Briefe | Albert Camus, Maria Casarès: Schreib ohne Furcht und viel
Der Briefwechsel zwischen Albert Camus und Maria Casarès liegt nun auch in deutscher Übersetzung vor. DIETER KALTWASSER hat ihn gelesen.
Der Briefwechsel zwischen Albert Camus und Maria Casarès liegt nun auch in deutscher Übersetzung vor. DIETER KALTWASSER hat ihn gelesen.
Hanns-Josef Ortheil hat über Jahrzehnte Vollgas gelebt, als Schriftsteller und als Professor für kreatives Schreiben an der Uni Hildesheim. Er absolvierte ein Mammutpensum und pendelte stets zwischen Hildesheim und Stuttgart. Seine Produktivität ist beeindruckend, die Bandbreite seiner künstlerischen Aktivitäten beinahe einzigartig. Mehr als siebzig Bücher hat er seit 1979 veröffentlicht. Von PETER MOHR
›Der Mann ohne Furcht‹ (1955), ›Revolver-Kelly‹ (1958), ›Ein Mann geht über Leichen‹ (1973), ›Ein stahlharter Mann‹ (1974), ›Ein Mann räumt auf‹ (1979), ›Der Mann ohne Gnade‹ (1981), ›Ein Mann wie Dynamit‹ (1982), ›Der Liquidator‹ (1983), ›Der Rächer von New York‹ (1985) - schon die Filmtitel dokumentieren, dass Charles Bronson in erster Linie harte, oft ungehobelte Burschen spielte, die sich nicht selten in einem moralisch-juristischen Vakuum bewegten. Ein Porträt von PETER MOHR
»In einem Bergtal lebten vor langer Zeit zwei Brüder …« Das ist der erste Satz dieses einnehmenden Kinderbuchs und es braucht eben nur diesen einen Satz, um gefangen zu sein und weiterzulesen. Das geht kleinen Lesern ganz sicher genauso, meint BARBARA WEGMANN
»Man hat ohnehin schon das Problem der Scham und des Schuldgefühls, wenn einem so etwas widerfährt. Überhaupt diese Schwelle zu überwinden, davon zu erzählen. Und dann wird man noch damit konfrontiert, dass einem der Vorwurf der Lüge gemacht wird. Das ist eine sehr heikle Situation. Das fand ich wichtig, darüber zu schreiben«, erklärte die in Potsdam lebende Autorin Antje Ravik Strubel über die gedankliche Vorgeschichte ihres neuen Romans, in dem sexualisierte Gewalt eine zentrale Rolle spielt. Zur Verleihung des Deutschen Buchpreises 2021 schreibt PETER MOHR
Veränderungen gehören zum Leben. Sie passieren, ob wir das wollen oder nicht. Auch Rafael macht in dieser Geschichte damit seine Erfahrungen. ANDREA WANNER war berührt von diesem einfühlsamen Kinderbuch.
Den slowakischen General Milan R. Štefánik hat es wirklich gegeben. Viele andere der im fünften Roman von Michal Hvorecký auftretenden Personen auch. Was es freilich nicht gab: einen slowakischen Exodus in die Südsee, nach Tahiti. Aber zu verfolgen, wie das kleine, einst zu Österreich-Ungarn gehörende Volk sich quer durch Europa und schließlich zu Schiff über den Atlantik zu neuen Ufern aufmacht, ist hochamüsant und lässt zahlreiche Parallelen zu unserer Gegenwart durchscheinen. Zumal Hvorecký seine genial erfundene Geschichte auch dazu nutzt, mit heute wieder grassierenden nationalistischen Tendenzen in seiner Heimat ins Gericht zu gehen. Von DIETMAR JACOBSEN
»Schreiben ist kein Beruf. Heute nicht mehr. Die Sprache ist zersplittert, das müsste man doch wissen. Robert Musil hat das vollkommen durchschaut. Aber die meisten schreiben rasch chronologisch und unaufmerksam vor sich hin«, argwöhnte Ilse Aichinger in einem Interview mit der ›Zeit‹ anlässlich ihres 75. Geburtstages. Von PETER MOHR
Du bist lustig, Tilman. Eine Tür zum Planeten? Wie sei das gemeint? Werde Eintritt verlangt, gebe es Türhüter?
Sie wartete nicht auf Antwort und trank Tee.
Immerhin, der Gedanke sei nicht ohne Reiz, denn was der moderne Mensch umsonst bekomme, das respektiere er nicht immer, und vor der Autorität eines Türhüters zöge er sogar den Hut, stimmt`s? Doch, ja, glaube ich schon.
Anne schenkte Tee nach. Noch der Yin Zhen gewann, wenn sie ihn aus diesen Tassen trank, das Drachenservice war unersetzlich
Suli Puschban ist Liedermacherin, vor allem für Kinder. Ihre Musik für Kinderohren besticht durch ebenso freche wie nachdenkliche Texte, die in Worte fassen, was Kids spüren, fühlen, träumen, hoffen und tun können, damit unsere Welt eine – bessere – Zukunft hat. Ihre Gedichtsammlung findet ANDREA WANNER anregend für Groß und Klein.
Kapstadts Spezialeinheit zur Aufklärung von Tötungs- und Gewaltdelikten ohne Bennie Griessel und Vaughn Cupido? Undenkbar. Und doch müssen Deon Meyers Helden in ihrem achten Fall nicht nur erneut gegen die Zeit und einen raffinierten Feind, sondern auch um ihre Reputation kämpfen. Aus disziplinarischen Gründen hat man sie nämlich degradiert und in die Universitätsstadt Stellenbosch abgeschoben. Dort halten sie zwei Vermisstenfälle auf Trab. Dass die mit der Ermordung eines Polizisten in Kapstadt zusammenhängen, der Korruptionsfällen im Sicherheitsapparat auf die Spur gekommen ist, scheint zunächst nur eine Vermutung zu sein. Aber Griessel und Cupido beginnen, Zusammenhängen nachzuforschen- wenn sie Erfolg haben, könnte das ihren Ruf vielleicht wiederherstellen. Von DIETMAR JACOBSEN
Spätestens mit seinem Roman Anatomie eines Augenblicks, den die wichtigste spanische Tageszeitung El Pais 2009 zum Buch des Jahres kürte, hat der 59-jährige Javier Cercas auch außerhalb Spaniens den Durchbruch geschafft. Acht Jahre zuvor hatte der im katalanischen Girona lebende Autor schon mit Soldaten von Salamis eine Art Tabubruch begangen, in dem er als bekennender Linker künstlerisch den Versuch unternommen hatte, sich in einen politischen Führer der Falange hineinzuversetzen. Von PETER MOHR
Das ist gar nicht so einfach, das mit dem Sterben, dem Tod, dem Traurigsein und dem Verlust. Da tut es gut, wenn man mit jemandem reden kann. Denn Reden hilft immer. So wie hier in dieser Geschichte, in der ein Kind mit seiner Oma durch den Herbstwald geht und auf ein totes Eichhörnchen trifft. Die Oma geht nicht weiter, sagt nicht, ach, das ist noch nichts für dich, nein, sie hört zu, erzählt und beantwortet jede Frage. »Sehr anrührend«, meint BARBARA WEGMANN
Ramses lächelte. Wie abenteuerlich, sich in fremden Gegenden und Kulturen herumzutreiben und einen Eindruck von den Menschen zu gewinnen, durchaus interessant, gewiß, die Kultur der Industriegesellschaft ist hochentwickelt, außerordentlich leistungsbezogen, auch wenn sie seit lediglich zwei Jahrhunderten besteht. Unmengen von Menschen bevölkern den Planeten, das würde ihm niemand glauben, und für sie muß gesorgt werden, da nimmt die Verteilung auch urwüchsige Züge an, der zivilisatorische Standard droht zu kippen, das wird man verstehen.
Etwas selbst zu machen, zu kreieren, da hat man, so würde Loriot sagen, anschließend etwas Eigenes. Und da ist etwas dran: Düfte, so wie man sie mag, aus natürlichen Zutaten, nutzbar auf ganz verschiedene Weise, ganz ohne Chemikalien oder Zusätze, von denen man nie gehört hat. Eine tolle Sache, und: das alles in einem Buch mit tollem Preis-Leistungsverhältnis. BARBARA WEGMANN hat in dem Buch geblättert.
Unheilvolle Momente, die einen förmlich erzittern und erbeben lassen, wechseln sich ab mit denen, in denen man einfach Sym- und Empathie für den Protagonisten empfindet. Franz Huchel (überzeugend, gefühlvoll und realitätsnah: Nicolas Martin) als ›Der Trafikant‹ im Schauspiel von Robert Seethaler am Theater Pforzheim durchlebt einerseits seine ersten Phasen der Liebe, Sexualität und seines Arbeitslebens. Gleichzeitig erlebt er hautnah in Österreich die Phase der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten mit. Eine Bewährungsprobe. Von JENNIFER WARZECHA
In der Graphic Novel ›Frauen, die die Kunst revolutioniert haben‹ von Valentina Grande und Eva Rossetti wird in vier Kapiteln die Geschichte von Frauen erzählt, die mit feministischer Kunst einen Unterschied in der von weißen Männern dominierten Kunstwelt gemacht haben. ARDITA JANUZI hat sie sich angesehen.
»Wenn man zu lange Zeit unterdrückt wird, wird man entweder aggressiv, oder resigniert. Damals war ich aggressiv, jetzt, wo ich alt bin und gesehen habe, dass sich fast nichts geändert hat, bin ich resigniert«, hatte Elfriede Jelinek im letzten Jahr in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung ›La Republica‹ anlässlich der Neuveröffentlichung ihres Buches ›Die Liebhaberinnen‹ in Italien erklärt. Von PETER MOHR
Provinz und proletarische Herkunft, Familienbande und Fluchtreflexe, kleinbürgerliche Enge und klamme Kindheitserinnerungen sind immer wiederkehrende Themen in Martin Beckers Romanen. Gegen zwiespältige Gefühle ist auch sein Kleinstadtfarben-Antiheld Peter Pinscher nicht gefeit. Erscheinen manche Notwendigkeiten nicht wie purer Verrat? Denn: »Das Haus seiner Kindheit verkauft man nicht, das Haus seiner Kindheit verliert man.« Von INGEBORG JAISER
Geschichten können durch schwierige Zeiten helfen, indem sie Mut machen und Trost spenden. So auch das neue Kinderbuch von Peter Carnavas: ›Der Elefant – Eine Geschichte gegen die Traurigkeit‹. Ein berührendes Buch – findet ALEXA SPRAWE.
Er ist momentan der erfolgreichste kolumbianische Schriftsteller und eine der wichtigsten jüngeren Stimmen des südamerikanischen Kontinents. Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa hat ihn hoch gelobt, und seine Romane sind schon in 16 Sprachen übersetzt worden. Die Rede ist vom 47-Jährigen Juan Gabriel Vásquez, der einst an der Sorbonne studiert hat, nun mit seiner Familie wieder in Bogotá lebt und im Sommersemester 2021 der 44. Samuel Fischer-Gastprofessor an der FU Berlin werden soll. Sein neue Erzählband Lieder für eine Feuersbrunst ist erschienen – gelesen von PETER MOHR
Das Buch für Kinder ab 8 Jahre passt hervorragend in diese spannende politische Zeit, in der wir gerade jetzt, kurze Zeit nach der Bundestagswahl 2021, leben. Von Verjüngung ist überall die Rede, lasst die Jungen doch mal ran. Und die Alten beginnen langsam zu begreifen, dass ein Wandel kommt, ein Aufbruch, ein neuer Wind in der Politik. Wie schön, wenn man da mitreden kann. Und mitreden kann man schließlich nur, wenn man Kenntnisse hat, wenn man weiß, worum es geht. Dieses Buch ist ein richtig gutes Hilfsmittel, meint BARBARA WEGMANN.
Zufrieden, fragte er, ob er mit seinem Leben zufrieden sei, wolle sie wissen, weshalb.
Wie gereizt er reagiere, dachte sie, auf eine harmlose Frage, ungewöhnlich, dachte sie, er sei doch nicht cholerisch, sagte erst einmal nichts und schenkte Tee nach, Yin Zhen.
Er betrachtete das Service, den lindgrünen Drachen, er hatte es im vergangenen Jahr aus Beijing mitgebracht, ein Geschenk.
Die Sonne spendete wohltuende Wärme an diesem herbstlichen Nachmittag, sie hingen ihren Gedanken nach.
Ich ziehe die Wortblumen auf,
aber nicht die unmögliche blaue,
sondern die nicht welkenden,
die ihre volle Schönheit
entfalten beim inneren Sehen.
»Jeder ist ein Einzelner. Aber nicht jeder ist damit einverstanden und bereit, etwas daraus zu machen.« Diese Sätze stehen am Anfang seiner philosophischen Überlegungen über den Menschen in Rüdiger Safranskis neuem Buch ›Einzeln sein – Eine philosophische Herausforderung‹. In den sich anschließenden sechzehn Kapiteln entwickelt der Autor keine elaborierte »Theorie des Ichs« und er verfasst auch kein Vademecum für Selbstoptimierer und Selbstverwirklicher, sondern er sucht, von der Renaissance bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts, nach Bestimmungen dessen, was es heißen kann, ein Einzelner zu sein. Gezeichnet werden die Porträts von Menschen, die sich entschieden haben, autonome Individuen zu sein, in ihrem Leben und in ihrem Denken, in einer Gemeinschaft, aber oft genug auch gegen sie. Von DIETER KALTWASSER
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