknüpft oder auch als ein Design in Textilien verarbeitet. Super, sagte Harmat. Du kennst es, fragte Rostock. Nie gesehen, erwiderte Harmat trocken.
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Agonie Der Planet leidet Todesqualen. Du übertreibst, Susanne. Sagt Gramner. Gramner lebt zwei Jahrhunderte vor unserer Zeit. Er kann das nicht wissen. Sein Gespür ist untrüglich.
TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Ankommen Er sei nicht angekommen im Leben, behauptet Gramner: Wie meint er das? Ist das ein Problem? Was bedeutet es denn, Tilman, daß jemand ankommt im Leben? Du kommst ja im Leben nicht an wie ein ICE, der in den Bahnhof einläuft, oder? Nein, eher nicht. Gramner hat eben das Gefühl, er müßte ankommen im Leben, Susanne. Das vermißt er. Gut möglich.