Film | TV: TATORT – Allmächtig (BR), 22.12. Das ist starker Tobak und bodenständig. Allmächtig führt uns mit souveräner Selbstverständlichkeit in die zwei gleichermaßen morbiden Welten von Comedy und katholischer Kirche ein. Das können sich die Münchener Grandseigneurs Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) herausnehmen. Von WOLF SENFF
Sachbuch | Elisabeth Hoffmann, Karl-L. Heinrich: Auf den Spuren von Commissario Brunetti / Katharina Holtmann: Auf den Spuren von Donna Leon in Venedig Erklären, aus welchen Gründen Commissario Brunetti bei den Deutschen so außerordentlich beliebt ist? Bei Lichte betrachtet ist er doch gar kein Italiener. Der Schein trügt, denn Brunetti hat unverkennbar preußische Züge. All die komplizierten Verbrechen aufzuklären, die ja oft weit über die Landesgrenzen hinausreichen, dazu gehört logisches Denken, ein hohes Maß an Disziplin, präzise Organisation. Von WOLF SENFF
Roman | Krimi | Massimo Carlotto: Die Marseille Connection Am Ende des Actionkinos French Connection (1975) fährt der Drogenboss Alain Charnier auf seiner Jacht die schier endlose Ausfahrt des alten Hafens von Marseille entlang, während ihn der New Yorker Cop Jimmy »Popeye« Doyle alias Gene Hackman an der Kaimauer nachjagt. Dieser Dreh bezieht minutenlang die einmalige Stadtkulisse Marseilles um den Vieux Port mit ein. Eine cineastische Glanzleistung. Ganz im Gegensatz dazu vermeidet der italienische Erfolgsautor Massimo Carlotto in seinem neuesten Krimi Die Marseille Connection jegliche Anspielung auf das Lokalkolorit der europäischen Kulturhauptstadt von 2013. Über die Gründe kann HUBERT HOLZMANN
Film | TATORT – Eine andere Welt (WDR), 17. November Soll man anfangen mit den Peinlichkeiten Fabers (Jörg Hartmann), die uns befristet aufregen dürfen, bis wir uns am Zügel einer souveränen Regie (Andreas Herzog) hinreichend aufmerksam, erleichtert gar, der Handlung zuwenden? Hm. Ebenso überzeugend ist die Idee, Bildfolgen von Nadine Petzokats (Antonia Lingemann) Mobiltelefon leitmotivisch einzuspielen und damit dem Geschehen ein Gerüst zu verleihen, originell und tragfähig, das die Ereignisse faszinierend ätherisch ausbalanciert. Von WOLF SENFF
Film | Im TV: Kalter Engel (MDR), 4. November …kommt er uns auf den Bildschirm, und das ist ein denkbar guter Einstieg für Erfurt. Eine mitreißende Eröffnungsszene, dramatisch mit Musik unterlegt. Klar, dass diese Verfolgungsjagd erfolgreich endet. Von WOLF SENFF
Roman | Ian Rankin: Mädchengrab John Rebus ist wieder da. Zwar schafft es Ian Rankins in die Jahre gekommener Serienheld nicht wieder an seinen alten Arbeitsplatz – doch mitverantwortlich für die Aufklärung so genannter »cold cases« kann der unkonventionelle Rentner aus Edinburgh schnell beweisen, dass die neue Generation zwar fixer mit der Maus ist, Intuition und Einfühlungsgabe aber noch lange nicht ausgedient haben. Mädchengrab – gelesen von DIETMAR JACOBSEN
Krimi | TATORT – Aus der Tiefe der Zeit (BR), 27. Oktober & Komissarin Lund: DVD-Box Wir sahen 2012 im ZDF die fünfteilige dänische Serie Die Brücke, im Kino Stieg Larssons Millenniumtrilogie Verblendung, Verdammnis, Vergebung (Schweden, 2009). Aus welchem Grund das nördliche Europa so hervorragend Krimi kann? Man weiß es nicht. Kommissarin Lund lief in Dänemark im Januar 2007 an und wurde in zwanzig Folgen zu je 55 Minuten gesendet, das ZDF sendete ab 14. September 2008 in zehn Folgen wöchentlich zu jeweils 105 bis 115 Minuten, das österreichische ORF sendete ebenfalls zehn Teile, beginnend am 3. Juli 2009. Von
Roman | Krimi | Robert Hültner: Am Ende des Tages Mit Paul Kajetan hat Robert Hültner in seinem neuen Roman Am Ende des Tages eine Figur geschaffen, mit deren Hilfe es ihm gelingt, seinen Lesern das Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen zu erklären. Die bisher vorliegenden sechs Romane um den unangepassten Mann, dessen Aufrichtigkeit und moralische Integrität ihm Anfang der 20er Jahre seine Polizeikarriere gekostet haben, verbinden spannende Unterhaltung mit einem facettenreichen Zeitporträt. Allerdings sieht es am Schluss des aktuellen Abenteuers ganz so aus, als wäre es Kajetans letzter Fall. – Von DIETMAR JACOBSEN
Hendrik Buhl, Tatort. Gesellschaftspolitische Themen in der Krimireihe TATORT ist und bleibt im Gespräch. Er prägt den Anfang oder, wem das besser gefällt, das Ende der Woche, jedenfalls den Sonntagabend, ist eine der letzten Familienbastionen auf unseren Flachbildschirmen, und es gibt seit Längerem die Tradition, sich in Cafés oder Bars zu versammeln, um den TATORT gemeinsam zu genießen. Mitunter ergattert man den letzten Platz in einem Café, in dem sich studentisches Publikum sammelt. Spießbürgertum bei der nachwachsenden Generation? Wer weiß das schon, die Welt ist bunt. Seit einiger Zeit gibt es sogar das eigenständige satirische Format Tatortreiniger. Von WOLF SENFF
Film | Im TV: Polizeiruf 110 – Der verlorene Sohn (MDR), 13. Oktober Der Polizeiruf Der verlorene Sohn entführt uns in die rechtsradikale Szene Magdeburgs. Gut, das ist nicht eben originell, aber es ist Realität. Die Absicht, einmal wieder Politik zu thematisieren, ist lobenswert, auch wenn die CDU bereits vor Ausstrahlung via BILD zu bedenken gab, das Bild Magdeburgs, das dieser Polizeiruf zeichne, könne sich negativ auf den Tourismus auswirken. Ojeh, Probleme haben die Leute! Von WOLF SENFF