Gesellschaft | Thomas Medicus: Nach der Idylle Eine Deutschlandreise, und nicht die erste. Deutschlandreisen haben eine gute literarische Tradition. Thomas Medicus fährt mit der Bundesbahn von Süd nach Nord und von Ost nach West, er macht häufig Station, er möchte einen Einblick vom Zustand des Landes gewinnen bzw. besser: ihm den Puls fühlen. Ob ihm das gelingt, fragt WOLF SENFF
Roman | Verena Boos: Kirchberg Eine Frau verliert ihre Gesundheit, ihre große Liebe, eine sichere Zukunft. Erschöpft und ernüchtert kehrt sie in ihr Heimatdorf zurück und sucht Unterschlupf im Haus ihrer Kindheit. In ihrem zweiten Roman ›Kirchberg‹ kartographiert Verena Boos die mehrfach verschlungenen, häufig gebrochenen Lebenslinien und Lebensentwürfe mehrerer Generationen. Von INGEBORG JAISER
Gesellschaft | Jürgen Wiebicke: Zehn Regeln für Demokratie-Retter Das Buch ›Zehn Regeln für Demokratie-Retter‹ von Jürgen Wiebicke ist mit 112 Seiten nicht dick, aber sein Inhalt ist gewichtig. Denn das Buch geht ganz explizit auf die jüngsten politischen Verschiebungen ein und gibt Hinweise, wie man damit umgehen kann. Es zeigt: Moralische Empörung hilft nicht und führt eher zum Gegenteil, wie der Rechtsruck bei der letzten Bundestagswahl (2017) klar gemacht hat. Von BASTIAN BUCHTALECK
Gesellschaft | Andrea Ypsilanti: Und morgen regieren wir uns selbst Kaum jemand wirft zurzeit neidische Blicke auf die Sozialdemokraten, und welche politische Partei möchte schon mit ihnen tauschen. Mit Gerhard Schröder wurde seinerzeit der Abbau sozialstaatlicher Leistungen eingeleitet, wurden einer neoliberalen Politik die Wege geebnet. Das liegt den Sozialdemokraten heute bleischwer im Nacken, und sie krebsen und kämpfen, um sich da loszueisen. Von WOLF SENFF
Kommentar | Wolf Senff: Vorsätze Vorsätze. Den Zusammenhalt fördern, hat Frau Merkel gesagt. Neujahrsansprache. Sonntagsrede. Doch recht hat sie, und wenn sie den Zusammenhalt fördern will, muss sie an jenen Baustellen arbeiten, an denen man uns auseinander treibt. Von WOLF SENFF
Interview | Im TV: Anne Will. Polittalk (ARD) 3.12.17, 21:45 Uhr Seit Monaten befassen sich unsere diversen Politik-Talkshows mit Wahlen und Regierungsbildung. Bei Frau Will, man denke, läuft dieses Thema dauerhaft seit dem zwanzigsten August, ein einziges Mal unterbrochen von der aus USA herübergeschwappten #metoo-Debatte. Wir werden berieselt, wir werden eingelullt. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Gerhard Weigt: Demokratie Jetzt Augenzeugenberichte sind nie einfach. Gefärbt von subjektivem Empfinden, beschränktem Informationszugang und Emotionen werfen sie ein Bild auf die Welt, das nicht korrekt sein muss. Zeitzeugen muss es ähnlich gehen. So entspinnt sich die Komplexität von Gerhard Weigts ›Demokratie Jetzt‹. Der schwierige Weg zur deutschen Einheit schon im Eingang, im Appell an die eigene Objektivität, die keine sein kann. Dennoch bleibt ein atemberaubendes Zeugnis eines starken Willens zum Widerstand. VIOLA STOCKER zollt Respekt.
Gesellschaft | Ulf Kadritzke: Mythos »Mitte« oder: Die Entsorgung der Klassenfrage Diese vergleichsweise kurze Arbeit greift ein Thema auf, das noch im vergangenen Jahrhundert stets wieder diskutiert und stets wieder unter den Teppich gekehrt wurde. Die neueste Version, diesmal von gänzlich unerwarteter Seite, schuf der Milliardär Soros mit seinem Bonmot vom »Klassenkampf von oben«. Von WOLF SENFF
Roman | Thomas Brussig: Beste Absichten Wenn Thomas Brussig erzählt, wird es nie langweilig. Nur aufpassen muss man. Denn leicht verleitet den Berliner Autor sein Temperament, den schmalen Grat zwischen Verbürgtem und Hinzufantasiertem zu überschreiten. Von DIETMAR JACOBSEN
Menschen | Zum 85. Geburtstag des Schriftstellers Rolf Schneider am 17. April* »Ich betrachte die deutsche Wiedervereinigung und die heutigen Zustände in der Bundesrepublik alles in allem doch als einen Glücksfall«, hatte der Schriftsteller Rolf Schneider vor vier Jahren in einem Interview mit dem ›Deutschlandradio Kultur‹ erklärt. Zeitlebens ist er immer etwas gegen Strom geschwommen. Von PETER MOHR