Jugendbuch | Marlies Slegers: 16x Himmel und zurück
Pelle hat seinen Vater verloren. Aber für ihn fühlt es sich an, als wäre seine Mutter seither auch nicht mehr da. ANDREA WANNER freut sich über die einfühlsame Geschichte.
Pelle hat seinen Vater verloren. Aber für ihn fühlt es sich an, als wäre seine Mutter seither auch nicht mehr da. ANDREA WANNER freut sich über die einfühlsame Geschichte.
Nichts, sagte Termoth, das nicht seine Grenze hätte. Die Anzahl an Bildern, sagte er, sei begrenzt, sagte er, sie sei endlich. Das sei, konzedierte er, schwer zu verstehen, er wisse das, dem Menschen erscheine zu Anfang alles endlos. Doch sobald jemand die Anzahl seiner Bilder aufgebraucht habe, werde es keine weiteren Bilder geben.
Für immer mehr Menschen wird es geradezu utopisch, ein bezahlbares Haus mit Garten zu finden, und für immer mehr Menschen wird es überaus attraktiv, nach einem kleinen Garten zu suchen, einer kleinen, bezahlbaren Oase, als Ergänzung zu ihrem Zuhause. Kleingarten und spießig? Das ist lange her, selbst wenn es den guten alten Gartenzwerg immer noch gibt, und das hat doch auch etwas Charmantes, findet BARBARA WEGMANN
Die »Slow Horses« um ihren ungehobelten Chef Jackson Lamb, vom normalen Karriereweg beim englischen Inlandsgeheimdienst MI 5 ausgeschlossene Frauen und Männer, bekommen mal wieder Arbeit. In einem Einkaufszentrum im Westen Londons tötet eine mitten am Tag explodierende Bombe 42 Jugendliche. Kurz darauf bekommt einer von Lambs Leuten, River Cartwright, Ärger mit seinem pensionierten Großvater. Der war vorzeiten die Nummer 2 des MI 5. Inzwischen etwas trottelig geworden, weiß er sich trotzdem noch zu wehren und erschießt kurzerhand einen Mann, der sich mit dem Enkeltrick bei ihm einschleichen will. Aber was hat der aus Frankreich kommende und dem jungen Cartwright zum Verwechseln ähnlich sehende Bursche mit dem Anschlag in der Westacres Shopping Mall zu tun? Und wieso müssen Jackson Lambs lahme Gäule aus der »Loser-Absteige« erneut alles riskieren, um sich und ihr Land vor einer Gefahr zu schützen, die ihre Vorgänger einst heraufbeschworen haben? Von DIETMAR JACOBSEN
Große Brüder sind manchmal Trendsetter, die Anregungen für kleine Schwestern liefern. Fabio ist neun und sammelt Sticker. Und Clara, sieben, findet das cool. Weniger die Bildchen von Star-Wars-Akteuren und Fußballern, sondern das Sammeln. Clara beginnt zu sammeln und ANDREA WANNER schmunzelte.
In ihrem jüngsten Jugendbuch »Heul doch nicht, du lebst ja noch« schildert Kirsten Boie anhand von drei Jugendlichen die Situation in Hamburg im Juni 1945, kurz nach Kriegsende. Cornelia Franz beginnt ihre Hamburger Geschichte im August 1939, kurz vor Kriegsbeginn. Ein wichtiges Erinnern, findet ANDREA WANNER
Gramner lehnte sich zurück und stützte sich mit den Ellenbogen auf den Rand der mittschiffs ausgespannten Persenning. Die Ojo de Liebre, sagte er, ist unsere Zuflucht vor den Unbilden des Alltags.
Was redet er, fragte sich Rostock, unser Alltag ist hart, wir kennen keine Zuflucht.
Gramners Satz galt, davon war Mahorner überzeugt, allein für diese Tage der Fangpause, das war in der Tat ungewöhnlich, er sollte besser nicht so viel Aufhebens davon machen, sondern sich freuen, wie entspannt die beiden Jungen diese Tage nutzten: sie lagen am Strand, schwammen in der Lagune oder schlugen Salti.
Dieser Aufenthalt ist unser Alltag, flüsterte Bildoon, wir sitzen dem Teufelsfisch im Nacken. Dort, sagte er und deutete auf eine abtauchende Fluke.
Mein Fenster schneidet helles Herbstblau
aus dem Himmel heraus, es leuchtet
zu mir herein auf den Schreibtisch
und wird in Zeilen eingehegt,
sie blauen meine Wörter ein,
jeder Satzwinkel wird aufgehellt.
Nature writing ist in Deutschland seit ein paar Jahren ein ganz neues Genre geworden, vor allem dank des Verlags Matthes & Seitz. In Großbritannien ist es jahrhundertealt, und jetzt ist in zwei Verlagen einer der Urväter auf Deutsch erschienen: Gilbert Whites ›The Natural History of Selborne‹ von 1789. GEORG PATZER haben beide Ausgaben gefallen.
Verabschieden Sie sich von allem, was man mit einem herkömmlichen Kochbuch verbindet und von ihm erwartet: Dieses luxuriöse Buch ist etwas völlig Neues. Es duftet, versprüht Aromen, nimmt eher die Nase, denn den Kopf gefangen, regt zu wunderbaren Gerichten an, die weniger den Anleitungen, als den verschiedensten Wohlgerüchen folgen. Nicht preiswert, stimmt. Aber unbezahlbar, versprochen. Findet BARBARA WEGMANN
Einsamkeit. Stille. Dunkelheit. Kann das einen jungen Mann in den Wahnsinn treiben? Oder ist es nicht der Raum, sondern die Zeit und ihre Geschichte, die ihn einholen? Von MONA KAMPE
In ›Mädchenmeute‹ hat Kirsten Fuchs eine bunt zusammengewürfelte Mädchenschar in ein Abenteuer im Erzgebirge geschickt, nun geht es auf einem Containerschiff nach Marokko. Geheimnisvolle Videos, ein böser Erster Offizier, seltsame Begegnungen und ein Kuss schweißen die Meute noch enger zusammen. GEORG PATZER ist sehr angetan
Nach oft selbstverliebten Selbstdarstellungen zwischen Pose und Provokation wagt sich die Berliner Schriftstellerin und Journalistin Ronja von Rönne in ihrem zweiten Roman an ein eher ernstes Thema, auch wenn hinter der Tragik viel Komik aufblitzt. Denn angesichts all der Umwege und Hindernisse ist für die beiden lebensmüden Protagonistinnen lange noch kein Ende in Sicht. Von INGEBORG JAISER
Es ist über 30 Jahre her, seit meine Tochter – damals im zarten Alter von drei oder vier Jahren – sich vor Trotz und Wut in einem Supermarkt auf den Boden warf, filmreif. Natürlich dort, wo gemeinerweise alle Süßigkeiten liegen, gemeinerweise an der Stelle, die für Mütter und Väter zur Bewährungsprobe wird: an der Kasse. Geduld lernt man und der »Anfall« war eine Minute später auch überstanden und mittlerweile greift meine Tochter zu anderen Strategien. Wut und Gefühle überhaupt zu kennen, zu beherrschen und mit ihnen umgehen zu können, dazu hier ein wunderbar unterhaltsames und gefühlvolles Buch gleichermaßen, das Eltern mit ihren Kindern gemeinsam lesen und bereden sollten, empfiehlt BARBARA WEGMANN.
»Ich habe eine Partitur, nach der ich lebe, jedenfalls wenn ich schreibe: Wenn man vor der Wand steht, wenn es nicht weiter geht, muss es irgendwo anders weitergehen«, hatte Alexander Kluge schon 2003 in seinem Band ›Die Lücke, die der Teufel lässt‹ erklärt. Dieser Satz beschreibt äußerst treffend Kluges Energie, seine Umtriebigkeit, seinen eisernen Willen, neue Wege zu erforschen, neue Zusammenhänge zu ergründen – alles abseits des intellektuellen und künstlerischen Mainstreams. Von PETER MOHR
Farb, sagte Tilman.
Angenehm, sagte Anne.
Sie gingen auf die Terrasse und setzten sich, Farb bewunderte den Blick auf das Gohliser Schlößchen, das ja über den Maler Oeser und dessen Freundschaft mit Goethe in der deutschen Kultur verwurzelt sei, und habe Oeser dort nicht ein Fresco gestaltet.
Ihr kennt euch vom Toten Meer, fragte Anne.
Tilman ging zur Küche, Tee aufzugießen.
Anne bot Farb einen Keks an.
Farb konnte sich nicht sattsehen, diese Stadt gefiel ihm.
Um gut in den Tag zu kommen,
schließe ich ihn auf mit diesem Vers,
öffne seine Möglichkeiten
und schreibe sie auf mein Blatt,
lenke den Gedankenstrudel
in die bereite Zeile.
Man lasse sich vom vielleicht irreführenden Titel nicht täuschen: ›Schöner Schreiben‹ ist kein Kalligraphie-Lehrbuch und kein Handlettering-Tutorial. Vielmehr versammelt die von Hauke Goos kompilierte Essaysammlung herausragende Highlights der deutschen Sprache – quer durch alle Zeiten und Genres. Ein appetitanregendes Lesebuch für Genießer, Ästheten und Freunde virtuoser Formulierungen. Von INGEBORG JAISER
Oh, oh, das Buch trifft einen wunden Punkt: Tipps zum Aufräumen will sie geben, die Autorin, zum Entrümpeln ruft sie auf, Ordnung schaffen möchte sie und wolle ihren Klienten beibringen, dass in einer Gesellschaft des Konsums und der Statussymbole WENIGER Besitz tatsächlich mehr ist. BARBARA WEGMANN wurde im üppigen Rat- und Tippgeber fündig.
Seit sie jung war, störte sich die japanische Autorin Marie Kondo an dem visuellen Grundrauschen um sie herum. Rauschen ist, wenn alles drin ist und zugleich nichts erkennbar. Es ist so viel, dass man nicht mehr das Unwichtige vom Wichtigen unterscheiden kann. Damals hat Kondo begonnen aufzuräumen, um dieses aus ungetragener Kleidung, ungelesenen Büchern und tausend kleinen Dingen bestehende Grundrauschen zu beseitigen. So entstand zuerst ein Coaching, dann Bücher und zuletzt die Streamingserie »Aufräumen mit Marie Kondo«.
Der Zauber von Kondos Ansatz besteht nicht im Aufräumen an sich, sondern darin, sichtbar zu machen, was einem wichtig ist. Ob diese Haltung alleine mit dem Buch »Das große Magic Cleaning Buch« vermittelbar ist? Fragt BASTIAN BUCHTALEK
»Ich leb' jetzt viel lieber als früher, mir gefällt auf einmal der Alltag, der mich früher überhaupt nicht interessiert hat. Jetzt gefällt mir alles ununterbrochen«, hatte der österreichische Schriftsteller Gerhard Roth mit leicht altersversöhnlichem Tenor vor einigen Jahren erklärt. Bis zum Schluss schrieb und fotografierte er mit ungebrochenem Elan. Von PETER MOHR.
Die Geschichte beginnt damit, dass der Held kopfüber in zäher Fuchskacke steckt. Es ist der Anfang eines grandiosen Abenteuers - und wirklich große Kinderliteratur, findet ANDREA WANNER
18 Jahre sind vergangen, seit ein kaltblütiger Killer, der sich Eumenides nannte und Menschen tötete, die sich schuldig gemacht hatten, ohne für ihre Taten bestraft worden zu sein, vergeblich von einer Spezialeinheit der Polizei gejagt wurde. Nun ist er wieder da und Hauptmann Pei Tao, der damals zwei der ihm liebsten Menschen verlor, schließt sich der wiedergegründeten Sondereinheit »18/4« an, um den ihn quälenden Albtraum endlich zu beenden. Doch auch diesmal ist der Mörder seinen Jägern ein ums andere Mal voraus. Und was noch schlimmer ist: Er scheint seine Verfolger besser zu kennen, als denen lieb sein kann, und immer genau über ihre nächsten Schritte im Bild zu sein. Von DIETMAR JACOBSEN
Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Chancengleichheit, das alles kann man mit Blumensamen vergleichen, die muss man aussäen, damit sie wachsen, gedeihen, sich entfalten. Dann kann auch die nächste Generation über die weiten Felder der Sonnenblumen fliegen, um im Bild des berührenden Buches zu bleiben, freut sich BARBARA WEGMANN
Nach wie vor tobt der Klassenkampf der Krösusse gegen die Mittellosen.
Warren Buffet.
Unter der Oberfläche und nicht auf den ersten Blick wahrnehmbar, doch desto erbarmungsloser, Hunger ist eine hochwirksame Waffe, die Opfer gehen in die Millionen.
Das kümmert unsere Krösusse nicht.
Es kommt ihnen entgegen, und seit neuestem, las ich vor einigen Tagen, errichten sie ihre eigenen exklusiven Städte.
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